Die Epoche des lyrischen Barocks
Definition/Allgemeines zur Literaturepoche Barock:
Der Barock leitet sich aus dem portugiesischen Wort „barocca“ ab und bedeutet so viel wie „schiefe Perle“. Der Begriff leitet sich daraus ab, dass der Barock für eine Ablehnung der damals geltenden Kunstform stand. Der Barock war eine gesamteuropäische Epoche und bezieht sich auf verschiedenste Gebiete wie der Literatur, der Philosophie, der Bildenden Kunst (Architektur, Malerei, Skulpturen), der Musik, des Theaters und weiteren Gebiete. Als Literaturepoche wird die Zeit zwischen ca. 1600 und 1720 bezeichnet, während auf anderen Gebieten und in anderen Ländern auch deutlich nach 1720 noch barocke Werke entstanden (dem sog. Spätbarock oder Rokoko). Der Barock wurde besonders durch den vorherrschenden Absolutismus geprägt. Die Literatur behandelt oft Gegensätze wie das Diesseits und Jenseits, Schein und Sein oder Schönheit und Vergänglichkeit. Dabei steht der Barock für eine stärkere Hinwendung zur Religion, was sich in der Architektur durch überbordenden Prunk wie in den meist katholischen Kirchen dieser Zeit bemerkbar macht oder in den religiösen und mythologischen Allegorien in der Literatur. Der Prunk, welcher vom Beobachter und Leser oft als künstlich und wenig einfühlsam wahrgenommen wird, macht sich in der Literatur auch durch einen „schwülstigen“ Schreibstil bemerkbar. Da in der Zeit des Barocks der Dreißigjähriger Krieg sowie diverse Hungersnöte und Seuchen fielen, ist der Tod ein häufig verarbeitetes Thema in dieser Epoche. Die Angst vor dem Tod führte zu einigen, ausschließlich dem Barock zugeordneten Motiven wie „Carpe diem“ (Genieße den Tag), Memento mori (Bedenke, dass du sterben musst) und Vanitas (Vergänglichkeit und Nichtigkeit des Menschen). Aus diesen Motiven, der Vergänglichkeit des Irdischen, entspringt auch die Hinwendung zum Glauben. Die heute noch bekanntesten Vertreter sind Andreas Gryphius, Martin Opitz und Paul Fleming.
- Als Literaturepoche von 1600 bis 1720
- Unterteilung in Frühbarock (1600 bis 1650), Hochbarock (1650-1720) und Spätbarock oder Rokoko (1720-1770)
- Dem Barock war die Renaissance im 15. und 16. Jh. vorangegangen. Teilweise überschneidet sich die Renaissance auch mit dem Frühbarock (in diese Zeit fällt das Renaissance-Drama „Romeo und Julia“ von William Shakespeare). Während in der Renaissance Latein das Maß aller Dinge war, wendet sich der Barock zunehmend der deutschen Sprache zu und etabliert diese erstmals.
- Der Barock ist geprägt von Zerrissenheit und Gegensätzen (Diesseits und Jenseits, Schein und Sein, Blüte und Verfall, Carpe diem vs. Memento mori)
- Die Hinwendung zum Glauben gilt im Barock als Antwort auf die Vergänglichkeit im Diesseits. In diesem christlichen Sinne wird auch oft die Verbesserung der schlechten Realität eingefordert und zum verantwortungsvollen Dasein animiert, um zu einem besseren Leben bei Gott zu gelangen. Diese Form der moralischen Lehre ist besonders in den Fabeln und Märchen des Barocks zu finden.
- Wichtige Gattungen sind das Drama, die Epik und die Dichtkunst (Lyrik).
- Themen und Motive wurden nicht nur der Bibel, sondern auch der Antike entnommen.
- Der Barock fällt stilistisch durch seine Regelhaftigkeit auf. Dies wird auch als Regelpoetik bezeichnet, d.h. es gab z.T. strenge Regeln, nach denen die Dichtkunst erfolgen sollte (vorgeblich entsprangen diese Regeln der griechischen Antike). Martin Opitz formulierte solche Regeln in seinem Buch von der Deutschen Poeterey (1624) und stellte dort eine Anleitung für das zu verwendende Versmaß, Textgattungen und dergleichen für deutsche Dichter auf. Durch die Regeln und Vorschriften war es den Dichtern schwer, eine individuelle Sprachfärbung zu entwickeln. Neben Martin Opitz hielten sich auf Paul Fleming und Andreas Gryphius an diese Vorgaben.
- Motive des Barocks:
- Carpe diem (Genieße den Tag): Gilt neben der Hinwendung zum Glauben als Antwort auf die Vergänglichkeit. Der Mensch soll die Vergänglichkeit akzeptieren und sich unbelastet an den Dingen des täglichen Lebens erfreuen.
- Memento mori (Bedenke, dass du sterben musst): Steht als Antithese zum Carpe-diem-Motiv und drückt das quälende Bewusstsein für den nahenden Tod aus (siehe Tränen des Vaterlandes von Gryphius)
- Vanitas: Ähnlich wie memento mori, aber es steht nicht der Tod, sondern die Nichtigkeit und Vergänglichkeit des Menschen im Vordergrund (siehe Alles ist eitel von Gryphius)
Historischer Kontext:
- Das Mittelalter (6. bis 15. Jh) war überwunden, der Barock steht am Beginn der Neuzeit (15./16. Jh.).
- Das heutige Deutschland existierte nur in Form vieler Kleinstaaten und Fürstentümer.
- Dreißigjähriger Krieg (1618-1648). Die Herrscher versuchten in den Wirren des Krieges territoriale Zugewinne zu erreichen und ihre Macht zu sichern.
- Zeit der Pest und Hungersnöte sowie der Bauernaufstände. Allein durch die Pest, welche in mehreren Epidemien ausbrach, starben ca. 30% der Bevölkerung.
- Die Gesellschaft war in 3 Klassen eingeteilt: Adel, Bürgertum und Bauern. Das luxuriöse Leben der Fürsten und des Adels wurde allerdings durch ein wachsendes Selbstbewusstsein der Bevölkerung gefährdet. Gesellschaftliche Umwälzung kündigte sich an.
Themen des Barocks:
- Themen und Motive wurden teilweise der Antike entnommen
- Christliches Märtyrertum
- Liebe und Frauen (bei Liebeslyrik ist insbesondere Paul Fleming hervorzuheben; sogar die barocke Liebeslyrik hielt sich – anders als die Romantik – an die Regelpoetik)
- Tod und Krankheit (siehe Tränen in schwerer Krankheit von Gryphius)
- Krieg (siehe Menschliches Elende von Gryphius)
- Das irdische Leben wurde als freudvoll dargestellt (Carpe diem), was im (scheinbaren, weil antithetisch) Widerspruch zur christlichen Lehre stand
- Natur (häufig aber nur vordergründig zur bildhaften Darstellung verwendet)
- Vergänglichkeit
Kennzeichen und Merkmale:
- Häufigste Gedichtform im Barock ist das Sonett. Das Sonett zeichnet sich durch seine strenge Form und seinen meist inhaltlichen Einschnitt zwischen den Quartetten und Terzetten aus (Antithetik). Neben dem Sonett sind aber auch die Ode (Lied), die Hymne, die Elegie (Klagegedicht) und das Epigramm (Gedicht in Form einer Auf- oder Inschrift) vermehrt anzutreffen.
- Häufiges Versmaß im Barock der Alexandriner mit 6-hebigen Jamben. Ähnlich wie beim Sonett wird auch hier oft mit inhaltlichen in der Versmitte gearbeitet (Antithetik).
- Die Aussprache sollte ästhetisch sein, dies wurde durch den starken Einsatz von Stilmitteln wie Anaphern, Allegorien, üppige Metaphern, Übertreibungen (Hyperbeln) und Wiederholungen (Repetitio) erreicht.
- Die bildhafte Sprache in Metaphern wurde oft zur Darstellung von Diesseits und Jenseits verwendet.
- Mittels Allegorien, Metaphern und dem Einsatz von Symbolik (durch Embleme) wurden Dinge eine tiefgründige und erst auf den zweiten Blick erkennbare Bedeutung verliehen. Insbesondere bei Naturgedichten lässt Metaphorik oftmals nicht auf Anhieb erschließen, dass es nur vordergründig um das Erlebnis in der Natur geht (An die Welt von Gryphius).
- Oben genannte Merkmale führen zu einer stilistischen Überfrachtung, was als einer der Kritikpunkte am Barock gilt. Die nachfolgenden Epochen wie die Aufklärung, die Empfindsamkeit, der Sturm und Drang oder die Romantik schätzen die Regelpoetik gering und distanzierten sich von ihr und setzten stattdessen auf freie Formen und gehobener Alltagssprache. Insbesondere im Sturm und Drang war das lyrische Ich in Form des Genies jemand, der diese Regeln vorsätzlich sprengte und sein eigener Schöpfer war. Erst nach der Romantik erfuhr die Regelpoetik wieder mehr Beachtung.
Gedichtbeispiele und bekannte Werke zu Themen des Barocks:
Tod und Krankheit:
- „Tränen des Vaterlandes“ von Gryphius
Krieg:
- „Tränen des Vaterlandes“ von Gryphius
Liebe und Frauen:
- „Beschreibung vollkommener Schönheit“ von von Hoffmannswaldau
- „Vergänglichkeit der Schönheit“ von Hoffmannswaldau
- „Venus“ von von Lohenstein
- „Ach Liebste lass uns eilen“ von Opitz
Irdisches Leben vs. Vergänglichkeit:
- „Alles ist eitel“ von Gryphius (Vanitas-Gedanke)
- „Einsamkeit“ von Gryphius (Memento mori, Aufgreifen der Ständegesellschaft und seiner unterschiedlichen Klassen)
- „Ebenbild“ unseres Lebens von Gryphius (Aufgreifen der Ständegesellschaft und seiner unterschiedlichen Klassen)
- „An die Welt“ von Gryphius (Todessehnsucht, vordergründig ein Naturgedicht)
- „Morgensonett“ von Gryphius (Anrufung einer höheren Macht)
- „Carpe diem“ – Martin Opitz
- „An Sich“ von Fleming (Carpe diem)
Bekannte Autoren/Vertreter des Barocks:
- Martin Opitz
- Andreas Gryphius
- Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
- Casper von Lohenstein
- Paul Fleming
- Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
- Caspar Ziegler
- Angelus Silesius
Und zum Schluss noch etwas auf die Ohren!
TL;DR? Dann entspann und lass es dir erzählen!
31. Juli 2017 um 21:47
[…] Barock (1600-1720) […]
02. August 2017 um 21:58
[…] 1960, S. 136-140. Zitiert nach: Geschichte der deutschen Literatur. Lesebuch. Vom Barock bis zur Gegenwart. Bearbeitet von Ulrich Müller u.a., Stuttgart: Klett 1997. S. […]
07. August 2017 um 22:52
[…] Nachahmung und Idealisierung von Künstlern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt (dennoch wurden die alten Werke geschätzt und dienten als Inspiration). […]
13. August 2017 um 12:25
[…] Der Begriff der Epoche wird für gewöhnlich erst nachgeschichtlich festgelegt (den Vertretern des Barocks war bspw. nicht bewusst, dass sie gerade im Barock lebten). Dies macht es auch außerordentlich […]