Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“ von Joseph von Eichendorff handelt von der tiefen Trauer eines Mannes, der von seiner Geliebten verlassen wurde. Es wurde 1837 veröffentlicht und ist durch die Thematik „Liebe“ ein typisches Gedicht der Romantik, welches sich jedoch nicht mit der Freude und Schönheit der Liebe, sondern mit der negativen Seite, der Trennung und der Enttäuschung beschäftigt.
Das Gedicht besteht aus fünf Strophen mit jeweils vier Versen. Das Reimschema ist a-b-a-b, also ein Kreuzreim. Teilweise sind die Reime unrein. Jeder a-Vers hat sieben Silben, jeder b-Vers sechs. Außerdem bestehen die Verse aus mehreren Jamben.
In der ersten Strophe beschreibt das lyrisch Ich zuerst einmal die Gesamtlage: Die Liebste hat das lyrische Ich verlassen und es ist allein an ihrem alten Wohnort. Man kann davon ausgehen, dass das lyrische Ich männlich ist. Die Worte „An einem kühlen Grunde (…) die dort gewohnet hat“ (V.1) wurden vermutlich bewusst gewählt um die innere Gefühlslage des lyrischen Ichs zu beschreiben. Würde das Gedicht eine wunderbare, glückliche Liebe beschreiben, hätte die Geliebte wahrscheinlich an einer warmen Wiese gewohnt.
In der zweiten Strophe blickt das lyrische Ich noch einmal in die Vergangenheit: Es erklärt dem Leser wie es enttäuscht und verlassen worden war. Vers fünf wiederholt sich fast wörtlich in Vers sieben: „Sie hat mir Treu gebrochen“ und „Sie hat die Treu gebrochen“. Doch durch eine kleine inhaltliche Änderung in der Wiederholung bringt das lyrische Ich seine Trauer und besonders seine Enttäuschung dem Leser nahe. In Vers acht „sprang das Ringlein entzwei“. Das Ringlein kann als Metapher1 für die Liebe, aber auch für das Herz des lyrischen Ichs angesehen werden. Durch das Verb „sprang“ wird deutlich, dass das Ringlein nicht nur angebrochen ist, sondern in zwei Teile geteilt ist. Daraus kann man schließen, dass es nie wieder ganz sein wird und es deshalb keine Hoffnung auf Versöhnung oder einen Neuanfang gibt.
In Vers neun und zehn schreibt das lyrische Ich: „Ich möcht als Spielmann reisen weit in die Welt hinaus (…)“ Die beiden Verse sind ein Enjambement2 und sie zeigen, dass das lyrische Ich nicht mehr am Ort der Trauer und der Erinnerungen verweilen möchte. „Weit in die Welt (…)“ ist eine Alliteration3, die auf die Sehnsucht des lyrischen Ichs durch die Anlehnung an die Redewendung der „großen, weiten Welt“ aufmerksam macht. Die nächsten Verse „Und singen meine Weisen und gehn von Haus zu Haus“ sind eine Anapher4. Durch diese Anapher wird auf die Zeit hingewiesen, die hoffentlich schnell vergehen wird.
Auch in der vierten Strophe beschäftigt das lyrische Ich sich mit einer Sehnsucht, aber nicht mit dem Fernweh wie in Strophe drei, sondern mit der Sehnsucht nach dem Tod, nach Erlösung. Dies drückt es mit dem Enjambement „Ich möchte als Reiter fliegen wohl in die Blutge Schlacht“ (V.13/14) aus. Wirft man einen Blick zurück auf Vers neun, erkennt man, dass sowohl Vers neun als auch Vers 13 mit „Ich möchte als …“ anfangen. So wird klar, dass dem lyrischen Ich nach der Idee des Reisens noch eine andere Idee gekommen ist, nämlich die, sich in den Tod zu stürzen. Die nächsten beiden Verse stellen eine weitere Idee vor: das lyrische Ich will „um stille Feuer liegen im Feld bei dunkler Nacht“. Dies zeigt, dass er abgeschieden von der Außenwelt einfach nur liegen möchte, jederzeit bereit sich ins Feuer zu stürzen. Das Feuer symbolisiert zusätzlich die innere Zerrissenheit.
In der fünften Strophe vertieft das lyrische Ich die Idee des Todes weiter. Doch vorher wird es von dem Mühlrad in die Realität zurückgeholt „Ich hör das Mühlrad gehen“ (V.17). Da das Mühlrad auch schon im zweiten Vers vorgekommen ist, gibt es sich als Metapher für die Zeit zu erkennen: Die Zeit läuft weiter und lässt sich nicht anhalten, egal was man macht oder wie man fühlt, sie verhält sich wie ein Mühlrad.
Im nächsten Vers wird die Frage über die Zukunft des lyrischen Ichs noch einmal aufgeworfen „Ich weiß nicht, was ich will-“. In Vers 19 und 20 erfährt man dann, wie das lyrische Ich sich entscheiden wird: „Ich möcht am liebsten sterben dann wär’s auf einmal still“ zeigt erneut die starke Todessehnsucht. Man kann aber schließen, dass das lyrische Ich sich nicht in den Tod stürzen wird, weil es „Ich möcht am liebsten“ statt beispielsweise „ich will“ und den letzten Vers im Konjunktiv statt in Futur geschrieben hat.
Insgesamt drückt das Gedicht die letztendlich sowohl die Sehnsucht nach dem Tod als auch die Sehnsucht nach Liebe gut aus. Da keine anderen Personen in dem Gedicht genannt werden, kann davon ausgehen, dass niemand dem lyrischen Ich so nahestand und dass es jetzt ganz allein ist.
Jeder hat wahrscheinlich schon einmal das Gefühl der Zurückweisung kennen gelernt, somit spricht das Gedicht uns alle an. Der Tod sollte da wirklich kein Ausweg sein, es gibt auch andere Möglichkeiten… Joseph von Eichendorff ist es gelungen ein wunderbares Gedicht zu schreiben, dass nie seine Aktualität verliert, denn die Liebe bleibt immer ein aktuelles Thema.