Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Beim ersten Blick ist für uns gut zu erkennen, dass das Gedicht in Sonett1-Form geschrieben ist, was bedeutet, dass es aus zwei Quartetten und zwei Terzetten besteht. Die Sonett-Form ist zwar vom Erscheinungsbild barock, aber ihr Inhalt ist modern.
Des Weiteren zeichnet sich das Gedicht rein formell dadurch aus, dass wir in den beiden Quartetten jeweils einen umarmenden Reim finden (Wolkenschein (Z. 1), Untergang (Z. 2), entlang (Z. 3), klein (Z. 4) / Stadt (Z. 5), ein (Z. 6), Sein (Z. 7), matt (Z. 8)) und die Terzetten aus Haufenreimen bestehen (Einerlei (Z. 9), Sterbeschrei (Z. 10), vorbei (Z. 11) / Brand (Z. 12), Hand (Z. 13), Wolkenwand (Z. 14)).
Des Weiteren finden wir mehrere Enjambements2, die jedoch keinen wahren Sinnverlust zwischen den Strophen entstehen lassen. So finden wir gleich im ersten Vers: „Und Wolkenschein“, was für sich genommen schon einen Sinn und ein Bild ergibt, jedoch wird dieser Satz dann in Vers zwei beendet durch: „Zerreißet vor des Mondes Untergang“.
Inhaltlich durchzieht das Gedicht eine sehr bildliche Formulierungsweise, die verschiedene Themen verarbeitet.
So finden wir zum Beispiel einen Wolkenschein, der einen neuen Tag einläutet im ersten Vers.
Anschließend werden Erwachenssymbole benutzt, wie: „tausend Fenster stehn die Nacht entlang“ (Z. 3) dann werden sie personalisiert „Und blinzeln mit den Lidern“ (Z. 4). Wobei sie wohl aber noch sehr müde zu sein scheinen, da sie „rot und klein“ (Z. 4) sind.
Was sich dann noch formal und inhaltlich erkennen lässt ist, dass in den Strophen ein und zwei, durch den umarmenden Reim eine bestimmte Ordnung in den Versen finden lässt, da noch, wie beschrieben, städtische Bilder dargestellt werden. Eine Art Zäsur3 findet dann im Übergang zu Strophe drei und vier statt, wo wir Haufenreime finden und auch zu Aufzählungen kommen, die wirr wirken. So beginnt schon Strophe drei in Vers 9 durch die Aneinanderreihung: „Gebären, Tod, gewirktes Einerlei“. Die ist ein Indiz dafür, dass die formale Ordnung sich auf den Text überträgt.
Es werden auch Vergleiche angestellt, wie zum Beispiel im fünften Vers. An dieser Stelle des Gedichtes findet man die Beschreibung der Innenstadt und da heißt es: „Wie Aderwerk gehen Straßen durch die Stadt“. Fast ähnlich vergleichend mutet dann auch Vers sechs an, der herzähnlich besagt: „Unzählige Menschen schwemmen aus und ein“.
Wie auch in der zweiten Strophe, durch ein herzähnliches Bewegen der Menschen, so finden sich auch in der dritten Strophe Symboliken des Lebens. Diese stehen in den Versen selbst direkt kontre zu Symbolen des Todes. So finden wir den Kontrast „Gebären“ fürs Leben zu „Tod“ für den gleichnamigen und „Lallen der Wehen“ für das neue Leben und „lange Sterbeschrei“ für das vergehende.
Die vierte Strophe bietet dann nochmal bildliche Darstellungen von Feuer, so steht im Vers zwölf: „Feuer, Fackeln rot und Brand“, dies deutet eine Art Untergang an und könnte als eine Furcht und Kritik an der Industrialisierung verstanden werden, aber auch auf einen nahen Krieg hindeuteten. Aus heutiger Sicht, ist die Vermutung gerechtfertigt, da wir uns kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges befinden. Schließen tut sich diese Strophe dann mit „dunkler Wolkenwand“ (Z. 14). Damit schließt sich das Gedicht bildhaft, nachdem es, wie beschrieben, durch „Wolkenschein“ (Z. 1) begonnen hatte.
Ein besonderes Motiv, was den Wandel zwischen Expressionismus und Moderne zeigt ist eine formuliere Untergangsvorstellung. Auch wenn sie nur zwischen den Zeilen gelesen wirklich zu erkennen ist, so wird betont darauf hingewiesen, dass die Stadt „Eintönig“ (Z. 8) und „dumpf“ (Z. 11) zu sein. Des Weiteren findet man die Reihung „Feuer, Fackeln rot und Brand“ (Z. 12) die Elemente für Zerstörung sind und enden tut das ganz an einer „Wolkenwand“ (Z. 14). Man erkennt hier, dass eine Art Apokalypse bevorstehen könnte, weil die Welt dunkler wird und ein damit ein nicht mehr so gut zu erkennender Weg beschritten wird, der anhand des Feuer gesehen auch ein Schritt in die Hölle bedeuten könnte. Diese Vorstellungen lassen gepaart mit der Industrialisierung und dem damit verbunden Fortschritt eine Bewegung zur Moderne vermuten.