Die nachfolgende Erörterung bezieht sich auf einen Ausschnitt im 2. Akt.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt und kann daher nicht angezeigt werden.
Fragestellung: Gibt es wirklich keinen anderen Ausweg für die Physiker als das Leben im Sanatorium?
Inhaltsangabe/Zusammenfassung, Analyse und Erörterung
In der 1961 erschienenen Tragikomödie „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt geht es um die Verantwortung der Wissenschaft, gezeigt am Beispiel der drei Physiker Möbius, Einstein und Newton, die sich in einem exklusiven Sanatorium befinden. Fräulein Doktor Mathilde von Zahnd, die wirklich und einzig psychisch Eingeschränkte in dieser Heilanstalt, ist die leitende Chefärztin des Anwesens.
Zu der zeit des Kalten Krieges, als die eisige Situation zwischen der Sowjetunion und den USA gerade ihren Höhepunkt erreichte, verfasste Dürrenmatt das Drama. Ein Jahr später wurde das Stück bereits in Zürich aufgeführt. Des Weiteren steht die Komödie „Die Physiker“ mit Robert Jungks Buch „Heller als tausend Sonnen, das Schicksal der Atomforscher“ im Zusammenhang, das 1956 erschien und zu dem Dürrenmatt eine Rezension verfasste.
„Möbius“ einer dieser drei Physiker entdeckte vor 15 Jahren die bahnbrechende Weltformel – das System aller möglichen Erfindungen - doch aus Angst davor, dass diese das Ende der Menschheit bedeuten könnte, hat er sich in die Nervenheilanstalt „Les Cherisiers“ einweisen lassen. Des Weiteren befinden sich noch die beiden Physiker „Newton“ und „Einstein“ in dem Sanatorium, doch auch sie leiden eigentlich nicht an einer Nervenkrankheit, sondern arbeiten als Geheimagenten, die jeweils unabhängig voneinander versuchen an Möbius Erkenntnisse zu gelangen, um diese für ihren jeweiligen Geheimdienst zu verwenden.
Um ihre jeweiligen Missionen zu schützen, ermorden die Drei ihre zuständigen Krankenschwestern, doch wie sich zu Ende bei der sogenannten „schlimmst möglichen Wendung“ herausstellt, sind sämtliche Handlungen und Morde bereits von der Chefärztin Fräulein Doktor Mathilde von Zahnd eingeplant. Schließlich lüftet sie ihren Plan und behauptet, dass ihr der König Salomo erschiene und sie deswegen bereits Möbius Manuskripte des geheimen Planes kopiert habe, um die Weltherrschaft zu übernehmen.
Die Situation scheint für die drei Physiker ausweglos, sie scheinen gefangen zu sein in dem Sanatorium mit der verrückten Ärztin, die nun die Weltformel besitzt doch es stellt sich die Frage: „Gibt es wirklich keinen anderen Ausweg?“ haben die Physiker noch eine Chance? Oder hätten sie sich schon von Beginn an für einen anderen Weg entscheiden können? Wieso sollten oder haben sie sich für ein Leben im Sanatorium entschieden?
Ganz klar ist es die richtige Entscheidung, schließlich ist es von Beginn an Möbius Plan die Menschheit zu schützen. Diese Formel ihn den falschen Händen würde den Untergang der Menschheit bedeuten. Deswegen ist gut nachvollziehbar, wieso sich die Physiker/Agenten für ein Leben in dem Sanatorium entschieden haben.
Gegen diese Ansicht könnte eingewendet werden, dass Möbius endlich nach 15 Jahren ein erfülltes Leben führen könnte, ebenso die beiden Physiker/Geheimagenten Kilton und Eisler, schließlich erwarte Möbius bei der Veröffentlichung der Formel eine Menge Ruhm und Ehre wie Newton ihm erklärte: „(...) in einem Jahr stecken wir Sie in einen Frack, transportieren Sie nach Stockholm und Sie erhalten den Nobelpreis.“
Diese Aussage deutet auf ein ehrenvolles Leben für Möbius außerhalb des Sanatoriums hin, ihm werden Versprechungen für Berühmtheit gemacht.
Hinzu kommt, dass die Wissenschaft nicht gestoppt werden kann. Es werden eine menge Gelder für die Forschung ausgegeben, um das herauszufinden, was Möbius bereits weiß. Wie Möbius einwendet: „Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden“. Wie dieses Zitat schon ausdrückt, ist Möbius Erkenntnis nicht mehr sein Allgemeingut, jeder könnte diese Erkenntnis erlangen. Wieso dann weiterhin Zeit, Geld und Mittel verschwenden, wenn die Möglichkeit zur Macht bereits existiert.
Im Übrigen gibt es keinen Zweifel daran, dass die Weltformel den Physikern, insbesondere Möbius, eine Menge Macht ermöglichen würde. Er hätte die Chance in der Weltpolitik „mit zumischen“ und würde über eine Menge Einfluss in weltpolitischen Angelegenheiten verfügen. Sein Aufstieg wäre enorm. Er könnte eine Weltherrschaft übernehmen.
Allerdings stellt sich auch hier die Frage: „Ist es das wert?“. So eine Machtumstellung hätte auch enorme Nachteile und wäre die Menschheit dem überhaupt gewachsen?
Hier lässt sich nochmals erläutern, dass die Menschheit für einen solchen Schritt noch nicht bereit ist. Aus diesem Grund entschied sich Möbius für ein Leben in dem Sanatorium, wie er auch bewies: „(...) das Resultat ist verheerend. Neue, unvorstellbare Energien würden freigesetzt und eine Technik ermöglicht, die jeder Phantasie spottet, falls meine Untersuchungen in die Hände der Menschen fiele“. Dieses sagt bereits aus, dass die Folgen einer Veröffentlichung zu enorm wären und die Menschheit aus diesem Grund vor „dem Untergang“ geschützt werden muss.
Des Weiteren wird auch hier darauf gestützt, dass die Bekanntmachung zu großem Machtmissbrauch in der Welt führen würde. Einzelne Länder würden die Herrschaft übernehmen und die Menschen lenken. Das liegt allerdings nicht im Sinne von Möbius. Er besteht auf eine freie Forschung. Laut ihm soll der Wissenschaft Freiheit gewährleistet werden, was bei einer Veröffentlichung der Weltformel nicht möglich ist, da sich die einzelnen Politiker die Macht ergreifen würden. Somit würden auch die Physiker unter dessen Befehlen stehen.
Abschließend kann also gesagt werden, dass vordergründig die Machtchancen die Wissenschaftler reizen, doch analysiert man die Handlungsmotive textgestützt, lässt sich darauf schließen, dass die Weltformel negative Folgen mit sich bringt und dass der Schutz der Menschheit wichtiger ist als Ruhm. Denn was bringt einem Menschen Ruhm und Geld, wenn im Gegenzug alles um ihn herum zerstört ist und die Menschheit aufgegeben wird. Deswegen sollten die Physiker ein Leben in dem Sanatorium bevorzugen.
