Drama: Die Physiker, 2. Akt (1961)
Autor/in: Friedrich DürrenmattEpoche: Gegenwartsliteratur / Literatur der Postmoderne
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt und kann daher nicht angezeigt werden.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt und kann daher nicht angezeigt werden.
Die nachfolgende Interpretation bezieht sich auf die 1. Szene im 2. Akt:
Gespräch zwischen Inspektor Voß und Fräulein Mathilde von Zahnd
Inhaltsangabe/Zusammenfassung, Szenen-Analyse und Interpretation
In dem Drama „Die Physiker“, geschrieben von Friedrich Dürrenmatt im Jahre 1961, geht es um das Zusammenleben dreier Physiker, welche im Laufe des Stückes drei Krankenschwestern ihrer Anstalt umgebracht haben. Die Verantwortung der Wissenschaft und wie damit umgegangen wird, wird auch in diesem Drama thematisiert. Mit der ersten Szene des zweiten Aktes will Dürrenmatt sein Drama von einer Komödie im ersten Akt zu einer Tragödie im zweiten Akt umkehren. Dies soll im Folgenden näher erläutert werden.
Die Irrenärztin Fräulein Doktor von Zahnd wird als verzweifelt dargestellt. Sie erzählt dem Inspektor: „Dieser dritte Unglücksfall hat mir [...] gerade noch gefehlt. Ich kann abdanken“. Der kurze Satz „Ich kann abdanken“ stellt die Erschöpfung von v. Zahnd dar und zeigt, dass sie völlig am Boden zerstört ist. Sie hat noch nicht mal die Kraft, einen längeren Satz zu formulieren und bringt es schnell auf den Punkt. Die Ärztin ist die für das Publikum bis zu diesem Punkt noch die einzige normale, robuste und vertrauenswürdige Person im Werk. Diese Person wird jedoch in der Anfangsszene des zweiten Aktes als völlig zerstört dargestellt. Dies impliziert, dass auch die robusteste Person im Drama dem Druck der Irrenanstalt und der Morde nicht standhalten kann. Der Zuschauer fühlt in diesem Moment die Erschöpfung von v. Zahnd und wird selbst relativ traurig. Außerdem wird dieser beängstigt, da die ‚Schutzperson’ des Dramas erschöpft und kraftlos ist. Damit wandelt Dürrenmatt sein Drama von einer Komödie im ersten zur einer Tragödie im zweiten Akt um.
In der ersten Szene des zweiten Aktes stellt Dürrenmatt den Inspektor Voß als eine Person dar, die nicht mehr anders kann, als sich über die Regeln der Irrenanstalt lustig zu machen. Damit wandelt er sein Werk von einer Komödie zu einer Tragödie um. Nachdem Fräulein Doktor von Zahnd Möbius einen „Täter“ nennt, erwidert der Inspektor: „Bitte, Fräulein Doktor“. Ein paar Momente später deklariert v. Zahnd die Tat von Möbius an Krankenschwester Monika Stettler als „Mord“ und der Inspektor wiederholt: „Bitte, Fräulein Doktor“. Im Vergleich zu der ersten Erscheinung von Voß im ersten Akt scheint er aus seinen Fehlern gelernt zu haben. Doch als der Inspektor seine unmotivierte und hilflose Stimmung zum Vorschein bringt, wird klar, dass Voß nicht mehr anders kann als sich über die Regeln der Anstalt lustig zu machen. Das dümmliche Verhalten im ersten Akt, was damals noch lustig für das Publikum war, entwickelt sich im zweiten Akt in reine Hilflosigkeit. Hiermit ist das Publikum an dem Punkt gelangt, wo das Verhalten der Polizei im Drama nicht mehr lustig ist, sondern sehr beunruhigend. Damit wandelt Dürrenmatt mit der ersten Szene des zweiten Aktes sein Drama von einer Komödie zu einer Tragödie um.
Außerdem wandelt Dürrenmatt mit der ersten Szene des zweiten Aktes, sein Drama von einer Komödie zu einer Tragödie um, da Voß als Gegenteil dafür steht, was das Publikum machen soll. Im ersten Akt lacht und weint der Inspektor, im zweiten Akt jedoch verweigerte er sich, die Initiative zu ergreifen und zu handeln. Stattdessen sagt er zu Frl. V. Zahnd: „Möbius [...] überlasse ich Ihnen. Endgültig. Mit den anderen radioaktiven Physikern“. Dies zeigt, dass der Inspektor kein bisschen daran interessiert ist, zu handeln. Mit den Parataxen, die Voß in seiner Sprache benutzt, betont Dürrenmatt, dass dieser nicht bereit ist zu handeln. Es scheint so, als wäre er zu unmotiviert in langen und komplexen Sätzen zu reden, geschweige denn irgendeine Initiative zu ergreifen und zu handeln. Mit seinem Drama will Dürrenmatt jedoch erreichen, dass die Menschen handeln und Verantwortung übernehmen. Damit verhält sich Voß wie das Gegenteil, wie sich das Publikum und Menschheit verhalten soll. Wie schon vorher angemerkt, erreicht das Publikum die Phase, wo das Handeln der Charaktere nicht mehr lustig sondern beängstigend und unlustig ist. Dadurch kehrt Dürrenmatt sein Drama von einer Komödie zu einer Tragödie um. Außerdem wird der Leser durch das klare Fehlverhalten von Voß dazu angeregt zu handeln.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Dürrenmatt mit der ersten Szene des zweiten Aktes sein Drama von einer Komödie, die im ersten Akt geschieht, zu einer Tragödie im zweiten Akt umkehrt. Er erreicht dies durch die Kraftlosigkeit der, zu diesem Punkt, standhaftesten Person, Fräulein Doktor von Zahnd. Außerdem erreicht er sein Zeil mit dem Aufgeben und dem Fehlverhalten von Inspektor Voß. Dies verknüpft sich auch zum Hauptziel des Dramas, den Leser zum Handeln aufzufordern.