Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das Gedicht „Fabrikstraße tags“ von Paul Zech aus dem Jahre 1911 handelt von einer Fabrikstraße, ihrer Umgebung und deren Eindruck auf die Menschen.
Dieses Gedicht soll die beklemmenden Eindrücke, die in dieser Zeit bei den Menschen vorhanden waren, hervorheben und anklagen.
Auffällig bei diesem Gedicht ist hierbei der Aufbau, der aus zwei Quartetten und zwei Terzetten besteht und somit eine Sonettform ergibt.
Jedoch ziehen sich das Reimschema, das Versmaß und die Kadenzen2 gleichbleibend durch das gesamte Gedicht.
Das Reimschema entspricht dem eines umarmenden Reims, welches sich auch über die zwei Terzette hinwegsetzt. Die letzten zwei sich reimenden Verse in dem Gedicht bilden den Schluss, welche hierdurch hervorgehoben werden. Auch das Versmaß besteht in dem Sonett1 immer aus einem fünfhebigen Trochäus, der mit einer männlichen Kadenz endet. Auch treten viele Enjambements3 auf (Z. 1; 2; 5; 6; 9; 10; 13), die, durch die männlichen Kadenzen verstärkt, dem Leser den Eindruck vermitteln, einen unvollständigen Satz zu lesen und dazu antreibt, dieses Gedicht schneller zu erfassen.
Inhaltlich fällt es beim Lesen nur scher auf, dass es sich in diesem Gedicht um eine Fabrikstraße handelt; allein die Überschrift gibt Aufschluss darüber. Die ersten zwei Quartette umschreiben diese Straße und ihre Umgebung.
Worte, die eine Leere beschreiben, etwas nicht Vorhandenes, wie „Nichts“, „Ohne“ und „Keine“ (vgl. Strophe 1), sind hierbei besonders auffällig. Dies deutet darauf hin, dass, trotz der dichten und beengenden Fassaden, welche durch „den gescheckten Gurt“ (vgl. Zeile 2) verdeutlicht werden und die Enge betonen, eine gewisse Leere herrscht. Auch die Verlassenheit wird hier hervorgehoben durch die Menschen, die man auf dieser Straße trifft, jedoch keine Verbindung untereinander offensichtlich wird und somit ignoriert oder mit „kalten Blicken“ konfrontiert wird (vgl. Zeile 5-6). „Die harten Schritte“, die von „dem turmhohen steilen Zaun“ eingesperrt werden, implizieren die Bedrückung, welche in jedem hervorgerufen wird (vgl. Zeile 6-7). Die beiden Terzette reflektieren das Denken jenes Menschen, der diese Umgebung auf sich wirken lässt. Dabei wird die bedrückende Enge mit der einer „Zuchthauszelle“ (vgl. Zeile 9) verglichen und verdeutlicht, dass dadurch kein freies Denken mehr möglich ist und dies eingeschränkt wird durch die dichten Mauern. Zudem spiele es keine Rolle, ob man nun in wohlhabenden oder ärmlichen Verhältnissen lebt (Zeile 12: „Trägst du Purpur oder Büßerhemd -:“).
Die letzten zwei Verse spiegeln das gesamte Gedicht wider, indem noch einmal das „riesige Gewicht“, welches auf den Menschen lastet, konkretisiert wird (vgl. Zeile 13). „Gottes Bannfluch: uhrenlose Schicht“ stellt die größte Last dar. Da das Gedicht zur Zeit der Industrialisierung verfasst wurde, lässt sich die „uhrenlose Schicht“ als die ständige und nicht enden wollende Arbeitswut interpretieren. Da man immer weiter versuchte, die Produktion zu erhöhen, musste der gewöhnliche Arbeiter von morgens bis abends arbeiten. Diesen Tag und auch sein ganzes Leben empfand er immer als sehr eintönig und ereignislos, welche kein Ende zu nehmen schienen. Diese Arbeitswut prangert der Verfasser als Bannfluch Gottes an, der den Anschein erweckte, ewiglich auf den Menschen zu liegen.
Abschließend kann man zusammenfassen, dass Paul Zech die Darstellung der Enge und Bedrückung zu jener Zeit gut gelungen ist und als zeitlos bezeichnet werden kann, da diese Arbeitsbedrückung jeden von uns anspricht in einer Gesellschaft, die nach immer mehr strebt. Zechs Gedicht ist somit eine Klage an jene Arbeitswut, die die Menschen in ihren Gedanken bedrückt.