Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
In dem Gedicht „ An eine Geliebte“ von Eduard Mörike geht es um die Liebes des lyrischen Ichs zu einer Frau. Es sehnt sich nichts mehr als bei seiner Geliebten zu sein, doch dieser Wunsch scheint sich nicht zu erfüllen. Das Gedicht ist in zwei Strophen à vier Verse und zwei Strophen à drei Verse gegl9iieder. Das Reimschema der Vierzeiler ist abba, also ein umarmender Reim. Die Terzette hingegen haben das Reimschema cdecde. Des Weiteren besteht das Gedicht aus fünfhebigen Jamben. Die Kadenzen1 der Vierzeiler haben, passend zum Reimschema, die Gliederung klingend, stumm, stumm, klingend. Bei den Terzetten trifft dies nicht zu. Allerdings gibt es auch hier eine klare Reihenfolge: klingend, stumm, stumm, klingend, stumm, stumm. Aufgrund dieses Wechsels zwischen klingenden und stummen Kadenzen variiert die Silbenanzahl zwischen zehn und elf. Man kann sagen, dass dieses Gedicht einen geordneten und strukturierten Eindruck macht.
In der ersten Strophe des Gedichts erfährt man vom lyrischen Ich etwas über seine Geliebte und seinem Gefallen an ihr. Das lyrische Ich sagt, es vergnüge sich an ihrem „heil’gen Werte“ (V 2). Damit wird schon ersichtlich, dass er sie in einem positiven Licht sieht, vielleicht sogar „heilig“. An was genau er sich aber „vergnügt“ bleibt unklar. Es könnte hier entweder um ihre hohe Moral oder ihre Schönheit gehen. Da bereits in Vers 1 gesagt wurde, er sei von ihrem „Anschaun“ gestillt, würde der „heilige Wert“ eher ihre hohe Moral bedeuten. In Vers 3 und 4 findet sich eine Metapher2. Er beschreibt ihr Eigenschaften eines Engels zu. Wahrscheinlich ist hier ihre Unschuld und Schönheit gemeint. Diese Metapher unterstützt nochmals den Eindruck von Vers 2, nämlich dass das lyrische Ich sie als „heilig“ ansieht. Sehr im Kontrast zu diesen sehr positiven Bewertungen steht „ Anschaun“ aus Vers 1. Es wirkt fast zu banal für eine solch ausdrucksstarke Beschreibung. Ausgedrückt wird damit die Einfachheit des lyrischen Ichs, welches zwar lobpreisend, aber nicht übertrieben oder gar lächerlich dargestellt werden möchte.
In der zweiten Strophe gibt es eine Wendung. Durch das Enjambement3, das sich komplett durch die erste und zweite Strophe zieht, erwartet man eher eine Fortsetzung des Themas. Allerdings wird schnell ersichtlich, dass dies nicht der Fall ist. Tatsächlich stellt das lyrische Ich sich nun die Frag, ob dies alles wahr sein kann. In Vers 6 wird der Traum personifiziert: „ob mich kein Traum betrüge“. Diese Personifikation4 bewirkt eine Verstärkung des Eindrucks der Irrealität. Der nächste Vers verstärkt die Besessenheit des lyrischen Ichs. Es möchte „ ewiges Genüge“ mit ihr. Dies ist eine Hyperbel5, da es offensichtlich ist, dass das Leben und somit jegliches Empfinden vergeht. Das lyrische Ich will mit diesem Adjektiv sein uneingeschränktes Glück im Falle der Liebe verdeutlichen. Zudem wird hier seine Abhängigkeit von seiner Geliebten deutlich. Der letzte Vers der zweiten Strophe verdeutlicht nochmals sein Bedürfnis nach Liebe von seiner Angebeteten. Um dies zu illustrieren, werden Superlative benützt, die einen sehr bestimmten Eindruck des lyrischen Ichs hinterlassen. Es gibt keine weitere Option für ihn, als seine Liebe zu erobern.
Die dritte Strophe ist wieder anders als die ersten Strophen. Das lyrische Ich wird sich bewusst, dass alles tatsächlich nur ein Traum war. Im ersten Vers dieser Strophe gibt es eine Repetition des Wortes „Tiefe“, dies verdeutlicht den Abgrund, an dem das lyrische Ich gerade steht. Die nächsten zwei Verse verdeutlichen, dass diese Trennung von ihm und seiner Geliebten von Gott gewollt ist, denn schließlich hört er die „Quellen des Schicksals“ „aus der Gottheit nächt’ger Ferne“ (v10). Allerdings scheinen diese Quellen ihn nicht zu erzürnen oder zu stören, ganz im Gegenteil, sie „rauschen melodisch“ (v 11). Dieses melodische Rauschen zeigt auf, dass es sowieso keine Möglichkeit gäbe, Gottes Schicksal anzuzweifeln. Das scheint auch für das lyrische Ich logisch zu sein, denn in der letzten Strophe zeigt es sich weder traurig noch wütend. „ Betäubt kehr’ ich den Blick nach oben hin“ (V 12). Er ist zwar mitgenommen von Gottes Willen und schaut symbolisch zu diesem hoch, doch was er sieht, ist nicht Gott sonder viele Sterne. „Da lächeln alle Sterne“ (V 13). Durch die Personifikation der Sterne bekommt man den Eindruck, dass diese für seine Liebe stehen. Sie erinnern ihn also an sie, sodass er auch ohne seine Geliebte glücklich sein kann, da sie immer und überall bei im ist. Der abschließende Vers zeigt die ewige Huldigung der Geliebten durch das lyrische Ich. Er kniet sich nieder, als würde er sie anbeten und sie schenkt ihm dafür ihren „Lichtgesang“. „Lichtgesang“ ist hierbei eine Synästhesie7 und drückt den gewaltigen Eindruck ihrer Präsenz aus.
In diesem Gedicht findet man viele Verben und Adjektive des Wortfeldes „hören“. Des Weiteren ist das Gedicht sehr auf die Empfindungen des lyrischen Ichs bezogen, welches durch die Satzanfänge „Mich“ (v 2), „Mein“ (V 8), „Ich“ (V 10) und „Ich“ (V 14) verdeutlicht wird. Das Gedicht stammt aus der Romantik, da es mehrere charakteristische Merkmale dieser Zeit aufzeigt. Zum einen findet man das Thema Traum und Realität und des Weiteren findet man romantische Motive wie die „ Nacht“ und die „Sterne“. Auch eine starke Verbundenheit zwischen Mensch und Natur ist zu sehen.