Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
In dem Auszug des Artikels „Das Deutsch, das Affen sprechen“, der am 29.03.2010 in der Süddeutschen Zeitung erschienen ist, spricht sich der Autor Thomas Steinfeld für den Wandel der deutschen Sprache aus und kritisiert jene, die versuchen diesen zu beeinflussen oder sogar aufzuhalten.
Er beruft sich zum Beispiel darauf, dass es Anglizismen gibt, deren Bedeutung sich bereits so sehr weiter entwickelt hat, dass es gar keine deutsche Übersetzung mehr dafür gibt. Desweiteren vertritt Steinfeld die Ansicht, dass die Veränderung der deutschen Sprache nicht mit ihrem Verfall gleichzusetzen ist. Der Wunsch, die Reinheit der Sprache zu bewahren, resultiere aus der Angst eines „Mittelstandes vor der Deklassierung“ (Z. 43). Überdies ist der Autor der Meinung, dass eine Veränderung oder eine Verbreitung einer Sprache nicht gesetzlich durch den Staat beeinflusst werden kann. Wer ernsthaft den Wunsch verspüre, die ursprüngliche deutsche Sprache in ihrer Reinheit zu bewahren, dem gelinge dies auch ohne politische Beschlüsse. Um seine Argumentation zu stützen, erläutert Steinfeld zum Beispiel die Argumente seiner Gegner unter Verwendung des Konjunktivs, entkräftet diese und widerlegt deren These, indem er zahlreiche starke Beispiele anführt. Beispielsweise erläutert er von Zeile zwölf bis Zeile zwanzig die Auffassung von „Affensprache“ des „Vereins deutsche Sprache“ und widerlegt dann deren These „der Wandel einer Sprache sei notwendig Ausdruck ihres Niedergangs“ (Z. 21f), indem er durch seine eigene Behauptung (Vgl. Z. 26f) den Leser zum Nachdenken anregt und anschließend seine Gegner beschuldigt, ähnliche Ziele wie die Nationalsozialisten zu verfolgen (Vgl. Z. 30f).
Desweiteren rezitiert der Autor Wörter und Aussagen seiner Meinungsgegner (Vgl. Z. 62f) und lässt diese dann durch die Verwendung einer rhetorischen Frage (Vgl. Z. 63f) schwach und fragwürdig erscheinen. Außerdem verübt Steinfeld auch polemische Angriffe auf seine Gegner, indem er zum Beispiel deren These als Lüge bezeichnet (Vgl. Z. 89f) oder den Service der Deutschen Bahn ohne jegliche Begründung stark kritisiert (Vgl. Z. 8ff). Am Ende des Artikels greift der Autor noch einmal den Anglizismus „meeting“ (Z. 97) auf, den man seiner Meinung nach unbedingt weiter verwenden sollte, wodurch er seine Position abschließend noch einmal verdeutlicht.
Mir persönlich erscheint Thomas Steinfelds Argumentation äußerst schlüssig, da ich ebenfalls den Wandel der deutschen Sprache befürworte. Selbstverständlich gibt es auch Anglizismen, die völlig überflüssig sind. Jedoch existieren auch solche, die im alltäglichen Sprachgebrauch bereits so tief verankert sind, dass sie kaum noch wegzudenken oder gar zu ersetzen sind. Außerdem hat sich nicht nur der „Service Point“ in seiner Bedeutung enorm weiterentwickelt, sodass man nur sehr schwer eine deutsche Übersetzung dafür finden kann, sondern auch Anglizismen wie „cool“ oder „kids“. Desweiteren ist der Einfluss fremdsprachiger Wörter keine neumodische Bewegung. Wörter wie „apropos“ oder „appetit“, die ursprünglich aus dem Französischen stammen, sind ebenfalls aus dem Deutschen nicht mehr wegzudenken. Ich stimme ebenfalls zu, dass der aktuelle Wandel der Sprache nicht zu ihrem Verfall führt. Es liegt in der Natur des Menschen, sich ständig weiterzuentwickeln. Da die Sprache ein wesentlicher Bestandteil des Menschseins ist, wäre es unvermeidlich, dass sie sich dem Fortschritt der Menschheit anpasst und sich mit entwickelt. Gewiss sind Symptome der von Steinfeld kritisierten „Affensprache“ durchaus vorhanden. Jedoch bezeugen sie keine allgemeine Veränderung der deutschen Sprache, sondern das Vorhandensein unterschiedlichster Soziolekte in verschiedenen sozialen Gruppen der Gesellschaft. Als gutes Beispiel dient hier die Jugendsprache. Obwohl sie unter jungen Menschen weit verbreitet ist, wird sie doch nur von einem Teil der Gesellschaft gesprochen und kann somit nicht als allgemeiner Sprachwandel bezeichnet werden. Steinfelds Vergleich der „Affensprache“ mit der „Negerkultur“ der Nationalsozialisten finde ich persönlich etwas übertrieben. Er behält jedoch Recht damit, dass die „Sprachschützer“ alles abwerten, was nicht ihren Vorstellungen einer reinen deutschen Sprache entspricht. Dabei sind Sprachvarietäten wie zum Beispiel Dialekte natürlich und kein Symptom für eine „unreine“ Sprache.
Ich vertrete ebenfalls Steinfelds Auffassung über die Angst des „Mittelstandes vor Deklassierung“ (Z. 43). Der Wunsch nach einer Reinheit der deutschen Sprache resultiert meiner Meinung nach aus Angst und Minderwertigkeitsgefühlen zum Beispiel gegenüber der englischen Sprache. Der gehobene Mittelstand möchte sich außerdem durch die Verwendung einer gehobenen Sprache über bestimmte soziale Gruppen stellen. Ginge also das typische Hochdeutsch mit der Zeit verloren, würde dies demnach zu einem Verlust der Überlegenheit des Mittelstandes führen. Desweiteren stimme ich Steinfeld darin zu, dass jeder selbst dafür verantwortlich ist, wie sich die deutsche Sprache entwickeln wird. Jeder darf reden wie er möchte und kann somit selbst entscheiden, welche Form der Sprache er verwendet. Die Behauptung des Autors, dass die Veränderung der Sprache nicht politisch beeinflusst werden kann, erscheint mir schlüssig, da eine Einschränkung des Sprachwandels meiner Meinung nach mit der Einschränkung des Menschen in seiner individuellen Entwicklung gleichzusetzen wäre. Wie Steinfeld bereits erläutert, verbreitete sich das Deutsche in der Vergangenheit aus kulturellen Motiven. Dass sich das Englische im Zuge der Globalisierung heutzutage immer stärker verbreitet, sollte daher ebenfalls akzeptiert werden.
Die „Bereitschaft zur Bosheit“ (Z. 49), die Steinfeld seinen Gegnern vorwirft, ist meiner Meinung nach nicht nur einseitig, da der Autor selbst ebenfalls polemische Angriffe verübt, um seinen Standpunkt zu verdeutlichen. Außerdem könnte die scharfe Kritik am Gegner etwas gezügelt werden, um den Text auf sachlicher Ebene noch überzeugender wirken zu lassen. Alles in einem gelingt es Thomas Steinfeld jedoch durch starke Argumente, gute Beispiele und eine überzeugende, schlüssige Argumentationsstruktur den Leser von seinem eigenen Standpunkt zu überzeugen.
Ich persönlich vertrete den von Steinfeld dargelegten Standpunkt. Meiner Meinung nach hat die deutsche Sprache keine Rettung nötig. Sprachwandel sind natürlich und sollten von allen Seiten akzeptiert werden. Jeder Einzelne sollte so reden dürfen, wie er es bevorzugt, ohne allzu starke Kritik oder gar Konsequenzen zu fürchten.