Rede: Ich bin ein Berliner / Rede vor dem Schöneberger Rathaus am 26.06.1963 (1963)
Autor/in: John F. KennedyEpoche: Nachkriegsliteratur / Trümmerliteratur
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Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation der Rede
Die zu analysierende Rede wurde am 26. Juni 1963 von dem damaligen Präsidenten John Fitzgerald Kennedy anlässlich seiner Deutschlandreise gehalten. Die Rede richtet sich an die Bevölkerung von West-Berlin, die von der kommunistisch regierten UdSSR umgeben war, an den Rest der Bundesrepublik, an die Bewohner der DDR und an den Rest von Europa, aber auch an die UdSSR.
Es lässt sich sagen, dass die verschiedenen Adressaten dem Redner auch mit verschiedenen Gesinnungen gegenüberstehen. Die Bewohner der Stadt West-Berlin und auch die westliche, kapitalistische Welt steht der Rede sicherlich positiv gegenüber, die UdSSR sieht die Rede, vor allem in dieser Stadt sicherlich also Provokation und sieht sich als direkten Adressaten dieser Rede.
Die Rede lässt sich grob in drei Teile gliedern.
Im ersten Abschnitt richtet sich der Redner direkt an die Einwohner der Stadt. Er versucht ihnen in ihrer angespannten Lage Hoffnung zuzusprechen und ihnen trotz der großen Entfernung der beiden Länder, Hilfe zuzusichern.
Im zweiten Abschnitt erweitert er die Problematik der Stadt West-Berlin auf den Rest von Europa.
Der dritte Abschnitt widmet sich dem Wunsch nach einem freiheitlichen Europa. Der Redner beendet seine Rede mit den Worten „Ich bin ein Berliner!“
Die Rede beginnt mit einer direkten Anrede an die Berliner Bevölkerung: „Meine Berliner und Berlinerinnen!“ (Z. 1). Um in die Rede einzuleiten führt er zwei deutsche, für die Stadt Berlin wichtige, Personen an. Zum einen den „hervorragenden Hern Bundeskanzler“ (Z. 8), Konrad Adenauer und den Bürgermeister der Stadt West-Berlin, Willi Brandt. Begleitet wird John F. Kennedy von einem hochrangigen General, Lucius Clay, begleitet, welcher an der Luftversorgung der Stadt maßgeblich beteiligt war. Kennedy schafft es bereits zu Anfang der Rede Sympathien zu gewinnen.
Der erste Abschnitt ist gefüllt mit Prägnanten Vergleichen und Metaphern1. John F. Kennedy führt an, dass vor 2000 Jahren der stolzeste Satz der Welt „Ich bin ein Bürger Roms“ gewesen sei. Nun, zu unserer Zeit, sei der Satz jedoch „Ich bin ein Berliner“. Dies soll zeigen, dass die gesamte westliche Welt auf diese Stadt sieht und das die Bürger West-Berlins stolz auf ihre Freiheit seien sollen. Der Satz, der vor 2000 Jahren der stolzeste der Welt gewesen sein soll, geht auf die besonderen Privilegien zurück die ein Bürger Roms im gesamten römischen Reich genoss. So durfte ein Römer nicht gefoltert oder gekreuzigt werden. Des weiteren wurde ihm gegenüber eine Prozessgarantie ausgesprochen.
Der anaphorische Gebrauch von „sie sollen nach Berlin kommen“ (Z. 27) zeigt zunächst einmal wie beispiellos und besonders die momentane Situation in Berlin ist. Er bittet alle diese Menschen nach Berlin zu kommen, die die Auseinandersetzung zwischen Kommunismus und der freien Welt nicht erfassen können oder sogar mit den Kommunisten zusammenarbeiten möchten, nach Berlin zu kommen. Die Phrase: „sie sollen nach Berlin kommen“ (opt.cit.) wird in diesem Abschnitt insgesamt vier Mal wiederholt. Durch diese Epipher brennt sich der Satz förmlich in das Gedächtnis der Zuhörer ein, was zudem noch dadurch verstärkt wird, dass Kennedy die Phrase sogar einmal auf Deutsch wiederholt.
Er verurteilt den Kommunismus scharf mit den Worten „wir [Demokraten] hatten es nie nötig, eine Mauer aufzubauen, um unsere Leute bei uns zu halten“ (Z. 40ff.). Dies wertet das kommunistische System ab und gleichzeitig die Demokratie auf.
Im darauffolgenden Absatz geht Kennedy weiter auf die Mauer ein und bezeichnet diese als „Demonstration für das Versagen des kommunistischen Systems“ (Z. 57). Um seine Trauer über diese zu bezeugen zitiert er den Bürgermeister der Stadt Willi Brandt, so sagt er, dass „die Mauer […] nicht nur der Geschichte ins Gesicht [schlägt], [sondern auch] der Menschlichkeit“ (Z. 61ff.). Weiter führt er aus, dass die Mauer Familien trenne, was er mit den Beispielen „Mann von der Frau“ (Z. 64) und „der Bruder von der Schwester“ (Z. 64f.) verdeutlicht. Diese Beschreibung macht die Unmenschlichkeit des Mauerbaus deutlich und spricht zudem das Publikum direkt an.
Nun erweitert er den in seiner Rede angesprochenen Bereich auf den Rest von Europa. Er beschreibt, dass ein friedliches Europa nur gewährleistet werden kann wenn alle Menschen ihre Grundrechte frei ausleben können, was in Deutschland nicht der Fall ist, hier wird jedem vierten das Recht der freien Wahl vorenthalten (vgl. Z. 70f.).
Der dritte und letzte Abschnitt beginnt mit der Metapher „Insel der Freiheit“ (Z. 78). Er vergleicht also die Stadt West-Berlin mit einer einsamen Insel, die von fremden Gewässern umgeben ist, die jedoch trotz der isolierten Lage Freiheit genießt. Das Leben der Bewohner der Insel, also die Bewohner der Stadt Berlin sind jedoch trotzdem mit dem Festland verbunden, sind also nicht allein. Er macht ihnen Mut und bittet sie ihren Blick gen Zukunft zu richten. Dies wird vor allem durch die Klimax2 „über die Freiheit dieser Stadt Berlin, über die Freiheit ihres Landes hinweg auf den Vormarsch der Freiheit überall in dieser Welt “ (Z. 83ff.) verdeutlicht.
Weiter beschreibt Kennedy Freiheit als „unteilbar“ (Z. 86), er führt aus, dass niemand frei sei kann wenn auch nur jemand anderes unfrei ist. Zum Abschluss seiner Rede wirft er einen Blick auf die Zukunft Europas. Er sagt, dass der Tag kommen wird an dem „alle die Freiheit haben“ (Z. 88f.) und Berlin und auch Deutschland wieder vereint sind und Europa in Europa und auf dem Erdteil wieder Frieden herrscht. Seine Rede beendet er mit den Worten „Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt West-Berlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner!“(Z. 96-99). Mit der Wiederholung der Phrase „Ich bin ein Berliner!“ (op.cit.) zeigt er seine Anteilnahme an der momentanen Situationen.
Abschließend lässt sich sagen, dass obwohl die Rede auf Englisch gehalten wurde, sie ihre Wirkung dennoch nicht verfehlte, was durch den minutenlangen tosenden Applaus und Jubel nach der Rede verdeutlicht wird.
Die Redeabsicht, die Aufwertung des Kapitalismus und der Demokratie und die gleichzeitige Abwertung des Kommunismus beziehungsweise des Sozialismus wird durch scharfe Kritik und die Aufforderung „sie sollen nach Berlin kommen“ erreicht. Zudem versucht Kennedy an verschiedenen Stellen den Bewohnern der Stadt Mut zuzusprechen.