| | Ich ging nach Haus und schlief, als ob |
---|
| Die Engel gewiegt mich hätten. |
| Man ruht in deutschen Betten so weich, |
| Denn das sind Federbetten. |
| |
| | Wie sehnt ich mich oft nach der Süßigkeit |
---|
| Des vaterländischen Pfühles, |
| Wenn ich auf harten Matratzen lag, |
| In der schlaflosen Nacht des Exiles! |
| |
| | Man schläft sehr gut und träumt auch gut |
---|
| In unseren Federbetten. |
| Hier fühlt die deutsche Seele sich frei |
| Von allen Erdenketten. |
| |
| | Sie fühlt sich frei und schwingt sich empor |
---|
| Zu den höchsten Himmelsräumen. |
| O deutsche Seele, wie stolz ist dein Flug |
| In deinen nächtlichen Träumen! |
| |
| | Die Götter erbleichen, wenn du nahst! |
---|
| Du hast auf deinen Wegen |
| Gar manches Sternlein ausgeputzt |
| Mit deinen Flügelschlägen! |
| |
| | Franzosen und Russen gehört das Land, |
---|
| Das Meer gehört den Briten, |
| Wir aber besitzen im Luftreich des Traums |
| Die Herrschaft unbestritten. |
| |
| | Hier üben wir die Hegemonie, |
---|
| Hier sind wir unzerstückelt; |
| Die andern Völker haben sich |
| Auf platter Erde entwickelt. – – |
| |
| | Und als ich einschlief, da träumte mir, |
---|
| Ich schlenderte wieder im hellen |
| Mondschein die hallenden Straßen entlang, |
| In dem altertümlichen Köllen. |
| |
| | Und hinter mir ging wieder einher |
---|
| Mein schwarzer, vermummter Begleiter. |
| Ich war so müde, mir brachen die Knie, |
| Doch immer gingen wir weiter. |
| |
| | Wir gingen weiter. Mein Herz in der Brust |
---|
| War klaffend aufgeschnitten, |
| Und aus der Herzenswunde hervor |
| Die roten Tropfen glitten. |
| |
| | Ich tauchte manchmal die Finger hinein, |
---|
| Und manchmal ist es geschehen, |
| Daß ich die Haustürpfosten bestrich |
| Mit dem Blut im Vorübergehen. |
| |
| | Und jedesmal, wenn ich ein Haus |
---|
| Bezeichnet in solcher Weise, |
| Ein Sterbeglöckchen erscholl fernher, |
| Wehmütig wimmernd und leise. |
| |
| | Am Himmel aber erblich der Mond, |
---|
| Er wurde immer trüber; |
| Gleich schwarzen Rossen jagten an ihm |
| Die wilden Wolken vorüber. |
| |
| | Und immer ging hinter mir einher |
---|
| Mit seinem verborgenen Beile |
| Die dunkle Gestalt – so wanderten wir |
| Wohl eine gute Weile. |
| |
| | Wir gehen und gehen, bis wir zuletzt |
---|
| Wieder zum Domplatz gelangen; |
| Weit offen standen die Pforten dort, |
| Wir sind hineingegangen. |
| |
| | Es herrschte im ungeheuren Raum |
---|
| Nur Tod und Nacht und Schweigen; |
| Es brannten Ampeln hie und da, |
| Um die Dunkelheit recht zu zeigen. |
| |
| | Ich wandelte lange den Pfeilern entlang |
---|
| Und hörte nur die Tritte |
| Von meinem Begleiter, er folgte mir |
| Auch hier bei jedem Schritte. |
| |
| | Wir kamen endlich zu einem Ort, |
---|
| Wo funkelnde Kerzenhelle |
| Und blitzendes Gold und Edelstein; |
| Das war die Drei-Königs-Kapelle. |
| |
| | Die Heil'gen Drei Könige jedoch, |
---|
| Die sonst so still dort lagen, |
| O Wunder! sie saßen aufrecht jetzt |
| Auf ihren Sarkophagen. |
| |
| | Drei Totengerippe, phantastisch geputzt, |
---|
| Mit Kronen auf den elenden |
| Vergilbten Schädeln, sie trugen auch |
| Das Zepter in knöchernen Händen. |
| |
| | Wie Hampelmänner bewegten sie |
---|
| Die längstverstorbenen Knochen; |
| Die haben nach Moder und zugleich |
| Nach Weihrauchduft gerochen. |
| |
| | Der eine bewegte sogar den Mund |
---|
| Und hielt eine Rede, sehr lange; |
| Er setzte mir auseinander, warum |
| Er meinen Respekt verlange. |
| |
| | Zuerst weil er ein Toter sei, |
---|
| Und zweitens weil er ein König, |
| Und drittens weil er ein Heil'ger sei – |
| Das alles rührte mich wenig. |
| |
| | Ich gab ihm zur Antwort lachenden Muts: |
---|
| »Vergebens ist deine Bemühung! |
| Ich sehe, daß du der Vergangenheit |
| Gehörst in jeder Beziehung. |
| |
| | Fort! fort von hier! im tiefen Grab |
---|
| Ist eure natürliche Stelle. |
| Das Leben nimmt jetzt in Beschlag |
| Die Schätze dieser Kapelle. |
| |
| | Der Zukunft fröhliche Kavallerie |
---|
| Soll hier im Dome hausen, |
| Und weicht ihr nicht willig, so brauch ich Gewalt |
| Und laß euch mit Kolben lausen!« |
| |
| | So sprach ich, und ich drehte mich um, |
---|
| Da sah ich furchtbar blinken |
| Des stummen Begleiters furchtbares Beil – |
| Und er verstand mein Winken. |
| |
| | Er nahte sich, und mit dem Beil |
---|
| Zerschmetterte er die armen |
| Skelette des Aberglaubens, er schlug |
| Sie nieder ohn' Erbarmen. |
| |
| | Es dröhnte der Hiebe Widerhall |
---|
| Aus allen Gewölben, entsetzlich! – |
| Blutströme schossen aus meiner Brust, |
| Und ich erwachte plötzlich. |