Drama: Frühlings Erwachen / Frühlingserwachen (1891)
Autor/in: Frank WedekindEpoche: Naturalismus
Inhaltsangabe/Zusammenfassung, Szenen-Analyse und Interpretation
Die vierte Szene des zweiten Aktes des Dramas „Frühlings Erwachen“ (1891) von Frank Wedekind thematisiert den Geschlechtsverkehr zwischen Wendla und Melchior.
Das Geschehen beginnt damit, dass Wendla Melchior auf dem Heuboden findet, während sich ei Gewitter aufzieht. Doch Melchior verzichtet auf Wendlas Anwesenheit, wobei sie es nicht erwidert. Melchior fängt an, sie zu küssen, worauf Wendla nicht mit Begeisterung reagiert und veruscht sich zu wehren. Doch es gefällt ihr kurze Zeit später und lässt sich von Melchior leiten, sodass dem Sex nichts mehr im Wege steht. Dies führte dazu, dass Wendla von ihm geschwängert wurde, aufgrund einer fehlenden Aufklärung.
Mit gewählten Worten fügt Wedekind diese Szene ins Drama ein. Während poetische und philosophische Elemente zusammenschmelzen, gibt es auch kein Ende für Wendla und Melchior in dieser Nacht. Besonders das Wetter und der Ort, die hierbei eine düstere und mysteriöse Stimmung symbolisieren, passt exakt auf die Charakter. Melchior wählt einen kuscheligen und romantischen Ort, um Wendla zu verführen. Seine schwärmerische Seite lässt er zur Geltung bringen, da er gezielt ein Ersatz für das normale Bett im Elternhaus auswählt. Der Heuboden in der Scheune ist wie ein Bett, doch sie sind alleine. Der Sturm, der die Energie widerspiegelt, welche im Akt wie verstreut wütet, kommt Melchior gut zum Gebrauch, um Wendlas Gefühle zu verwirren (vgl. S. 36-37). Er zeigt seine vorhandene Aufklärung zu diesem Thema. Doch Melchior ist auch eigennützig, aber nur sachlich und biologisch, fundiert (vgl. S. 37, Z.3f), sodass er sogar am Ende der Szene bereit ist, Geschlechtsverkehr mit ihr zu treiben. Er zeichnet es extrem mit der Aussage, dass Liebe nur Eigennutz ist und liebende Gefühle nicht auf dieser Welt vorhanden sind (vgl. S. 37, Z.3f).
Doch auch Wendla zeigt Interesse. Dass sie trotz der Schläge zurück zu Melchior gelangt, ist ein Anzeichen dafür, dass ihre Gedanken bei den Schlägen zum Sex zurückzuführen sind (vgl. S. 36, Z.24ff). Anschließend kniet sie runter zu ihm in den Heuboden und lässt die Energie bei ihm entfalten (vgl. S. 36, Z.28f).
Die beidseitige Sympathie zeigt sich besonders am Redeanteil. Beide Charakter reden gleich viel, keiner dominiert. Ebenfalls ist an der Sprache aufmerksam, dass Melchior sowie Wendla spezielle Pausen einsetzen, die von Wedekind extra als Striche markiert wurden (vgl. S. 37, Z.1ff.). Während dieser Pausen könnten sie sich küssen, dem Partner einen herzhaften Blick mit innigen Gedanken eben oder sogar stöhnen, aufgrund dem starken Gefallen. Am Ende der Szene ist es klar, dass Wendla stöhnt, dies sogar mit dem Namen ihres Partners:„O Melchior!“ (S. 37, Z.8)
Komischerweise wehrt sich Wendla nur mit Worten, wobei man daraus schließen kann, dass ihr Gefallen steigt und sie für Melchior bereit ist (vgl. S. 37, Z.1ff.).
Die intime Stimmung trifft jedoch erst nach Melchiors Stimmungswechsel. Vorerst besteht er darauf, dass Wendla ihren Weg ändert, doch dann setzt er seine poetische und romantische Sprache ein, um Wendla zu überreden (vgl. S. 36, Z.28ff.).Er zieht sie in seinem unwiderstehlichen Bann und gibt nur unterschwellige Antworten auf Fragen und Aussagen (vgl. S. 36).
Die Szene ist als retardierenden Moment zu bewerten. Während die Handlung kurz davor ist zu sinken, finden Melchior und Wendla die Lebensenergie zurück. Zwar mit einer unerfahrenen Situation, aber beide suchen den Reiz im belanglosen Leben, wobei Melchior und Wendla neue Seiten vom jeweiligen kennenlernten.
Der Autor möchte mit dieser Szene über die schlechte Aufklärung in dieser Zeit aufmerksam machen, denn Wendlas Schicksal wendet sich dem Schlechten zu.
Ob es nun eine Vergewaltigung oder gewollter Sex zwischen beider Figuren ist, ist im Auge des Betrachters zu sehen. Die analysierenden Elemente wenden sich häufiger zur gewollten Tat, da Wedekind vieles verborgen und tot schweigt, wodurch der klare Beweis fehlt. Auch wenn Wendlas Anzeichen auf aktive Bereitschaft sich stark auszeichnen, treffen Melchiors Griffe schneller als ihre Gedanken.