Inhaltsangabe/Zusammenfassung
„Frühlings Erwachen - Eine Kindertragödie“ ist ein gesellschaftskritisches Drama von Frank Wedekind. Es entstand zwischen Oktober 1890 und April 1891 und wurde als Theaterstück im November 1906 an den Berliner Kammerspielen uraufgeführt. Ende 2006 erfuhr der Stoff eine musikalische Bearbeitung und wurde am New Yorker Broadway aufgeführt. Nachdem das Drama schon 1923 als Stummfilm verfilmt worden war, folgte 2009 eine weitere Adaption für das Fernsehen.
Wedekind ließ sich für „Frühlings Erwachen“ von zwei Mitschülern aus seinem realen Umfeld inspirieren, die Jahre zuvor Selbstmord begangen hatten und deren Schicksal in die Darstellung der Hauptfigur „Moritz Stiefel“ einfloss. Das Drama war Wedekinds erstes gedrucktes Buch, das er im Oktober 1891 auf eigene Kosten veröffentlichte.
Wie viele seiner anderen Texte wurde auch „Frühlings Erwachen“ von der Gesellschaft seiner Zeit als sittenwidrig und anstößig eingestuft, nicht zuletzt wegen sadomasochistischer Motive, die er darin verwob. In dem Werk, das auch von satirischen Elementen durchzogen ist, stellt sich Wedekind gegen die Konventionen seiner Epoche, indem er schulische Unterordnung und bürgerliche Heuchelei verurteilt und bloßstellt. Er offenbart den Leidensdruck, dem sich pubertierende Jugendliche dieser Zeit angesichts prüder Moralvorstellungen und sexueller Tabuisierung ausgesetzt sahen.
Akt- und Kapitelübersicht
Akt 1
Wendla Bergmann bekommt zum 14. Geburtstag von ihrer Mutter ein neues Kleid. Da sie offensichtlich dem Kindsein noch nicht entwachsen ist, möchte sie lieber ihr altes weitertragen. Die Mutter gibt nach.
Melchior und Moritz reden über ihre Zukunft und Erziehung. Der etwas scheue Moritz bittet den aufgeklärteren Melchior, ihm am nächsten Tag ein bebildertes Schriftstück zu erotischen Inhalten zukommen zu lassen.
Bei einem Gespräch Wendlas mit ihren Schulkolleginnen Martha und Thea stellt sich heraus, dass Martha von ihren Eltern misshandelt wird.
Melchior, Otto, Georg, Robert, Hänschen Rilow und Lämmermeier erfahren von Mitschüler Moritz, dass dieser heimlich aus schulischen Unterlagen seine vorläufige Versetzung entnommen hat.
Melchior trifft Wendla zufällig im Wald. Sie erzählt ihm über Tagträume, in denen sie sich als Bettlerin sieht, die zur Strafe von ihren Eltern geschlagen wird. Als sie den überraschten Melchior bittet, sie wirklich zu schlagen, willigt dieser ein.
Akt 1: Kapitel 1
Frau Bergmann steht mit Wendla im Wohnzimmer. Sie hat ihrer Tochter zum 14. Geburtstag ein neues längeres Kleid genäht. Wendla, die das neue Kleidungsstück als „Bußgewand“ bezeichnet, möchte aber weiter ihr altes kürzeres „Prinzeßkleidchen“ tragen, wie sie es nennt. Als Grund führt sie die Temperaturen des herannahenden Sommers an. Mit ihrer ablehnenden Haltung zeigt Wendla, dass sie sich Ihrer Entwicklung zu einer jungen Frau noch nicht bewusst ist. Auf der anderen Seite tut sich ihre Mutter schwer, Wendla begreiflich zu machen, dass das neue Kleid besser zu ihrem jetzigen Alter passt. Schließlich lenkt Frau Bergmann ein und Wendla darf ihr altes Kleid einen weiteren Sommer tragen.
Akt 1: Kapitel 2
An einem Sonntagabend unterhalten sich die Gymnasiasten Melchior, Otto, Moritz, Georg, Robert und Ernst über ihre zu erledigenden Schularbeiten. Frustriert darüber gehen alle nach Hause bis auf Melchior und Moritz. Die beiden beginnen ein Gespräch über ihre Zukunft, Erziehung und Sexualität. Moritz fragt sich, ob menschliche Scham eine Folge von Erziehung sei. Er nimmt sich vor, später als Familienvater seine Kinder, Jungen und Mädchen, im selben Bett schlafen zu lassen, um diesem Gefühl der Befangenheit entgegenzuwirken. Melchior ist skeptisch und vermutet, dass früher oder später das Mädchen schwanger werden würde. Moritz stimmt ihm letztlich zu. Das Thema scheint ihm etwas peinlich zu sein. Melchior erwähnt seine „ersten männlichen Regungen“ und zeigt sich aufgeklärter als Moritz, der fast ein Jahr älter ist. Um die Unterhaltung fortzusetzen, lädt Melchior Moritz zu sich ein. Diesem ist das aber unangenehm und er bittet Melchior, ihm am nächsten Tag sein Wissen über Sexualität in schriftlicher und bildlicher Form zukommen zu lassen. Melchior verspricht ihm, es zu tun.
Akt 1: Kapitel 3
Wendla läuft mit ihren Mitschülerinnen Thea und Martha die Straße entlang. Die drei unterhalten sich zunächst über Melchiors Schwimmkünste. Als Thea auf Marthas Zopf aufmerksam wird, stellt sich heraus, dass Martha strenge Eltern hat, die ihr das Tragen von offenen oder kürzeren Haaren verbieten. Manchmal, erzählt sie, wird sie von ihnen geschlagen und muss nachts in einem Sack schlafen. Essen im Bett sei ihr auch nicht erlaubt. Mit ihrem Schicksal scheint sie sich abgefunden zu haben, will aber ihre eigenen Kinder im Gegensatz dazu lieber wie „Unkraut“ aufwachsen lassen. Wendla fühlt mit ihr und würde selbst an Marthas Stelle einmal im Sack schlafen. Die Mädchen gehen zum Thema Kinderkriegen über und sprechen sich dafür aus, nur Jungen bekommen zu wollen. Während Martha selbst am liebsten ein Junge wäre, zeigt sich Wendla mit ihrer Rolle als Mädchen zufrieden. Als Melchior an ihnen vorbeigeht, lassen sie sich teils bewundernd, teils lästernd über ihn aus.
Akt 1: Kapitel 4
Vor dem Gymnasium reden die Schüler Melchior, Otto, Georg, Robert, Hänschen Rilow und Lämmermeier über Moritz, der nach der Lateinstunde verbotenerweise ins Lehrerzimmer eingedrungen sein soll. Plötzlich erscheint Moritz und berichtet seinen Kollegen aufgeregt, wie er die Gelegenheit genutzt hat, sich Einblick in die Schulzeugnisse zu verschaffen. Mit Freude habe er festgestellt, versetzt worden zu sein. Sonst, wie er sagt, hätte er sich erschossen. Allerdings sei die Versetzung nur vorläufig, ebenso wie die seines Mitschülers Ernst Röbel. Aufgrund der räumlichen Kapazitäten der Klasse würde nur einer von beiden tatsächlich versetzt werden, was sich später entscheiden würde. Dem Gespött seiner Mitschüler zum Trotz zeigt sich Moritz hochmotiviert. Melchior nimmt ihn zum Försterhaus mit. Sie gehen an Professor Knochenbruch vorbei, der seinem Kollegen Hungergurt sein Unverständnis darüber ausdrückt, dass sich der beste Schüler (Melchior) mit dem schlechtesten (Moritz) abgibt.
Akt 1: Kapitel 5
An einem sonnigen Nachmittag trifft ein nachdenklicher Melchior Wendla zufällig im Wald, die für ihre Mutter Waldmeister sammelt. Melchior freut sich über Wendlas Gesellschaft und bittet sie, mit ihm unter einer Eiche Platz zu nehmen. Wendla erzählt ihm von der Hilfe, die sie armen Leuten zukommen lässt, indem sie ihnen Essen, Kleider und Geld bringt. Zwar schickt sie ihre Mutter, doch gibt sie zu, es gerne zu tun, was Melchior kaum nachvollziehen kann. Er gibt dabei zu, nicht an Gott zu glauben und will sich auch nicht konfirmieren lassen. Wendla erzählt von ihren Tagträumen als armes Bettelkind und wie sie geschlagen werden würde, wenn sie nicht genug Geld nach Hause brächte. In diesem Zusammenhang erwähnt sie Martha und deren trauriges Schicksal. Plötzlich fordert Wendla Melchior auf, sie zu schlagen, um selbst einmal das Gefühl zu erleben, das sie sonst nur von anderen kennt. Melchior reagiert verständnislos bis verärgert, tut ihr aber schließlich den Gefallen und drischt mit einem Stock, zunächst zögernd, dann immer heftiger, auf sie ein. Wendla provoziert ihn solange, bis er mit den bloßen Fäusten zuschlägt. Entsetzt über sein eigenes Verhalten läuft Melchior weg.
Akt 2
Moritz redet mit Melchior über den Druck, den er in der Schule und zuhause verspürt. Einer seiner Tagträume handelt von der „Königin ohne Kopf“. Melchior beschäftigt sich seinerseits mit der Geschichte von Goethes „Faus“.
Wendla ist begeistert zu erfahren, dass Schwester Ina ihr drittes Kind bekommt. Ihre Mutter ist nicht imstande, Wendla sexuell aufzuklären und erzählt ihr nur, das Heiraten und Liebe dafür notwendig sind.
Hänschen Rilow masturbiert auf der Schultoilette zu einer nachgebildeten Darstellung der „Ruhenden Venus“ von Palma il Vecchio.
Auf einem Heuboden trifft Wendla auf Melchior, der sie zu küssen versucht und das ahnungslose Mädchen anschließend vergewaltigt.
Melchiors Mutter beantwortet einen Brief von Moritz, in dem sie seine Bitte, ihm Geld für die Flucht nach Amerika zu geben, ablehnt.
Moritz, der Melchiors Mutter im Falle einer Zurückweisung mit Selbstmord gedroht hatte, setzt sein Vorhaben nach einer kurzen Unterhaltung mit der lebensfrohen Ilse in die Tat um und erschießt sich.
Akt 2: Kapitel 1
Am Abend unterhalten sich Melchior und Moritz in Melchiors Zimmer. Moritz klagt sein Leid über den Druck, den er in der Schule und in seinem Elternhaus aushalten muss. Er erzählt Melchior die Geschichte von der „Königin ohne Kopf“, die sich nur mit Händen und Füßen verständigen konnte und im Krieg von einem König mit zwei Köpfen besiegt wurde. Der König gab ihr den kleineren Kopf, woraufhin beide heirateten und glücklich zusammenlebten. Melchiors Mutter bringt den Jungen Tee und mahnt Moritz, aufgrund seiner kränklichen Erscheinung an seine Gesundheit zu denken. Melchiors Begeisterung für Goethes „Faust“ quittiert seine Mutter mit Zweifel, ob er dafür alt genug sei, zeigt sich aber tolerant und überlässt ihm die Entscheidung. Moritz äußert seine Faszination über Goethes Figur „Gretchen“ aus, die Melchior in einem Aufsatz zum Thema hatte.
Akt 2: Kapitel 2
Wendla erfährt von ihrer Mutter, dass Ina, Wendlas Schwester, einen Jungen zur Welt gebracht hat. Wendla ist begeistert, zum dritten Mal Tante geworden zu sein, nimmt ihrer Mutter jedoch nicht die Geschichte vom Storch ab, der die Neugeborenen bringt. Sie drängt ihre Mutter deshalb, sie aufzuklären. Frau Bergmann zeigt sich unfähig, offen über das Thema zu reden. Wendla bekommt von ihrer aufgeregten Mutter nur zu hören, dass dazu Heiraten und eine starke Liebe notwendig sind.
Akt 2: Kapitel 3
Melchiors Mitschüler Hänschen Rilow schließt sich auf der Toilette ein und holt eine Nachbildung des Gemäldes der „Ruhenden Venus“ von Palma il Vecchio hervor. Während er es betrachtet, fantasiert er über die weibliche Nacktheit und befriedigt sich dabei selbst. Vor seinem geistigen Auge lässt er weitere klassische Darstellungen nackter Frauen vorbeiziehen, wie „Jupiter und Io“ von Antonio da Correggio und „Leda und der Schwan“ von Hans Makart. Schließlich lässt er das Bild ins Klo fallen.
Akt 2: Kapitel 4
Melchior hat sich auf einem Heuboden verkrochen und wird von Wendla entdeckt. Sofort versucht er, ihr näher zu kommen und sie zu küssen. Während sie sich verzweifelt wehrt, versichert er ihr, dass seine Annäherung nichts mit Liebe zu tun hat.
Akt 2: Kapitel 5
Melchiors Mutter schreibt einen Brief an Moritz. Es ist die Antwort auf Moritz' Brief, in dem er sie um Geld für die Flucht nach Amerika gebeten hat, da er die negative Reaktion seines Vaters auf die schlechten schulischen Leistungen fürchtet. Sie ist nicht bereit, ihm die geforderte Summe auszuhändigen und bietet ihm stattdessen an, bei seinen Eltern ein gutes Wort für ihn einzulegen. Moritz' Drohung, bei einer Ablehnung Selbstmord zu begehen, weist sie zurück und will ihm klar machen, dass die persönliche Beurteilung eines Menschen nicht von seinen Schulnoten abhängt. Mit den letzten Zeilen versucht sie, ihm noch einmal Mut zuzusprechen.
Akt 2: Kapitel 6
Wendla führt am Morgen einen Monolog im Garten ihres Elternhauses, in dem sie die Vergewaltigung durch Melchior zu verarbeiten versucht.
Akt 2: Kapitel 7
Nachdem Moritz den Brief von Melchiors Mutter gelesen hat, läuft er abends mit melancholischem Gemüt an einem Fluss entlang. In sich versunken, lässt er sein bisheriges Leben an sich vorbeiziehen und erinnert sich an die gemeinsamen Zeiten mit seinem Freund Melchior. Bedauernd stellt er fest, nie „das Menschlichste“, also die körperliche Liebe, erfahren zu haben und stellt sich vor, wie Bekannte und Freunde an seinem Grab trauern. Von der jungen lebensfrohen Ilse wird er plötzlich aus seinen Gedanken gerissen. Sie erzählt ihm von ihren ausschweifenden Erlebnissen mit den Künstlern, denen sie Modell stand und lädt ihn anschließend ein, mit ihr zu gehen. Moritz widersteht der Versuchung und lehnt das Angebot ab. Er zieht sich ins Ufergebüsch zurück, verbrennt den Brief von Melchiors Mutter und erschießt sich.
Akt 3
Der Rektor des Gymnasiums fürchtet nach Bekanntwerden von Moritz' Selbstmord um sein Ansehen und verweist Melchior, dessen erotisches Schriftstück bei Moritz' Sachen gefunden worden war, der Schule.
Bei Moritz' Bestattung reden die Anwesenden mir großer Verachtung über dessen Schicksal, nur Ilse und Martha bezeugen ihre Trauer. Ilse offenbart, nach Moritz' Tod dessen Pistole an sich genommen zu haben.
Melchiors verbitterter Vater will seinen Sohn in eine Erziehungsanstalt schicken. Die Mutter, die das zunächst ablehnt, ändert ihre Meinung als sie von einem Brief Melchiors an Wendla erfährt, in dem der Junge sein sexuelles Vergehen ihr gegenüber bereut. Zudem stellt sich heraus, dass Melchior mit Geld seines Onkels nach England flüchten wollte.
Wendla ist schwanger geworden. Ohne deren Wissen will die Mutter heimlich eine medikamentöse Abtreibung vornehmen lassen.
Die Schüler Ernst Röbel und Hänschen Rilow gestehen sich gegenseitig ihre Zuneigung.
Melchior findet inzwischen einen Weg, aus der Erziehungsanstalt zu entkommen. Auf dem Friedhof entdeckt er den Grabstein der an der Abtreibung verstorbenen Wendla und trifft den Geist von Moritz, der den verzweifelten Melchior in die Totenwelt holen will. Ein geheimnisvoller Fremder verhindert dies. Er stellt Melchior eine hoffnungsvolle Zukunft in Aussicht und nimmt ihn mit sich.
Akt 3: Kapitel 1
Vor den Professoren des Gymnasiums äußert Rektor Sonnenstich in einer Konferenz seine Sorge, welchen Schaden die Schule durch Moritz' Selbstmord nehmen könnte, sollte es Nachahmer für dessen Tat geben. Er denkt nicht an die eigentlichen Opfer, sondern fürchtet um das eigene Ansehen und die Gesellschaft, die ihn und seine Kollegen dafür verantwortlich machen könnte. Die Professoren scheinen die Ernsthaftigkeit des Themas nicht verstehen zu wollen und lassen sich lieber über die Frage aus, welches Fenster im Raum zum Zweck einer besseren Belüftung geöffnet werden sollte. Die Lächerlichkeit ihres Verhaltens wird durch ihre Namen wie „Affenschmalz“ und „Fliegentod“ noch verstärkt. Melchior wird gerufen. Der Rektor konfrontiert ihn mit dem Schriftstück „Der Beischlaf“, das Melchior für Moritz verfasst und ihm in der Schule zugesteckt hatte. Während eines einseitigen Verhörs erhält Melchior keine Chance, sich zu verteidigen, darf nur mit „ja“ oder „nein“ antworten und wird vom empörten Rektor ständig beschimpft. Indirekt wird er für den Tod seines Kameraden verantwortlich gemacht und der Schule verwiesen.
Akt 3: Kapitel 2
Verwandte, Lehrer und Schüler stehen unter strömendem Regen an Moritz' Grab, während sein Sarg beigesetzt wird. Aus der Predigt von Pastor Kahlbauch und den Kommentaren der Anwesenden wird deutlich, dass der Selbstmord des Schülers als Sünde und Frevel interpretiert wird. Moritz' Vater schämt sich so sehr dafür, dass er sogar seine Vaterschaft leugnet. Keiner der Erwachsenen hat ein gutes Wort für den Verstorbenen übrig. Als sie das Grab verlassen, spekulieren die verbleibenden Schüler über die Umstände des Todes. Da bei Moritz keine Pistole gefunden wurde, steht die Vermutung im Raum, dass er sich vielleicht erhängt hat. Schnell wenden sich die Gymnasiasten aber wieder ihren schulischen Problemen zu. Schließlich nehmen auch Ilse und Martha Abschied am Grab und werfen Blumen hinein. Ilse gesteht, den toten Moritz gefunden und die Pistole an sich genommen zu haben. Martha bittet Ilse, ihr diese auszuhändigen, Ilse aber will die Pistole zur Erinnerung behalten.
Akt 3: Kapitel 3
Melchiors Eltern liegen im Streit darüber, wie es mit ihrem Sohn, nachdem er von der Schule verwiesen wurde, weitergehen soll. Der Vater beschuldigt die Mutter einer zu liberalen Erziehung, die zu Melchiors „unmoralischem“ Schriftstück geführt habe, während die Mutter ihren Sohn verteidigt und nichts Verwerfliches in Melchiors Handeln sieht. Daraufhin konfrontiert der Vater sie mit einem Brief, den er von Wendlas Mutter erhalten hat. Darin schreibt Melchior Wendla, wie sehr er seine sexuellen Annäherungen ihr gegenüber bereue. Die Mutter erkennt erschüttert Melchiors Schrift und ihre Meinung über den Sohn kehrt sich ins Gegenteil. Wie Wendlas Vater ist sie nun auch dafür, Melchior in eine „Korrektionsanstalt“ zu schicken, wo ihm eine „christliche“ Erziehung zuteilwerden soll. Die harte Haltung der Eltern wird durch ein Telegramm bestätigt, in dem Melchior seinen Onkel um Geld für eine Überfahrt nach England gebeten hatte.
Akt 3: Kapitel 4
In der Erziehungsanstalt fühlt sich Melchior mit den anderen Jungen nicht besonders wohl. Um nicht als Sonderling zu gelten, macht er widerwillig bei deren Gruppenmasturbation mit, die schließlich in eine Rauferei mündet, aus der er sich heraushält. Noch immer beschäftigt ihn die Schuld, die er Wendla gegenüber empfindet. Außerdem denkt er über Fluchtmöglichkeiten aus der Anstalt nach.
Akt 3: Kapitel 5
Wendla liegt krank im Bett. Der hinzugezogene Arzt spricht ihr Mut zu und verordnet Tabletten. Währenddessen ist Ihre Schwester Ina auf dem Sprung in die Stadt. Die Mutter versucht Wendla zu überzeugen, dass es eine harmlose Bleichsucht ist. Nach einigem Zögern offenbart sie ihrer Tochter, dass diese in Wirklichkeit ein Kind bekommen wird. Den Vorwurf Wendlas, ihr nicht die ganze Wahrheit über das Kinderkriegen erzählt zu haben, rechtfertigt die Mutter mit den Methoden, die sie von ihrer eigenen Erziehung kennt. Als Ina gegangen ist, steht „Mutter Schmidtin“ vor der Tür, eine Nachbarin, die, wie sich später herausstellt, Wendlas Kind abtreiben soll.
Akt 3: Kapitel 6
Die Schüler Ernst Röbel und Hänschen Rilow liegen im Gras eines Weinbergs und genießen die untergehende Sonne. Entspannt und ausgelassen machen sie sich Gedanken über ihr zukünftiges Leben. Dabei entdecken sie ihre homosexuelle Zuneigung füreinander und küssen sich.
Akt 3: Kapitel 7
In einer Novembernacht befindet sich Melchior auf der Flucht aus der Erziehungsanstalt und klettert über die Friedhofsmauer, um Moritz' Grab zu suchen. Dabei trifft er auf Wendlas Grabstein und wird sofort von Schuldgefühlen gepackt. Als er weglaufen will, erscheint ihm der tote Moritz, der seinen Kopf unter dem Arm trägt. Von ihm erfährt Melchior, dass die Toten erhaben über den Irdischen stehen, sie beobachten und nur ein mitleidiges Lächeln für sie übrighaben. Moritz will Melchior zu sich ins Totenreich holen, worauf dieser aus lauter Selbstverachtung bereit ist, einzuwilligen. Ein „vermummtet Herr“ erscheint und will Melchior von seinen Selbstmordabsichten abbringen. Dabei erfährt Melchior, dass Wendla durch ein Abtreibungsmedikament der „Mutter Schmidtin“ gestorben ist. Der Fremde, dessen Identität unbekannt bleibt, verachtet den toten Moritz und unterstellt ihm, nur Angst vor der Einsamkeit zu haben. Melchior hingegen will er eine neue Chance geben, wenn dieser bereit sei, sich ihm anzuvertrauen. Melchior dankt Moritz für die gemeinsame Zeit und verspricht ihm, ihn nie zu vergessen. Von dem unbekannten Mann lässt er sich schließlich wegführen.