Inhaltsangabe/Zusammenfassung
„Faserland“ ist ein 1995 erschienener Roman von Christian Kracht. Es ist der Erstling des 1966 geborenen Schweizer Schriftstellers und behandelt den Niedergang einer Gesellschaft junger Leute, die von Identitäts- und Sinnkrisen geplagt werden und weder fähig sind, miteinander zu kommunizieren noch ihre Gefühle auszudrücken.
Der Roman beschreibt aus der Perspektive eines Ich-Erzählers eine Reise, die auf der Insel Sylt startet und den namenlosen Endzwanziger über Hamburg, Frankfurt, Heidelberg, München und Meersburg am Bodensee bis nach Zürich führt. An jedem dieser Orte erlebt er ausufernde Partys, wo viel Alkohol fließt und begegnet Menschen, die von Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit geprägt sind. Er ist meistens Beobachter der Szenerie, kommentiert das Verhalten der Leute und reflektiert dabei Erlebnisse seiner Kindheit.
Kapitelübersicht
Kapitel 1
An einer Fischbude am nördlichsten Punkt Sylts trifft der Erzähler seine alte Bekannte Karin, die er vom Internat aus Salem kennt. Während Karin mit ihm redet, hört er ihr nicht zu, sondern beobachtet desinteressiert seine Umgebung. Er schlägt vor, mit ihrem Auto nach Kampen ins „Odin“ zu fahren. Unterwegs halten sie am Strand, um Karins Freunde Anne und Sergio abzuholen. Der Erzähler gibt sich geistesabwesend und erinnert sich an vergangene Tage seiner Kindheit. Die beiden Paare kommen ins Gespräch und trinken Champagner aus Plastikbechern. Alle vier scheinen wohlhabenden Kreisen anzugehören. Angetrunken erreichen sie am Abend ihr Ziel, eine Bar. Wieder trinken sie Champagner. Während das andere Paar noch bleiben will, fahren Karin und der Erzähler zum Strand und trinken von einer mitgenommenen Champagnerflasche. Sie küssen sich und Karin möchte ihn am nächsten Abend wiedersehen, obwohl er sie vorher von seiner Abreise informiert hat. Sie steht auf und fährt weg. Der Erzähler bleibt allein zurück und beschließt, zukünftig nicht mehr nach Sylt zu reisen.
Kapitel 2
Am Abend des folgenden Tages nimmt er den Zug nach Hamburg-Altona, gönnt sich mehrere Gläser Wein und erinnert sich an die Zugfahrten als Zehnjähriger. Ein weiteres Fläschchen nimmt er auf die Zugtoilette mit, um es dort zu trinken. Am Ziel angekommen, besucht er seinen Freund Nigel, bei dem er zu wohnen beabsichtigt. Beim Geruch von Bohnerwachs in der Wohnung erinnert er sich an seine erste große Liebe Sarah, bei der er übernachten durfte, betrunken ins Bett machte und vor Scham geflüchtet ist, ohne Sarah je wiederzusehen. Nigels Wohnung hält er für teuer eingerichtet, aber heruntergekommen. Auf dessen Vorschlag fahren beide mit dem Taxi zu einer privaten Party, bei der ihm Nigel eine Pille zusteckt. Nachdem er mit zunehmender Verwirrung die Partygäste beobachtet, folgt er einem Mädchen ins Badezimmer, das sich dort übergibt. Nigel scheint die Party verlassen zu haben. Der Erzähler fährt mit einem Taxi zurück zu dessen Wohnung.
Kapitel 3
In Nigels Wohnung angekommen, entdeckt der Erzähler seinen Freund nackt und in verfänglicher Pose im Schlafzimmer mit zwei Gästen, die er von der Party kennt, einem Acid Jazz Freak und einem schwarzen Model. Schockiert packt er seinen Koffer und verlässt die Wohnung in Richtung Flughafen, um sich eine Karte nach Frankfurt zu kaufen. Am Flughafen versorgt er sich mit Joghurt, den er sich in die Jackentasche steckt und beobachtet provozierend andere Fluggäste. Als er im Flugzeug neben einer älteren Frau sitzt, fantasiert er über seine Bewunderung für die Schauspielerin Isabella Rossellini und erinnert sich beim Landeanflug an Alexander, einem Freund, den er aus dem Internat kennt.
Kapitel 4
Am Frankfurter Flughafen angekommen, steckt er seine Jacke, in der sein Joghurt mittlerweile ausgelaufen ist, in Brand. Mit dem Taxi fährt er zum Hotel „Frankfurter Hof“ und beabsichtigt, Alexander zu besuchen, den er aus Briefen als weltreisenden Globetrotter beschreibt. Er checkt ein und denkt in seinem Hotelzimmer an Varna, einer Frau, die sich gern in Künstlerkreisen herumtreibt und in die Alexander verliebt war, von der der Erzähler selbst aber nicht viel hält. Eher aus Versehen wählt er Alexanders Telefonnummer, darauf wird ihm schlecht und er muss sich übergeben. Er nimmt ein Bad und schläft in der Wanne ein. Als er wieder aufwacht, stellt er fest, dass das Zimmer gesäubert und aufgeräumt ist. Er beschließt, mit dem Taxi in das Café „Eckstein“ zu fahren. Dort trinkt er einen Apfelwein und wird von einer Frau beobachtet. Als er sich auf einen Flirt einlassen will, betritt plötzlich Alexander das Café, erkennt den Erzähler aber nicht, legt seine Barbourjacke ab und geht an ihm vorbei in den Tanzkeller. Der Erzähler greift sich dessen Jacke, streift sie über und verlässt das Café.
Kapitel 5
Der Erzähler nimmt den Zug nach Karlsruhe. Er kommt ins Gespräch mit dem Trendforscher Matthias Horx, der das gleiche Ziel hat. Um Horx aus dem Weg zu gehen, steigt der Erzähler in Heidelberg aus. Die Stadt, in der er vorher noch nie war, gefällt ihm und er checkt im Hotel „Alt Heidelberg“ ein. Als er an seinem Zimmerschlüssel Seifengeruch wahrnimmt, erinnert er sich an einen Urlaubsaufenthalt mit seinem Vater auf Madeira. Er zieht sich um und fährt zu einer Bar, die ihm der Rezeptionist des Hotels empfohlen hat. Dort lernt er den Studenten Eugen kennen, der ihn zu einer privaten Party mitnimmt. Schon etwas angetrunken, kommt er auf der Party mit Nadja ins Gespräch. Als er Bier holen will, trifft er auf Eugen, der ihn in ein anderes Zimmer führt und ihm Kokain anbietet. Der Erzähler lehnt ab und wird daraufhin von Eugen sexuell belästigt. Er flüchtet und beschließt, Nadja zu suchen. Er findet sie im Keller des Hauses zusammen mit Nigel. Die beiden haben sich Drogen gespritzt. Nigel erkennt ihn nicht wieder und ist wie Nadja nicht ansprechbar. Entsetzt über diesen Anblick läuft er aus dem Haus und wird ohnmächtig.
Kapitel 6
Von Rollo, einem alten Bekannten, der auch auf der Party war, wird der Erzähler wachgerüttelt. Rollo nimmt ihn in seinem Sportwagen mit nach München, wo auf einer Wiese am Stadtrand ein Rave stattfindet. Inmitten der Techno-Szene fallen sie auf und werden von einem freundlichen Hippie angesprochen, der ihnen Pillen gibt, die sie aber nur scheinbar schlucken. Etwas später verlassen sie den Schauplatz, um in die Innenstadt zu fahren. In einer Bar sieht der Erzähler einige bekannte Gesichter, wird aber von Rollo hinausgeführt, als sich drinnen eine Schlägerei anzubahnen droht. Sie fahren zu Rollos geräumiger Wohnung nach Bogenhausen, wo der Erzähler die Nacht verbringt.
Kapitel 7
Rollo und der Erzähler fahren an den Bodensee nach Meersburg, wo Rollo in der Villa seiner Eltern seinen Geburtstag feiern will. Unterwegs sinniert der Erzähler über Rollos reichen Vater, der mit seinem Geld einen Guru in Indien unterstützt und immer unterwegs ist. Rollo freut sich, sein Elternhaus wiederzusehen. Während der Erzähler sich auf die Feier vorbereitet, denkt er über Rollo nach. Er beschreibt ihn als einsamen Menschen, der regelmäßig Valium nimmt und Alkohol trinkt. Auf der Party genehmigt der Erzähler sich ein paar Drinks und erinnert sich an einen kurzen Aufenthalt auf Mykonos, wo er sich versehentlich an einen Schwulenstrand verirrt hatte. Er trifft Karin wieder, die ihm über ihren Aufenthalt in London mit Sergio erzählt, der ebenfalls anwesend ist. Dem Erzähler fällt es schwer, ihr zuzuhören und beim Anblick ihres Mundes erinnert er sich an seinen ungarischen Sportlehrer im Internat. Von Karin wendet er sich ab und läuft mit Rollo an den See. Erneut bekommt der Erzähler den Eindruck, dass sein Freund einsam sein muss und keine echten Freunde hat. Von dessen Gefühlslage überfordert, gibt er vor, sich etwas zum Trinken zu holen. In Wirklichkeit packt er seine Sachen und flüchtet mit Rollos Sportwagen in Richtung Schweizer Grenze.
Kapitel 8
Der Erzähler hat in Zürich ein Hotelzimmer bezogen, nachdem er den Wagen am Flughafen abgestellt hat. Gut gelaunt läuft er die Straße an Cafés und Geschäften entlang. Vom Ehrgeiz gepackt, mit dem Rauchen aufzuhören, lässt er seine Zigarettenschachtel an einem Straßencafé liegen, kauft sich aber am nächsten Kiosk eine neue und dazu eine deutsche Tageszeitung. Darin liest er vom Selbstmord Rollos, der mit Alkohol und Valium im Magen ertrunken aufgefunden wurde. Er träumt wieder von Isabella Rossellini, wie er mit ihr glücklich in einer Berghütte zusammenlebt und er den gemeinsamen Kindern seine Sichtweise über die deutsche Gesellschaft erzählt. Vom Hotel lässt er sich mit einem Taxi nach Kilchberg fahren, um das Grab von Thomas Mann zu besuchen, dessen Bücher er früher gern gelesen hat. Die hereinbrechende Dunkelheit macht es ihm jedoch unmöglich, das Grab zu finden. Er kehrt um und läuft zum Zürichsee. Am Bootsanleger bittet er einen Mann, ihn mit seinem Ruderboot für 200 Franken zum anderen Ufer zu bringen. Kurz bevor das Boot die Mitte des Sees erreicht, endet die Geschichte.