Kurzgeschichte: Mittagspause (1969)
Autor/in: Wolf WondratschekEpoche: Gegenwartsliteratur / Literatur der Postmoderne
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Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Die Kurzgeschichte „Mittagspause“ (1969) von Wolf Wondratschek handelt von einer jungen Frau, die täglich ihre Mittagspause in einem Café verbringt und dabei über den Wunsch nach Veränderung nachdenkt.
Das Geschehen beginnt damit, dass eine junge Frau in einem Café während der Mittagspause sitzt. Sie betrachtet ihre Umgebung und denkt zwiegespalten über ihr Leben, die Liebe und weitere Themen, die starken Wert bei ihr besitzen, nach.Ebenfalls fallen ihr die Ereignisse des vorherigen Tages ein, worauf sie kalkulierend Gedankengänge durchgeht.
Immer wieder tauchen Ausschnitte eines Gespräches der Eltern in ihrem Kopf auf, bei dem beide Elternteile negativ über sie denken.
Die junge Frau ist eine sehr schüchterne Person, da sie einen Mann abweist, obwohl der Stuhl frei ist (Z. 13f.). Ihr Selbstbewusstsein ist seit Schicksalsschlägen gekränkt und findet kaum Freiheit bei ihr. Dennoch wünscht sich die Frau, dass eine sogenannte Katastrophe geschieht, weil ihr Alltag unaufhörlich identisch abläuft und sie der Monotonie ausbrechen möchte (Z. 22ff.). Das merkt man auch besonders daran, dass sie sich oft vorstellt, wie es wäre, wenn ein Mann sie wegen ihrer Persönlichkeit oder Schönheit ansprechen würde (Z. 11f.). Das Lieblingswort von ihr Katastrophe, woraus man schließen kann, dass sie sich absolut nichts sehnlicheres wünscht als ein aufregendes Leben (Z. 25f.). Die junge Frau versteckt sich hinter einer Sonnenbrille und des Öfteren auch hinter einer Zeitung, um angenehmen Situationen zu entweichen (Z. 9f.). Außerdem symbolisiert dies ihre Verklemmtheit gegenüber fremden Personen sowie ihr fehlender Mut (Z. 3ff.).
Sie kann sich nicht alleine entscheiden, wenn es zum Thema wird, wie ihr Verhalten auszusehen hat: eine Aufgabe von ihrer Agentur fällt ihr leichter, als sich in einem Café aufzuhalten (Z. 18f.).
Ihr Lippenstift und das Rauchen, wobei sie aber keine Lungenzüge kann, wirken gar lächerlich für eine junge Frau. Der fehlende Bezug zu ihrer Interesse und ihren Handlungen lassen sie orientierungslos durch die Welt laufen (Z. 9f).
Die Frau bevorzugt Orte, wo sie sich auskennt und vermittelt ihren Eltern, dass alles normal wie sonst läuft, aber der Wunsch der Frau ist größer. Der Wunsch nach Veränderung und Abenteuer im Leben verlaufen tagtäglich bei ihr im Kopf (Z. 16f.).
Die Beziehung zwischen der jungen Frau und ihren Eltern ist einseitig. Die Eltern wünschen sich, dass ihre Tochter auf ihre Anweisungen hört und teilen die Situationen aus deren jungen Jahren (Z. 15f.). Der Vater explizit möchte für sein Kind das Beste, möchte sie nicht mehr unterstützen, da sie nur gegen die Lebensweisheiten ihrer Eltern ankämpft (Z. 15f.).
Es wird darauf auslaufen, dass die vollständige Emanzipation der Tochter in geraumer Zeit eintreffen wird, da sie eifrig hinter anderen weiblichen jungen Frauen schaut, statt ein gewissen Teil der Eltern anzunehmen (Z. 1ff.).
In „Mittagspause“ liegt ein personaler Erzähler aus der Sicht der Tochter vor. Dadurch kann der Leser die Gedanken und Befürchtungen dieser Figur nachvollziehen. Sie bringt nur ihre Gefühle und die Gedanken ihrer Eltern, die sie im Kopf hat, ein.
Die Sprache ist sehr einfach gehalten. Daraus kann man schließen, dass dies der Alltag vieler jungen Frauen ist und somit auch die zeitgerechte Gesellschaft jedes Jahrzehnt vertretbar ist. Durch die kurzen Sätze am Anfang merkt der Leser insbesondere die Hektik, die in ihrem Kopf herrscht. Ab der Mitte fangen die Sätze an, länger zu werden. Das zeichnet sich an die verlängerten Gedankengänge der Frau aus, welche symbolisch für die Verwirrtheit und Unklarheit stehen.
Es gibt in diesem Werk viele rhetorische Mittel. Zum Beispiel die Antithese1 zwischen „Sie weiß genau, was sie will“ (Z. 5) - „Sie hat mittlerweile gelernt, sich nicht zu entscheiden“ (Z. 17), dass sie sie sich überhaupt nicht im Klarem ist, was sie begehrt. Ebenfalls fallen einige Parallelismen zwischen den Worten von der Frau: „Sie könnte sich sehr verspäten. Sie könnte sich sehr verlieben“ (Z. 23f.), welche die übertriebene Unklarheit in dem Kopf der Frau klarstellt. Die Ereignisse könnten das abwechslungslose Verhalten der jungen Frau verändern. Es wäre genau ihr Wunsch, dies zu verwirklichen, doch die zwiegespalten Gedanken passen nicht zu ihrem Äußeren, denn sie wirkt schüchtern, geordnet und strukturiert.
Die typischen Merkmale einer Kurzgeschichte zeichnen sich auch hier sehr stark hervor. Die Geschichte besitzt keine Einleitung, wodurch der Leser direkt in das Geschehens geworfen wird (Z. 1). Dadurch steigt die Spannung und Neugier blitzartig, was hier jedoch im Zusammenhang mit dem Kontext ein extremer Kontrast ist. Besonders diese Kombination fallen häufig auf Jugendliche dieses Zeitalter an: sie versuchen sich in die Gesellschaft einzuleben, obwohl jeder von ihnen einzigartig ist. Auch gibt es in dieser Kurzgeschichte ein offenes Ende. Der Leser kann nun darüber spekulieren, ob es eine Katastrophe in dem Leben der Frau geben wird oder nicht.
Der Titel „Mittagspause“ passt nur halbwegs auf den Inhalt und deren Ausgeprägtheit. Dadurch wird zwar der Eindruck verleiht, dass es sich nur um eine Pause handelt, obwohl die komplexen Themen des Lebens eine größere Rolle spielen. Daraus schließt man die Monotonie des Alltags und den Wunsch, endlich ein Abenteuer zu erleben. Aber die Gedanken der Flucht führen aus mehreren Faktoren, die untergehen vom gewählten Titel.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Kombination aus Anonymität der Frau und des monotonen Alltag einem dem Wunsch gibt, alles zu ändern, was einem nicht Befriedigung erteilt. Die junge Frau kommt von diesem Gedanken nicht mehr fort. Alle Sehnsüchte richten sich der Emanzipation vor ihren Eltern, doch die Gesellschaft wirft ein schlechtes Bild auf sie: sie wird missverstanden und läuft vor sich selbst weg.