Kurzgeschichte: Augenblicke (1964)
Autor/in: Walter Helmut FritzEpoche: Gegenwartsliteratur / Literatur der Postmoderne
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Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Aufgabe : Analysieren und interpretieren sie die ausgewählte Kurzgeschichte. Untersuchen sie besonders das Gesprächsverhalten der handelnden Personen. Beziehen Sie in diese Untersuchung ihre Kenntnisse zur Kommunikation ein!
Die Kurzgeschichte „Augenblicke“ wurde im Jahre 1964 von Walter Helmut Fritz geschrieben.Zur genauen Untersuchungen dienen drei Kommunikationsmodelle. Der sprach Theoretiker Karl Bühler erklärt die Sprache in seinem Organen Modell als ein Werkzeug, während Schulz von Thun in seinem Kommunikationsquadrat jeder Nachrichten vier Ebenen zuweist. Paul Watzlawick hingegen verfasst fünf pragmatische Axiome mit denen menschliche Kommunikation erfasst werden kann.
Unter Kommunikation versteht man die wechselseitige verbale oder auch nonverbale Interaktion bestehend aus einer Nachricht von dem Sender für den Empfänger. Kommunikation dient als soziales Bindemittel und ist eine elementare Notwendigkeit des Menschen.
Die zentrale Problematik des gegebenen Textes besteht darin, dass die 20-Jährige Elsa offenbar des öfteren von ihrer einsamen Mutter, deren Ehemann verstorben ist, aufdringlich „belästigt“ wird, indem diese dauernd das Gespräch und die Nähe zu ihrer Tochter sucht und diese bei alltäglichen Dingen stört. Um den aufdringlichen Kommunikationsversuchen ihre Mutter zu entfliehen, plant Elsa, sich gleich nach Weihnachten eine eigene Wohnung zu mieten.
Der vorgegebene Text kann in vier Abschnitte unterteilt werden: In dem ersten Abschnitt (Z. 1-19) befindet Elsa sich im Badezimmer, um sich herzurichten, als ihre Mutter unangekündigt ins Bad kommt und Elsa daraufhin den Raum verlässt. Sie zieht sich in ihr Zimmer zurück, in welches nur Augenblicke später auch ihre Mutter hereinkommt, um Elsa mitzuteilen, dass das Bad nun wieder frei sei. In Zeile 1-3 befindet Elsa sich vor dem Spiegel. Der erste Satz wird mit dem Wort „kaum“ (Z. 1) eingeleitet, welches darstellt, dass Elsa erst gerade eben das Bad betreten hat, als schon in Zeile zwei ihre Mutter ebenfalls hereinkommt. Elsa unterstellt ihrer Mutter noch in demselben Satz, dass das Waschen ihrer Hände, der Grund, weshalb sie ins Badezimmer gekommen ist, nur ein Vorwand sei, um sie wieder zu nerven. Durch die gedachte Äußerung „wie fast immer“ (Z. 3) wird deutlich, dass eine solche Situation nichts Neues für Elsa ist und beinahe schon zum Alltag gehört. In den darauf folgenden Zeilen vier und fünf wird noch mal verdeutlicht, dass Elsa von dem Verhalten ihrer Mutter genervt und sogar schon recht wütend ist. „Elsas Mund krampfte sich zusammen, ihre Finger spannten sich, ihre Augen wurden schmaler“ (Z. 4) Eine nonverbale Kommunikation hat stattgefunden. Laut Paul Watzlawicks erstem Axiom ist es unmöglich, nicht zu kommunizieren. In diesem Fall kommuniziert Elsa also durch ihre genervte und ablehnende Körpersprache mit ihrer Mutter, auch wenn Sie genau dem, einer Kommunikation mit ihrer Mutter, aus dem Weg gehen möchte. „Sie hatte darauf gewartet, dass auch dieses Mal ihre Mutter herein kommen würde, voller Behutsamkeit, mit jener scheinbaren Zurückhaltung, die durch ihre Aufdringlichkeit die Nerven freilegt“ (Z. 6f) Auch dieses Mal wird noch mal verdeutlicht, dass Elsas Mutter diese häufiger stört und dass Elsa bereits daran gewöhnt ist. Elsa bezeichnet die Zurückhaltung ihre Mutter als scheinbar gespielt. In der nachfolgenden Zeile acht wird der Verdacht bestätigt, dass Elsa bereits daran gewöhnt ist. „Sie hatte behext, entsetzt, gepeinigt darauf gewartet, weil sie sich davor fürchtete“ (Z. 8). Durch letztere Aussage stellt Elsa klar, dass sie die Störungen ihrer Mutter nicht nur nervig, sondern auch etwas furchteinflößend findet. In Zeile neun beginnt die erste verbale Kommunikation zwischen Mutter und Tochter. „Komm ich mach dir Platz“ äußert Elsa und möchte offensichtlich so schnell wie möglich den Raum verlassen. Dadurch, dass sie dabei lächelt, auch wenn sie sich innerlich sehr unwohl fühlt, wird deutlich, dass sie nicht möchte, dass ihre Mutter merkt wie belästigt und bedrängt sie sich wirklich fühlt. „Nein bleib nur hier, ich bin gleich soweit „antwortet die Mutter und lächelt ebenfalls. Offensichtlich fällt dir das Unbehagen ihrer Tochter nicht auf : sie ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Diese knappe Unterhaltung ist laut dem fünften Axiom von Watzlawick komplementär, da die beiden Gesprächspartnern ein unterschiedliches Ziel anstreben und die Mutter offensichtlich den Wunsch ihrer Tochter, den Raum zu verlassen, nicht wahrnimmt. In Zeile elf verlässt Elsa den Raum und flüchtet in ihr Zimmer. Durch die Tatsache, dass sie ihre Hand länger als nötig auf der Türklinke gelassen hat, wird verständlich, dass Elsa möchte, dass die Tür zu bleibt und ihre Mutter ihr nicht folgt, damit sie nicht in ein Gespräch mit ihr verwickelt wird. Durch das Umhertigern in ihrem Zimmer zeigt sich ihre Anspannung und Nervosität. In Zeile 13 öffnet die Mutter jedoch trotzdem die Tür und startet einen erneuten Versuch zur Kommunikation, indem Sie Elsa mitteilt, dass das Bad nun frei sein und sie es gerne wieder benutzen könnte. Durch die ausbleibende Antwort von Elsa und durch die Tatsache, dass sie ihrer Mutter vorspielt beschäftigt zu sein, „Elsa Tat als ob ihr inzwischen etwas anderes eingefallen wäre und machte sich an ihrem Tisch zu schaffen“ (Z. 15) zeigt sich deutlich, dass sie kein Gespräch möchte. Die Mutter missversteht ihr das Schweigen offensichtlich und wiederholt sich. Elsas kurze und etwas harsche Antwort entgeht ihrer Mutter komplett. Zusammenfassend kann man das dritte Axiom von Watzlawick heranziehen und feststellen, dass der erste Sinnabschnitt größtenteils nur aus analoger Kommunikation besteht, da es kaum eine verbale Interaktion zwischen mit Mutter und Tochter gibt. In dem zweiten Abschnitt (Z. 20-31) verlässt Elsa das Haus und beginnt in der Stadt mit der Suche nach einer Wohnung, in dem sie in einem Geschäft für Haushaltsgegenstände und in einer Apotheke nach leer stehenden Wohnungen fragt. Die Suche ist jedoch vergebens und Elsa beschließt, in der Stadt zu spazieren, um möglichst spät nach Hause zu kommen und so ein erneutes Gespräch mit ihrer Mutter zu vermeiden. In Zeile 20 wird dadurch, dass Elsa das Haus verlässt, ohne sich von ihrer Mutter zu verabschieden, deutlich dass, sie den Kontakt zu ihrer Mutter möglichst gering halten möchte und möglicherweise sogar eine Abneigung gegen diese and empfindet. In der nachfolgenden Zeile 21 verlässt sie das Haus und es wird deutlich, dass sie so schnell wie möglich weg möchte von ihrer Mutter „Sie hatte sich so sehr beeilt, dass sie gar nicht daran gedacht hatte im Telefonbuch die Adresse einer Wohnungsvermittlung nachzuschlagen und verhasst dich die Treppe runter geeilt war“ (Z. 22) Von Zeile 23 bis 27 wird beschrieben, wie angestrebt Elsa nach einer Wohnung sucht. Zeile 28 gibt Auskunft über die temporalen Umstände, es ist Samstag,der 22 Dezember. Durch die Tatsache, dass es kurz vor Weihnachten ist und Elsa diese sonst so fröhliche und familiäre Zeit ohne ihre Mutter, sondern auf der Suche nach einer Wohnung um diese zu verlassen verbringt, zeugt von einer Abneigung gegen ihre Mutter. Elsa beschließt, nach dieser vergebenen Suche in der Stadt zu spaziere „Sie sah eine Bar hinein, sie sah den Menschen nach, die vorbei gingen“ Durch dieses offene Verhalten sendet sie die Nachricht, dass sie kommunizieren möchte, dadurch, dass sie den Menschen nachschaut wird deutlich, dass sie dazu gehören möchte: sie möchte mittreiben. In Zeile 29 wird deutlich, dass Elsa mit ihren ausgiebigen Spaziergängen in der Stadt Zeit schinden möchte. „Ihre Mutter würde zu Bett gegangen, sie würde ihn nicht mehr gute Nacht zu sagen brauchen“ (Z. 30) Elsa geht Gesprächen mit ihrer Mutter erneut aus dem Weg und plant regelrecht, wie sie den Kontakt so gering wie möglich halten kann. Mit der Aussage, dass sie ihrer Mutter keine gute Nacht wünschen will kann man dank dem Kommunikationsquadrat von Schulz von Thun vier Ebenen deutlich machen: man kann es so interpretieren, dass Elsa ihrer Mutter durch diese Aussage auf der Beziehungsseite sagt, dass ihr ihre Beziehung zueinander nicht gefällt . Auf der Appellebene jedoch könnte man annehmen, dass sie ihrer Mutter mitteilt, sie solle sie gefälligst in Ruhe lassen und sich distanzieren. Auf der Selbstkundgabeebene sieht man schnell, dass Elsa ihre Mutter nicht mag. Auf der Sachebene hingegen drückt Elsa damit aus, dass ihrer Mutter schlicht und einfach keine gute Nacht wünschen will. Besonders in diesem Abschnitt wird deutlich, dass zwischen Mutter und Tochter eine Kommunikationsstörung vorliegt, die darin besteht, dass die Tochter sich von ihrer Mutter bedrängt fühlt und daraufhin Distanz sucht, während die Mutter die Gefühle ihrer Tochter offensichtlich nicht wahrnimmt und diese weiterhin bedrängt. Hierzu könnte man Watzlawicks drittes Axiom erneut heranziehen, welches besagt, dass auf jeden Reiz eine Reaktion folgt. Das bedeutet, dass die Tochter von der Mutter bedrängt wird und sich dadurch zurückzieht, woraufhin die Mutter die Tochter erneut bedrängt und so weiter. Der dritte Abschnitt (Z. 32-39) handelt von Elsas Plan auszuziehen und erklärt anschließend das aufdringliche Verhalten ihrer von Elsass Mutter. In Zeile 32 betont Elsa, dass sie gleich nach Weihnachten ausziehen würde, wodurch noch mal deutlich wird, dass sie unbedingt fort möchte. Dadurch dass sie jedoch erst nach Weihnachten, einem Fest, dass man normalerweise voller Liebe und Glück mit seiner Familie verbringt, ausziehen möchte, könnte man jedoch annehmen, dass sie ihre Mutter trotz aller Vorwürfe dennoch liebt und diese Feier mit ihr verbringen möchte. In Zeile 33 erfährt erfährt man, das Elsa 20 Jahre alt ist und selbst Geld verdient. Dadurch könnte man schlussfolgern, dass sie schon vor langer Zeit hätte ausziehen können, jedoch aus Liebe zu ihrer Mutter geblieben ist. In der nachfolgenden Zeile betont Elsa nochmal, dass sie es wirklich nicht mehr aushalte mit ihrer aufdringlichen Muttern (siehe Zeile 33/34 „kein einziges Mal würde sie sich mehr beherrschen können, wenn ihre Mutter zu ihr ins Bad kommen würde, wenn sie sich schminkte, kein einziges Mal“ Ab Zeile 35 erklärt sich, wieso Elsas Mutter sich so benimmt: anscheinend ist ihr Mann verstorben und sie habe seitdem öfters furchtbare Langeweile, die sie mithilfe von Gesprächen mit ihrer Tochter verdrängen möchte. In Zeile 37 wird gesagt, das Elsas Mutter diese wahrhaftig liebt und verwöhnt, aber leider nicht merkt, wie belästigt und bedrängt sich diese durch so ein viel zu aufdringliches Verhalten fühlt. Dieser Abschnitt endet mit einer erneuten Darstellung von Elsas Gefühlen „würde kein einziges Mal mehr ruhig bleiben können“ Es ist offensichtlich, dass Elsa flieht und damit ihrer Mutter signalisiert, dass sie nicht kommunizieren möchte. Leider nimmt ihre Mutter diese Signale jedoch nicht wahr. Beide Frauen haben eine komplementäre Beziehung zueinander, in der die Mutter in der dominanten Primärposition steht, während die Tochter sich in der Sekundärposition befindet. Der Letzte seines Abschnitt, Zeile 40 bis 45, handelt von Elsas Rückkehr in die gemeinsame Wohnung und ihrem ausgelaugten und erschöpften psychischen Befinden. In Zeile 40 steht, dass Elsa eine gewisse Sympathie für die Leute, die sie umgeben, empfindet und sich möglicherweise mit ihnen verbunden fühlt. In Zeile 43 kehrt Elsa kurz vor Mitternacht in die Wohnung zurück. Ihre Mutter schläft bereits und es wird betont, dass es sehr still in der Wohnung ist. „Sie ging in ihr Zimmer und es blieb still (Z. 43f). Dadurch wird deutlich, dass Elsa diese Stille nicht gewöhnt ist, da ihre Mutter sie permanent anzusprechen versucht. Es scheint so, als würde Elsa das gewohnte, ungebeten Hereinkommen ihrer Mutter erwarten. In Zeile 44 wird deutlich, dass Elsas‘ Mutter alt und krank ist. Dies könnte man als einen Grund dafür, dass Elsa trotzdem des Unbehagens, welches sie in der gemeinsamen Wohnung dauernd umgibt, in der Wohnung bleibt, deuten. Daraus könnte man schlussfolgern, dass Elsa ihre Mutter, trotz ihrer Aufdringlichkeiten, liebt und ihr zur Seite steht. In dem letzten Satz des Textes wird deutlich, dass Elsa sich in einem Konflikt mit sich selbst befindet: sie liebt ihre alte und kranke Mutter und möchte ihr helfen, doch fühlt sich auch gleichzeitig sehr unwohl bei ihr. „Sie hätte unartikuliert schreien mögen“ (Z. 45) macht die Verzweiflung von Elsa über diese ganze Situation deutlich.
Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass das größte und dominanteste Kommunikationsproblem dieses Textes in einer mangelhaften verbalen Kommunikation zwischen Tochter und Mutter liegt. Ein ehrliches Gespräch würde für Klarheit sorgen und möglicherweise dazu führen, dass die Mutter den Standpunkt ihrer Tochter endlich wahrnimmt und ihr mehr Freiraum lässt, während die Tochter ihrerseits ebenfalls angemessener und vor allem häufiger auf die Wünsche zur Kommunikation ihrer Mutter eingeht.