Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
In seinem Gedicht „Unterwegs und wieder daheim“, welches im Jahre 1898 veröffentlicht wurde, thematisiert Theodor Fontane die vergebliche Suche nach dem persönlichen Glück in der Ferne, wobei er zu dem Entschluss kommt, dass wahres Glück sich nur in der Heimat finden lässt.
Ausgehend von der Entstehungszeit des Gedichtes sowie von der Biografie Fontanes, lässt sich „Unterwegs und wieder daheim“ der Epoche des bürgerlichen Realismus zuordnen, zumal sich Fontane bemüht den bürgerlichen Menschen und dessen Auseinandersetzung mit seiner Umwelt sehr authentisch darzustellen. Er selbst unternahm viele Reisen, kehrte jedoch immer wieder sehnsüchtig zurück in seine Heimat Berlin.
Fontanes Gedicht besteht aus vier Strophen mit jeweils vier Versen. Die Verse werden dabei durchgehend über einen Kreuzreim miteinander verbunden. Des Weiteren lässt sich ein vierhebiger Jambus erkennen, welcher sich, mit Ausnahme des letzten Verses, durch das gesamte Gedicht zieht. Zusammen erzeugen Metrum1 und Reimschema damit eine Grundstruktur im Gedicht sowie einen rhythmischen und harmonischen Effekt auf den Leser.
Die erste Strophe beginnt direkt mit der Schilderung der Reise des lyrischen Ichs. Sehnsüchtig sucht es nach dem persönlichen Glück, was durch die Anapher2 „und suchte das Glück und such’es weit“ (V. 2) bekräftigt wird. Außerdem verdeutlicht die Alliteration3 „hinauf, hinab“ (V. 1) die scheinbar endlose und ausgiebige Reise hin zum Glück. Dennoch kommt das lyrische Ich schnell zu der Erkenntnis, dass in der Ferne nichts als „Einsamkeit“ (V. 4) zu finden ist. An dieser Stelle klingt somit zum ersten Mal der melancholische Unterton des Gedichts eindeutig an. Besonders hervorgehoben wird die Resignation und Enttäuschung des lyrischen Ichs dabei mittels der verwendeten Inversion4 „Es hat mein Suchen mich betrogen“ (V. 3). Darauffolgend werden in der zweiten Strophe zahlreiche Wahrnehmungen sowie Empfindungen, darunter vor allem Sinneseindrücke, des lyrischen Ichs gegenüber seiner Reise erläutert. Fontane macht ihr besonderen Gebrauch von Synästhesien5 und erzeugt damit eine starke Gefühlsregung beim Leser. Das lyrische Ich hört des Lebens Lärm und sieht sein „tausendfarbig Licht“ (V. 6). Wie das hyperbolische Adjektiv „tausendfarbig“ unterstreicht, offenbart ihm die Reise etliche neue Facetten der Welt und des Lebens. Doch ganz offensichtlich ist das lyrische Ich mit diesen vielen neuen Impressionen überfordert und weiß sie nicht einzuordnen. Es findet weder Gefallen noch die erhoffte Erfüllung. Viel mehr fühlt es sich unwohl und unbehaglich, was die Personifikation6 „kein Licht, das mich erwärmte“ (V. 7) suggeriert. Entschlossen stellt das lyrische Ich schließlich fest, dass „echtes Leben“ (V. 8) sich nicht in der Ferne finden lässt. An diesen Entschluss knüpft die dritte Strophe direkt mit der Heimkehr des lyrischen Ichs an. Anhand der verstärkten Verwendung von Enjambements7 wird diese Bewegung in Richtung Heimat hervorgehoben. Schnell verliert das lyrische Ich auf dem Rückweg das einstige Fernweh. Viel mehr freut es sich nun darauf „zu alter Stell‘ und alter Lieb‘“ (V. 10) zurückzukehren, wie das Adverb „endlich“ (V. 9) klar unterstreicht. Zur Erleichterung des lyrischen Ichs, endet hier schließlich die zuvor endlos scheinende Suche nach dem Glück in der weiten Welt. Die vierte und letzte Strophe knüpft direkt an die neu gewonnen Erkenntnisse an und liefert ein Fazit für das gesamte Gedicht. Hier wird endgültig festgehalten, dass die fremde Welt lediglich mit Kränkung lohnt (vgl. V. 13). In der Ferne lassen sich das gesuchte Glück und die persönliche Erfüllung nicht finden. Ganz im Gegenteil endet eine Reise in die Ferne mit Enttäuschung und Desillusion. Das Adjektiv „fremd“ (V. 13) steht an dieser Stelle klar für etwas Befremdliches und Unbehagliches und unterstreicht damit diese Aussage. Mit seiner Enumeration „Das Haus, die Heimat, die Beschränkung“ (V. 15) definiert Fontane das wahre Glück, welches sich nur in der eigenen Heimat finden lässt. An dieser Stelle wird das zuvor durchgehende und regelmäßige Metrum verändert. Die Änderung der Betonung wird vor allem durch das kursivgedruckte „Die“ am Anfang des letzten Verses kenntlich gemacht. Mit diesem absichtlichen Aufbruch des Metrums, verleiht Fontane den letzten beiden Versen eine besondere Bedeutung. Damit hebt er die finale Aussage, dass der eigene Heimatsort bereits der Inbegriff von Glück und Zufriedenheit ist, nochmals stark hervor. Dadurch kann die letzte Strophe als Appel an den Leser betrachtet werden und diesen zur Wertschätzung der Heimat anregen.
Außerdem fällt auf, dass in der vierten Strophe ein Tempuswechsel vom zuvor verwendeten Präteritum beziehungsweise Perfekt ins Präsens erfolgt, was die Endgültigkeit und Zeitlosigkeit der Hauptaussage erneut hervorhebt.
Zusammenfassen kann man demnach sagen, dass Fontanes Gedicht „Unterwegs und wieder daheim“ die vergebliche Suche nach dem Glück und der Erfüllung in der Ferne schildert, welche letztendlich aber die Rückkehr in die Heimat zur Folge hat. So lohnt die Reise in die fremde Welt zwar zunächst mit Kränkung und Enttäuschung, verhilft dem lyrischen Ich aber letztendlich auch das wirkliche Glück zu finden. Demnach verdeutlicht Fontane mit seinem Gedicht, dass es meist die einfachsten Dinge im Leben, die man gar bereits hat, sind, die dem Menschen zu wahrem Glück verhelfen.