Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Die Ballade „John Maynard“ von Theodor Fontane ist 1886 erschienen und berichtet von einem Schiffskapitän, der sein Leben bei einem Unglück verliert, um weiteren Passagieren zu helfen.
Das Gedicht lässt sich in mehrere Sinnabschnitte gliedern. Im ersten Abschnitt erfolgt eine Einleitung durch einen hypotaktischen Dialog über John Maynard, bei dem die Gesprächspartner jedoch weitestgehend nicht charakterisiert werden. Rückblickend erzählt jemand auf die Nachfrage hin zuerst von einer fröhlichen Schifffahrt. Die Stimmung schlägt jedoch schlagartig um, als ein Feuer ausbricht. Die Ankunft im Ziel, dem Hafen von Buffalo, markiert einen weiteren Einschnitt. Nach einer Passage, die von der Beerdigung John Maynards handelt, besteht der letzte Abschnitt der Ballade aus einer Art Nachruf, der in den Grabstein eingemeißelt sein könnte.
Das Gedicht beginnt mit dem Ausruf „John Maynard“ und bildet mit der letzten Zeile eine Rahmenstruktur. Auf die eher primitiv-sachliche Frage eines anonymen Individuums, wer John Maynard sei, beginnt das lyrische Ich, das aufgrund der Verwendung pluraler Personalpronomen1 selbst auf dem Schiff gewesen zu sein scheint, einen Lobspruch auf John Maynard, der erneut der letzten Passage ähnelt. Die letzten beiden Zeilen sind identisch, während die ersten zwei Zeilen dergestalt variieren, dass sie mit der formellen Phrase „Hier ruht“ beginnen, um auf den Grabstein schließen zu lassen. Nach einem Absatz beginnt ein Bericht über die Geschehnisse auf der „Schwalbe“, offenbar einem Schiff, welches jedoch weiter als Vogel charakterisiert wird, indem beschrieben wird sie „flöge“ über die Eriesee. Diese Metapher2 soll aber lediglich auf die unbeschwerte und schnelle Fortbewegung des Schiffes hinweisen. Die bildliche Sprache setzt sich fort, da die Gischt mit „Flocken aus Schnee“ verglichen wird. Sachlich soll festgestellt werden, dass das Schiff auf dem Weg von Detroit nach Buffalo ist, jedoch verwendet Fontane erneut das Verb fliegen, anstatt fahren. Die Meldung, dass bereits Abend sei, wird nach der Betonung des Glücksgefühls und auch der Anwesenheit von Frauen und Kindern, mit bildlicher Sprache eingeflochten. John Maynard scheint das Zentrum der Gesellschaft zu sein, da „alles“ an ihn herantritt und sich nach der Ankunftszeit erkundigt, was der Kapitän mit einer halben Stunde beantwortet.
Die nächste Strophe, die mit fröhlicher Stimmung beginnt, wird jäh unterbrochen, als ein Brand gemeldet wird, während der Ausruf „Feuer“ als Schrei bezeichnet wird und schon die darauffolgende Panik vorwegnimmt. Eine Anapher3 („ein Qualm“) betont mehrfach den Brand und auch die protokollartige Sprache drückt starke Hektik aus. Wie schon die vorherige Strophe endet diese mit der Angabe der Zeit bis zur Ankunft im sicheren Hafen, die sich nun auf 20 Minuten beläuft.
Die Situation spitzt sich nun schnell zu, da sich die Passagiere zusammendrängen und ihre Hilflosigkeit durch Jammern ausdrücken. Auch wird deutlich betont, dass das Steuer, wo John Maynard steht, von Rauch umgeben ist, während am Bugspriet bei den Passagieren noch Luft zum Atmen ist. Die Bedrohung durch den Rauch am Steuer lasst den Leser schon auf die Gefahr blicken. Wenn das Steuer nicht mehr gehalten werden kann, ist die Situation aussichtslos. Auch die Zeit scheint nur schleichend zu vergehen, denn die jetzige Meldung erwähnt „noch 15 Minuten bis Buffalo“.
Die nächste Strophe enthält einen Dialog zwischen John Maynard und dem Kapitän des Schiffes, der auch jetzt nicht aktiv in das Geschehen eingreift. Nur durch ein Sprachrohr nimmt er Kontakt auf und scheint bereits Zweifel zu haben, ob John Maynard trotz der Rauchwolke noch steuern kann. Die Machtposition des Kapitäns wird dadurch betont, dass Maynard ihn mit „Herr“ anspricht, obwohl er hier eindeutig die bedeutsamere Aufgabe übernimmt. Der Kapitän befiehlt, auf den Strand zuzusteuern, was John Maynard bestätigt. Durch den Kontakt zu ihrem Steuermann werden auch die Passagiere zuversichtlicher und jubeln ihm zu, um ihn zu unterstützen. Hier kommt die Hoffnung auf Rettung auf. Auffallend ist außerdem, dass die anfängliche Panik durch John Maynard eingedämmt ist. Die schließliche Zeitangabe beträgt 10 Minuten.
In der darauffolgenden Strophe erreichen sie endlich den Strand von Buffalo, in den sie in ihrer Verzweiflung hineinfahren, um dem Brand zu entgehen. John Maynard kommuniziert erneut mit dem Kapitän, doch seine „ersterbende Stimme“ lässt auf die Brüchigkeit seines Versprechens, das Schiff bis zum Strand zu steuern, schließen. Letztlich erreichen sie den Strand, wobei das brennende Schiff weiter zerstört wird. Hier wird endlich klar, dass die Rettung erfolgreich verlaufen ist.
In einem kurzen Abschnitt wird von der Rettung berichtet. Es scheint einige Zeit nach der Ankunft zu sein, denn das Feuer ist bereits gelöscht und die Rettung aller, bis auf John Maynard ist erwiesen. Die letzten beiden Strophen berichten nun von der Beerdigung, die wohl einige Tage später erfolgt. Die Trauer unzähliger Menschen betont die heldenhafte Tat Maynards. Abschließend wird der Spruch auf dem Grabstein wiederholt und erneut mehrfach der Name John Maynard erwähnt.
Dieses Gedicht drückt nach einer wahren Begebenheit aus, welche Bedeutung ein einzelner Mensch für die Gesellschaft haben kann. John Maynard hat die Rettung aller ermöglicht und auf sein eigenes Leben verzichtet. Er hat Verantwortung getragen und durch sein bewusstes selbstloses Handeln die Menschen beruhigt und gerettet.