Roman: Irrungen, Wirrungen (1887)
Autor/in: Theodor FontaneEpoche: Realismus
Inhaltsangabe/Zusammenfassung, Szenen-Analyse und Interpretation
Im vorliegenden Auszug aus Theodor Fontanes Roman „Irrungen, Wirrungen” aus dem Jahre 1888 geht es um die Hochzeitstage von Botho und Käthe und ihr Gespräch auf der Rückfahrt. In der Analyse wird die Erzählweise und Sprache analysiert und eine Charakterisierung von Käthe vorgenommen.
Der adlige Botho von Rienäcker hat eine Beziehung mit der bürgerlichen Lene. Jedoch muss er eine Entscheidung zwischen Lene und der adligen Käthe von Sellenthin, seiner Cousine, treffen. Diese Entscheidung fällt Botho, nachdem er einen Brief von seiner Mutter bekommt. In diesem Brief wird die schlechte finanzielle Lage der Familie Rienäcker deutlich und es besteht die Gefahr, dass sie ihr Vermögen verlieren könnten. Um seine Familie vor dieser Gefahr zu retten, entscheidet Botho, sich von Lene zu trennen und Käthe zu heiraten. Er schreibt einen Brief an Lene und kündigt an, dass sie sich zum letzten Mal treffen werden. Dieser Auszug ist aus dem 16. Kapitel und kommt, nachdem Botho sich von Lene und Frau Nimptsch verabschiedet hat und Käthe heiratet. Sie sind auf ihren Hochzeitstage in Dresden und nach zwei Wochen kehren sie nach Berlin zurück. Auf der Rückfahrt reden sie über ihre Hochzeitstage. Botho und Käthe leben in der Nähe von Lene. Als Lene ihnen einmal entgegenkommt, wird sie ohnmächtig und entscheidet sich umzuziehen. Nach dem Umzug trifft sie den bürgerlichen Gideon Franke und heiratet ihn.
Der Auszug lässt sich in drei Abschnitte teilen. Im ersten Abschnitt (S. 108 Z. 30 bis S. 109 Z. 24) geht es um ihre Hochzeitstage in Dresden. Botho und Käthe genießen es in Dresden. Sie sind gut gelaunt und haben Spaß zusammen. Botho fängt an zu merken, dass Käthe an oberflächlichen und komischen Sachen interessiert ist und wird dadurch verlegen.
Anschließend (S. 109 Z. 24 bis S. 110 Z. 27) sind Botho und Käthe auf ihrer Rückfahrt nach Berlin und befinden sich in einem Gespräch. Botho fragt Käthe, was ihr am meisten in Dresden gefallen habe. Käthe erzählt von einem Speisemarkt, einem Theaterstück und von zwei Gemälden. Sie findet diese drei Sachen interessant, weil sie alle komisch sind. Botho stimmt ihr nicht ganz zu, aber sagt, dass Onkel Osten ihre Wahl nachvollziehen würde.
Zu guter Letzt (S. 110 Z. 28 bis S. 111 bis Z. 10) kommt ihr Gespräch zu Ende. Botho findet Käthe liebevoll, aber er hat ein unangenehmes Gefühl in seiner Seele. Käthe bekommt nichts davon mit und schließt die Augen und versucht zu schlafen, weil sie müde ist.
Dieser Auszug zeigt, dass Botho mit seiner Entscheidung, Käthe zu heiraten zufrieden ist. Jedoch findet er Käthe oberflächlich. Käthe ist eine fröhlich und aktive, aber naive Frau. Sie findet alles, was komisch ist, interessant. Sie ist in Botho verliebt und weiß nicht, dass er sie für oberflächlich hält.
Um diese Hypothese zu belegen, soll der vorliegende Auszug aspektorientiert analysiert werden. Dabei wird auf die Erzählweise und danach die Sprache eingegangen.
Der Erzähler wechselt in dem Auszug. Zuerst gibt es einen auktorialen Erzähler (S. 108 Z. 30 bis S. 109 Z. 28). Dies wird daran deutlich, dass der Erzähler die Vergangenheit kennt und Kommentare abgibt. Der Erzähler sagt „Botho […] lachte herzlich, bis sich […] etwas von Bedenken und selbst von Unbehagen in sein Lachen einzumischen begann” (S. 109 Z. 14ff). Damit wird deutlich, dass der Erzähler die Gedanken und Gefühle von Botho kennt. Die Leser können dadurch Bothos Gedanken nachvollziehen und sich mit ihm identifizieren. Dieses Zitat ist der Punkt, wo Botho anfängt, Käthes Verhalten zu kritisieren. Der Erzähler kommentiert Käthes Interessen und bezeichnet sie als „Klein und Komisch” (S. 109 Z. 19). Hier distanziert sich der Erzähler wieder von Käthe und der Leser identifiziert sich dadurch stärker mit Botho.
Darauf folgt ein neutraler Erzähler (S. 109 Z. 29 bis S. 110 Z. 27), weil sich die zwei Figuren in einem Gespräch befinden. Der Erzähler gibt nur das Gesagte und Geschehene wieder. Dadurch wird Käthes Charakter durch ihre Antworten deutlich.
Zuletzt gibt es wieder einen auktorialen Erzähler (S. 110 Z. 28 bis S. 111 Z. 10), mit der Ausnahme von dem kurzen Gespräch zwischen Botho und Käthe (S. 111 Z. 1-6). Hier werden Bothos Gefühle über Käthe wieder durch den Kommentar „so zärtlich und liebevoll er zu der jungen Frau hinübersah, doch einigermaßen ängstlich nachklang” (S. 110 Z. 29ff.) veranschaulicht. Botho findet Käthe lieb, aber ihre Interessen findet er oberflächlich und nicht tiefgründig. Ein weiterer Kommentar „sah […] nach dem geliebten Mann hinüber” (S. 111Z. 9ff) zeigt, dass Käthe Botho liebt und von seiner Bewertung ihres Charakters nichts weiß.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Erzähler viel mehr aus Bothos Sicht berichtet als aus der von Käthe. Diese führt zu einer Distanzierung von Käthe und einer Hervorhebung von Bothos Gefühlen und Urteilen.
Nachdem die Erzählweise analysiert wurde, soll jetzt die Sprache analysiert werden.
Botho ist mit seiner Entscheidung, Käthe zu heiraten zufrieden und teilweise fröhlich. Der Satz „üble Laune [schien sie] gar nicht zu kennen” (S. 109 Z. 5) zeigt, dass Botho auf seinen Hochzeitstagen mit Käthe fröhlich und glücklich ist. Die Verwendung der Phrase „gar nicht” verstärkt diese Aussage. Die schlechten Launen, die Botho nach seiner Trennung von Lene gehabt hat, sind vorbei und jetzt genießt er die Zeit mit Käthe. Botho „freute sich und lachte herzlich” (S. 109 Z. 14). Das verdeutlicht wieder die Tatsache, dass er mit seiner Entscheidung zufrieden ist, denn wenn er unzufrieden wäre, hätte er üble Laune und hätte sich nicht gefreut. Die Adjektive „zärtlich und liebevoll” (S. 110 Z. 29) benutzt der Erzähler, der Bothos Gedanken lesen kann, um Käthe zu beschreiben. Dabei wird klar, dass Botho auch die positiven Eigenschaften seiner Frau erkennt und würdigt.
Jedoch findet Botho Käthe oberflächlich und nimmt sie als Person wahr, die sich für unwichtige Sachen interessiert. Botho fragt Käthe, was sie am interessantesten in Dresden fand (vgl. S. 109 Z. 28f.). Darauf antwortet sie mit einer Wiederholung von dem Wort „komisch” (S. 110 Z. 16-18). Mit dem Wort komisch bezieht sie sich auf die Gemälde und das Theaterstück. Komisch ist nicht Wort, das man typischerweise benutzt, um Gemälde, Theaterstücke oder Speisemärkte zu beschreiben. Botho behauptet, dass Käthe einen eigenen Geschmack habe (vgl. S. 109 Z. 31) und, dass sie sich für Kirchengesang oder ein Gemälde von Hans Holbein nicht interessieren würde (vgl. S. 109 Z. 32f.). Daran wird klar, dass Botho sie nicht nur als eigenwillig betrachtet, sondern sie auch für oberflächlich und teilweise unkultiviert hält. Er wird sich seines Urteils sicher, nachdem sie mit „Da hast du Recht” (S. 109 Z. 34) antwortet. Durch die Charaktereigenschaften ist Botho „einigermaßen ängstlich” (S. 110 Z. 30). Man kann vermuten, dass Botho Käthe mit Lene vergleicht und deswegen hält er Käthe für oberflächlich, da er Lene ständig als tiefgründig beschrieb.
Käthe auf der anderen Seite ist eine sehr fröhliche und aktive Frau. Die Hyperbel1 „sie lachte den ganzen Tag” (S. 109 Z. 5) und der Vergleich „so leuchtend und hellblond sie war, so war auch ihr Wesen” (S. 109 Z. 6f.) zeigen, dass Käthe eine sorgenlose Frau ist, die ständig gut gelaunt ist und viel Spaß hat. Dadurch scheint sie auch als naiv, da es sehr unwahrscheinlich für eine Person ist, die ganze Zeit zu lachen. Ihre Lebhaftigkeit wird auch deutlich. Diese Lebhaftigkeit amüsiert andere Menschen und dadurch „gewann sie die heitre Seit” (S. 109 Z. 7) von denen ab. Käthe findet alles komisch. Auch ein Straßenname findet sie „zu komisch” (S. 111 Z. 6). Es wird deutlich, dass sie eher naiv ist, da sie alles mit einem Wort beschreibt, anstatt darüber richtig nachzudenken. Sie ist in Botho verliebt und „sah zwischen den Wimpern nach dem geliebten Mann hinüber” (S. 111 Z. 9f.). Sie freut sich mit ihm zusammen zu sein und genießt ihre Zeit mit ihm, aber dadurch, dass sie naiv ist, wird ihr durch seine Fragen und Kommentare nicht deutlich, dass er ihren Geschmack für unlogisch und oberflächlich hält.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Deutungshypothese für beide Figuren richtig ist. Botho versucht das Gute in Käthe zu sehen, aber er ist ständig mit ihrem Geschmack unzufrieden. Käthe auf der anderen Seite ist naiv und bekommt nichts von seinen Gefühlen mit.