Kurzgeschichte: Vera sitzt auf dem Balkon (1997)
Autor/in: Sibylle BergEpoche: Gegenwartsliteratur / Literatur der Postmoderne
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Die Kurzgeschichte „Vera sitzt auf dem Balkon“ von Sibylle Berg ist ein Beispiel für Kommunikationsprobleme zwischen Sender und Empfänger. Die Kurzgeschichte kann zum Anlass genommen werden, um im Unterricht mit Berücksichtigung des kommunikationstheoretischen Modells von Friedemann Schulz von Thun eine Kommunikationsanalyse durchzuführen. Das Modell von von Thun ist unter dem Namen Vier-Seiten-Modell, Vier-Ohren-Modell oder Nachrichten- bzw. Kommunikationsquadrat bekannt und es besteht aus 4 Aspekten oder Ebenen, nämlich der Sachebene (bzw. dem Sachinhalt), der Selbstoffenbarung, der Beziehungsebene und dem Appell.
Inhaltsangabe, Gedicht-Analyse und Interpretation
Kurzgeschichte von Sibylle Berg mit dem Titel „Vera sitzt auf dem Balkon“.
Der Text thematisiert eine Ehe, in der die liebevolle Zuwendung der Ehepartner verloren gegangen ist.
An einem warmen Sommerabend sitzt das Ehepaar auf dem Balkon. Vera möchte etwas Schönes unternehmen, doch Helge, ihr Ehemann, geht nicht auf die Anregungen ein. Enttäuscht zieht sie sich in die Küche zurück, wo sie sich um den Abwasch kümmert.
Vera:
– möchte am lauen Sommerabend etwas unternehmen und legt ihre Hand auf die ihres Ehemannes (Geste der Zärtlichkeit).
– steht widerwillig auf und wäscht enttäuscht und mit Groll Geschirr in der Küche ab.
– sieht aber keinen Grund die Ehe in Frage zu stellen.
Helge:
– sitzt biertrinkend und stumm auf dem Balkon neben seiner Frau und
– reagiert nicht auf die Worte seiner Ehefrau.
– weiß nichts mit den Gesten und Zuwendungen seiner Frau anzufangen.
Beziehung:
– Liebe, Zuwendung und Zärtlichkeit sind den beiden Ehepartnern verloren gegangen. Trotz Resignation möchten sie keine Veränderung, sondern reagieren nur mit Anpassung.
Die Sprache des Textes ist auf der einen Seite lapidar-sachlich („Helge trinkt Bier“ Z. 18f.). Auf der anderen Seite gibt es ironische Stellen, die das traurige Geschehen einer lieblosen Ehe etwas aufhellen („So eine Nacht ist eben eine Nacht. Die will gar nichts gemacht kriegen.“ Z .8f.). Es gibt auch sprachliche Wendungen, die Situationskomik ausdrücken („Da liebt sie dann so“ Z. 25).
Die Metapher1 („Die Luft fleischwarm…“ Z. 4) und die Personifikation2 („Der Himmel ist ein Verräter“ Z. 28f.) geben dem Text einen poetischen Anstrich.
Die Wiederholung („Helge trinkt Bier“ Z. 19f.) und die Ellipse3 („Ein Satz nur“ Z. 14) zeigen die Entfremdung der Ehepartner.
Die Erzählform ist die eines Er-Erzählers, die Erzählperspektive ist personal. Das Geschehen wird aus der Sicht von Vera erzählt, was auf den Leser bedrückend wirkt, weil man sich mit dieser enttäuschten Frau leicht identifizieren kann.
Der Text ist eine Kurzgeschichte mit offenem Anfang und offenem Ende. Er bietet nur einen Momentausschnitt aus der Ehe, der aber charakteristisch ist und zeigt, wie weit der Entfremdungsprozess zwischen den Eheleuten fortgeschritten ist.
Der Text zeigt sprachlich geschickt eine Momentaufnahme einer Ehe, in der keine Kommunikation zwischen den Ehepartnern stattfindet.
Bewusst lässt die Form der Kurzgeschichte (offener Anfang und offenes Ende) Interpretationsspielraum für den Leser.
Abschließend stellt sich mir die Frage: Wie kann einer erkalteten Beziehung begegnet werden?
Zum Beispiel durch die Erörterung alternativer Strategien:
– Ein Termin bei der Eheberatung
– einem schönen gemeinsamen Urlaub oder
– einer Trennung
-…