Roman: Schöne neue Welt / Brave New World (1932)
Autor/in: Aldous HuxleyEpoche: Gegenwartsliteratur / Literatur der Postmoderne
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Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Analyse des Romananfangs - Beschreibung einer Dystopie
In dem Roman „Schöne Neue Welt“, geschrieben von Aldous Huxley im Jahre 1932, präsentiert der Autor eine Zukunftsvision, in der die Individuen vollkommen glücklich scheinen, da sie durch Sex und Konsum befriedigt werden. Huxley nutzt schon den Anfang des Romans, um eine dystopische Stimmung zu kreieren und den Leser dazu anzuregen, die Weltstaatskonzepte kritisch zu hinterfragen. Dies wird im Folgenden näher erläutert.
Bereits auf der ersten Seite deutet Huxley die Unterdrückung der eigenen Meinungsbildung an. Huxley leitet den Leser mit dem Neologismus1 „CITY-BRÜTER UND KONDITIONIERUNGSCENTER“ (S.7) in den Weltstaat ein, was für den Leser ein Fremdwort ist. Er wird direkt mit etwas konfrontiert, was er noch nicht kennt. Ähnlich wie Bertolt Brecht mit seinem Epischen Theater nutzt Huxley hier einen Verfremdungseffekt, um den Leser wachsam zu halten und kritisch einzustimmen. Dazu konnotiert das Nomen „Konditionierung“ (S.7) Gewalt und psychische Außeneinwirkung, wodurch der Leser erst einmal geschockt ist. Diese „Konditionierung“ wird dem Leser dann auch auf der nächsten Seite aktiv und lebendig präsentiert: In dem Konditionierungscenter werden Studenten herumgeführt, welche „wann immer der große Mann sprach, eifrig kritzelten“ (S.8). Die Studenten werden bildlich wie eine Herde dargestellt, kollektiv und konditioniert. Wie Untertanen vertrauen sie voll und ganz dem „großen Mann“, welcher eine Autoritätsperson ist. Sie können sich nicht ihre eigene Meinung bilden, sondern sind dazu konditioniert, immer den Personen, welche in der Hierarchie höher stehen als sie, zu vertrauen. In einem demokratischen, modernen und westlichen Kontext scheint dem Leser dies vollkommen unethisch, wodurch der Weltstaat zu Anfang des Romans als Dystopie eingeführt wird.
Außerdem erzeugt Huxley durch ausführliche Beschreibungen eine unheimliche und düstere Stimmung. Diese stellt den monotonen und repetierenden Alltag des Weltstaates vor. Durch Schilderungen wie „ein grauer, gerade mal vierunddreißigstöckiger Klotz“ (S.7) wird eine gelangweilte Stimmung erzeugt. Der Leser stellt sich bildlich vor, wie trist und glattgebügelt diese Welt ist und dadurch auch ihre Gesellschaft sein muss. Auch Verwendung von Lichtsymbolik kreiert eine negative und erdrückende Stimmung: „Das Licht war gefroren, tot, ein Gespenst“ (S.7), „trotz des Sommers hinter den Scheiben“ (S.7). Hier weiht Huxley den Leser schon in eine Kontrastwelt ein, welche nach außen hin perfekt scheinen mag, ihre Gesellschaft jedoch unterdrückt und ihnen alle menschlichen Werte entzieht, symbolisiert durch das Nomen „Gespenst“. Auch die Adjektive „bleich“, „blank“ und „dürr“ entziehen der Beschreibung jegliche Wärme und Vertrautheit, wodurch der Leser sich eine kalte, monotone Welt vorstellt. Dies symbolisiert die fehlenden Liebe, da auch diese Emotionen durch den Weltstaat unterdrückt werden. Allein durch die Beschreibung der ersten Seite des Buches kann sich der Leser ein Bild einer erschreckenden Dystopie machen, welche trist und monoton scheint.
Dazu führt Huxley schon im ersten Kapitel die gewaltsame Exekutive des Weltstaates ein. Schon als Embryos werden die Individuen des Weltstaates kontrolliert: „Es geht nichts über Sauerstoffmangel, wenn man einen Embryo unterdurchschnittlich halten will“ (S.20). Das Verb „will“ demonstriert die starke Modalität und Entschlossenheit des Weltstaates. Selbst die Intelligenz der Individuen wird gemustert und schon vor der Geburt festgelegt. Ein Bürger des Weltstaates kann sich niemals entfalten oder gar weiterentwickeln, wodurch die extreme Kontrolle und Autorität des Staates konnotiert wird. Dazu kann der Weltstaat aus einem „einzigen Eierstock über fünfzehntausend Erwachsene gewinnen“ (S.13). Der Leser merkt, dass Liebe und Zuneigung in dieser Welt keine Rolle spielen, sondern Kinder durch eine Massenproduktion gewonnen werden, wie Produkte in einer Fabrik. Dies scheint ziemlich abartig und fremd. Der Staat greift gewaltsam ein und formt sich seine Gesellschaft so, wie er es möchte. Durch diesen ersten Einblick in die gewaltsame Exekutive des Weltstaates kreiert Huxley eine dystopische Stimmung.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Huxley durch erste Einblicke in die Unterdrückung der eigenen Meinungsbildung, durch triste Beschreibungen dieser monotonen Welt und durch die Demonstration der Kontrolle des Weltstaates eine dystopische Stimmung kreiert und den Leser dazu anregt, die Konzepte des Weltstaates auch im restlichen Roman kritisch zu hinterfragen.