Novelle: Schachnovelle (1938-1941)
Autor/in: Stefan ZweigEpoche: Literatur im Nationalsozialismus / Exilliteratur / Emigrantenliteratur
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Zwischen Schwarz und Weiss
Rezension
Die Schachnovelle wurde zwischen 1938 und 1941 von Stefan Zweig geschrieben, während dieser sich im Exil in Brasilien befand. Veröffentlicht wurde sie erst nach dem Tod des Schriftstellers im Jahr 1942. Wie der Titel schon erahnen lässt, ist die Schachnovelle in die literarische Gattung der Novelle einzuordnen. Der österreichische Autor schrieb sie unter den Einflüssen des Nationalsozialismus zur Zeit des zweiten Weltkriegs. Dies macht sich im ganzen Buch bemerkbar, da der Nationalsozialismus in der Handlung eine grosse Rolle spielt.
Die Novelle ist aus einer Rahmenhandlung und zwei Binnenhandlungen zusammengesetzt. Ein Ich-Erzähler, der im Geschehen aber nur eine Rolle im Hintergrund einnimmt, führt durch die Geschichte.
Die Rahmenhandlung spielt auf einem Kreuzfahrtschiff, auf welchem zwei geniale aber grundverschiedene Schachspieler aufeinandertreffen. Die beiden Binnenhandlungen sind je einem der beiden gewidmet, wobei der Fokus auf der Geschichte des Dr. B. liegt.
Dieser rettet ein grosses Vermögen vor den Nationalsozialisten, woraufhin die Gestapo ihn in Isolationshaft nimmt. Dort zerbricht er psychisch; weniger unter dem Druck, der die Gestapo durch die Haft auf ihn ausübt, als aufgrund des von ihm, um die psychische Folter zu überstehen, entwickelten Wahnsinns des Schachspiels gegen sich selbst.
Obwohl dem Werk eine nicht extrem spannende Handlung zugrunde liegt, schafft der Autor es äusserst gut, Spannung aufzubauen, welche einen auf eine besondere Art und Weise an die Geschichte fesselt. Trotz seinem eher nüchternen Schreibstil vermittelt der Autor dem Leser tiefe Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt von Dr. B., sodass dieser beginnt, mit dem Protagonisten mitzufiebern und mitzuleiden. Besonders die Leere in der Isolationshaft wurde durch einige ziemlich zähe Passagen für die Leserschaft sehr überzeugend dargestellt. Teilweise fühlte ich mich durch das Lesen selbst so leer, dass ich begann, Überlegungen anzustellen, wie man solch eine Haft am besten unbeschadet überstehen könnte. Der Wahnsinn von Dr. B.s Schachspiel gegen sich selbst und seine geistige Spaltung ist im Buch dagegen nicht ganz so nachvollziehbar beschrieben. Das liegt aber weniger an schlechter Arbeit des Autors, als an der Komplexität dieses inneren Konflikts, der an sich schon nicht greifbar nachzuvollziehen ist.
Durch die ganze Schachnovelle zieht sich ein schwarz-weiss kariertes Muster, wie das eines Schachbretts. Der Autor schafft es durch entweder sehr positive oder negative Beschreibung, jedem Charakter und jedem Teil der Geschichte etwas zu verleihen, das ihn entweder in schwarz oder weiss, gut oder böse, einteilen lässt. Der einzige, der sowohl schwarz, als auch weiss sein kann, ist Dr. B. Das erscheint auch logisch, da man Dr. B. vor der Isolationshaft wahrscheinlich durchaus als weiss hätte einstufen können, er danach aber psychisch gespalten war und somit auch mehrfach eingeteilt werden kann.
Der Leser braucht keine grossen Schachkenntnisse, um die gesamte Handlung zu verstehen, obschon sich das Strategiespiel wie eine Art roter Faden durch die Geschichte zieht. Die Schachnovelle vermittelt interessante Hintergrundinformationen zum Nationalsozialismus im Zusammenhang mit dem zweiten Weltkrieg.
Zweigs Schreibstil ist zwar sehr einfach und stellenweise gibt es viele Wiederholungen, die bewirken, dass das Buch ziemlich zäh zu lesen ist. Dies passt aber zur Geschichte und stört deshalb nicht weiter. Das Ende kam sehr abrupt und lässt viele Fragen offen, die zum Denken anregen.
Alles in allem ist die Schachnovelle ein sehr gelungenes Werk, welches viele Überlegungen und Fragen aufwirft und nur wenige Schwächen aufweist. Ab und an muss man sich aufgrund langatmiger Textpassagen etwas durchbeissen, was sich schliesslich aber lohnt. Lesenswert ist es auf jeden Fall für alle, die an Kriegsliteratur interessiert sind und Freude an Büchern, welche ernsthafte Themen behandeln, haben.