Roman: Ruhm (2009)
Autor/in: Daniel KehlmannEpoche: Gegenwartsliteratur / Literatur der Postmoderne
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Aufgabenstellung:
Schreibe eine Interpretation bezogen auf die Seiten 40-43. Gehe besonders auf Leo Richter und seine Beziehungen ein!
Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Die Aufgabe von Autoren ist es, Geschichten zu verfassen und Ideen für neue Werke zu sammeln. In dem Roman „Ruhm“, welcher 2010 veröffentlicht wurde, beschäftigt sich Daniel Kehlmann mit den Möglichkeiten der modernen Kommunikation, die durch Computer, Internet und Mobiltelefon ermöglicht wird. Hierbei treffen verschiedene Figuren aufeinander, vertauschen ihre Identität oder werden gänzlich vergessen. Eine dieser Figuren ist der sehr bekannte und zugleich berühmte Autor Leo Richter. Er gehört zu der Gruppe von Autoren, die weniger kreativ, jedoch sehr erfolgreich sind.
Er benutzt seine Freundin Elisabeth, die mit den psychischen Spätfolgen des Krieges belastet ist aus, um Ideen für seine Geschichte zu sammeln.
Leo Richter tritt das erste Mal zu Beginn des zweiten Kapitels auf, in der er die Rolle einer Hauptperson einnimmt. Er hat seit sechs Wochen ein Verhältnis zu einer Frau, die den Namen Elisabeth trägt und lange Zeit als freiwillige Helferin im Krieg geholfen hat, wodurch sie einige psychische Wunden aufweist.
Sie haben sich auf einer Party kennengelernt. In der Kurzgeschichte „In Gefahr“ möchte sie ihr Freund, der Buchautor Leo Richter, mit auf eine Vortragsreise nehmen. Sie nimmt das Angebot an und begleitet ihn auf seiner Flugreise, bei der sie ihm immer zur Seite steht.
Die vorliegende Textstelle beschreibt einen Dialog zwischen Leo Richter und Elisabeth, welcher in einem Hotelzimmer stattfindet. Leo Richter beklagt sich, dass er immer gefragt wird, woher er seine Ideen hat, was er langsam als störend empfindet. Er antwortet darauf immer, dass er seine Ideen in der Badewanne bekommt, womit die Menschen zufrieden sind. Der Hintergrund ist jedoch, dass er nicht zeigen möchte, dass er unkreativ ist und nur über Personen in seinem Umfeld schreibt. Außerdem erhält er die Nachricht, dass er im nächsten Monat nach Zentralasien reisen soll. Da er nicht gerne reist, möchte er eigentlich gar nicht dort hin. Als er dies Elisabeth erzählt, konfrontiert sie ihn mit ihren Anschuldigungen und baut eine gewisse Distanz zu ihm auf. Letztendlich will sie sich von ihm distanzieren, was ihr jedoch nicht gelingt.
Mit Hilfe der vorliegenden Textstelle kann man das Verhältnis zwischen Leo Richter und Elisabeth sehr gut interpretieren und analysieren. In einem Abschnitt wird Leo Richter gefragt, warum er überhaupt die Vortragsreise zugesagt hat (vgl. S. 41, Z. 2). Er weiß dies selbst nicht richtig. Dahinter steckt vermutlich, dass er keinen Mut hatte abzusagen. Er sagt selbst: „Man darf Gefahren nicht aus dem Weg gehen.“ (S. 41, Z. 4-5). Nach dieser Anmerkung erlebt Elisabeth einen Bewusstseinsstrom (S. 41, Z. 10-18). Hierbei wird das Personalpronomen1 „er“ besonders häufig als Stilmittel benutzt, was darauf deutet, dass Elisabeth nun mit der Wut auf Leo Richter beschäftigt ist. Dass Elisabeth wegen dieser Aussage einen Bewusstseinsstrom durchlebt hängt mit ihrer Vergangenheit zusammen. Sie ist emotional erschöpft durch die vielen schlimmen Ereignisse, denen sie im Krieg begegnet ist. Sie beschreibt daraufhin ihren Freund als unbeholfen und ängstlich: „(…) ohne Hilfe könne er sich nicht einmal die Schuhe zubinden (…)“ (S. 41, Z. 13-14).
Sie ist sehr verärgert, was sich an ihrer Bemerkung deutlich zeigt: „(…) sie halte das Gejammer nichtmehr aus!“ (S. 41, Z. 17-20). Zudem wird ihre Wut auf ihn noch durch das Ausrufezeichen verdeutlicht. Sie möchte aus dieser Situation entfliehen.
In ihrem Bewusstseinsstrom finden sich auch einige Nomen, die sich in ihrer Bedeutung deutlich unterscheiden: „Leben“ und „Gefahr“ (S. 41, Z. 12) und „Hilfe“ und „Gefahr“ (S. 41, Z12). Sie sind ein weiterer Indikator für die Unbeholfenheit von Leo Richter. Zudem wird die Distanz in ihrer Beziehung sichtbar. Zuvor haben sie noch nie Streit gehabt und sich verstanden (vgl. S. 41, Z. 10). Elisabeth möchte die Beziehung auf schnellstem Weg beenden. Die Suche nach dem Koffer soll das Ende der Beziehung symbolisieren (vgl. S. 41, Z. 23). Elisabeth gelingt es jedoch nicht die Beziehung zwischen ihr und Leo Richter aufzulösen. Sie merkt nicht, dass Leo Richter sich eigentlich gar nicht richtig für Elisabeth interessiert, sondern nur ausgenutzt und beobachtet wird, um später in einer seiner Geschichten vorzukommen (vgl. S. 40-41). Genau diese Situation wollte sie eigentlich verhindern! Elisabeth ist also mit einer „Marionette“ zu vergleichen. Ihr Freund Leo Richter beobachtet sie nur und holt sich Inspirationen für neue Werke. Alles andere an Elisabeth interessiert ihn nicht. Dies wird deutlich, als sie ihn fragt, warum er überhaupt für die Reise zugesagt hat. Er geht nicht richtig auf sie ein und meint, dass er es auch nicht weiß. (vgl. S. 41, Z. 1ff.)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Deutungshypothese bestätigt hat. Leo Richter ist sehr unkreativ im Hinblick auf die Ideen seiner Geschichten. Er schreibt nur über Personen aus seinem Umfeld. Zudem wird in der Textstelle deutlich, dass er Elisabeth ausnutzt und diese das erst viel zu spät bemerkt.
Im weiteren Verlauf des Romans tritt Elisabeth in „In Gefahr 2“ in Verbindung mit Lara Gaspard, die auch Ärztin ist wieder auf. Somit gelingt es Kehlmann die neun einzelnen Geschichten zu verbinden.