Drama: Das Parfum / Die Geschichte eines Mörders (1985)
Autor/in: Patrick SüskindEpoche: Gegenwartsliteratur / Literatur der Postmoderne
Der nachfolgende Interpretationsaufsatz bezieht sich auf das Gesamtwerk.
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Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
In dem Roman „Das Parfum“, geschrieben von Patrik Süskind im Jahre 1985, geht es um das Leben eines geruchlich sehr begabten Mannes, Jean-Baptiste Grenouille. Er wird im 18. Jahrhundert in Paris geboren und wächst dort ohne Eltern auf. Später zieht er in Frankreich herum und tötet dabei 26 junge Frauen. Aus den Gerüchen dieser Frauen stellt er ein extrem gut riechendes Parfum her, und bringt sich später in Paris um. Süskind will dem Tod und der Gewalt in seinem Roman das Handeln der Gesellschaft kritisieren. Dies wird im Folgenden näher erläutert.
Zunächst kritisiert Süskind das Handeln der Gesellschaft, indem er die Menschen als rücksichtslos und egoistisch darstellt. Grenouille, der Hauptcharakter, begeht einige Gewaltverbrechen im Laufe des Romans. Seinen ersten aus 26 Morden begeht er im Alter von 15 Jahren: „Sie war so starr vor Schreck, als sie ihn sah, daß er viel Zeit hatte, ihr seine Hände um den Hals zu legen“ (S. 56). Grenouille brachte das Mädchen nicht wegen ihres Aussehens oder wegen ihrer Persönlichkeit um, sondern wegen ihres Geruches. Um sein Ziel jedoch zu erreichen, und zwar um den Geruch des Mädchens in seinem Kopf abzuspeichern, schädigt er anderen Menschen: Er tötet das Mädchen und versetzt dessen Familie und Freunde in tiefste Trauer. Dies zeigt, dass Grenouille einzig und allein aus eigenem Interesse heraus agiert und keine Rücksicht auf die anderen Menschen nimmt. Süskind stellt Grenouille so dar, damit der Leser das Verhalten Grenouilles auf die Gesellschaft widerspiegeln kann. Im Grunde genommen will Süskind mit dem Handeln Grenouilles das Handeln der Menschen imitieren: Sie schaden anderen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen; sie sind rücksichtslos und egoistisch. Außerdem ist „Hände um den Hals legen“ ein verschönerte Umschreibung für das Begehen eines Mordes und deshalb ein Euphemismus1. Dieser Euphemismus soll zeigen, dass die Menschen auch ihre eigenen, gesellschaftsschädigenden Taten nicht einsehen und sie lieber verschönern und umschreiben.
Weiterhin kritisiert Süskind das Handeln der Gesellschaft, indem er zeigt, dass die Menschen kein Mitleid mit Außenseitern zeigen. Grenouille kommt nach der Festnahme und Hinrichtung seiner Mutter zu verschiedenen Ammen und schließlich in ein Waisenhaus der Madame Galliard. Dort „taten sich die älteren zusammen, um ihn zu ersticken. Sie häuften Lumpen und Decken und Stroh auf sein Gesicht und beschwerten das ganze mit Ziegeln. […] am nächsten Morgen […] war er […] aber nicht tot“ (S. 30). Die anderen Kinder haben Grenouille als Außenseiter aufgenommen und auch so behandelt. Weil er ihnen unheimlich gewesen ist, haben sie versucht ihn umzubringen. Das Leben in dem Waisenhaus soll das Leben in der Gesellschaft metaphorisch darstellen. Anstatt dass sie Kinder versuchen Grenouille mehr einzubeziehen, stoßen sie ihn noch weiter ab. Dies passiert auch, nach Süskinds Meinung, in der Gesellschaft: Außenseiter werden absichtlich vermieden oder bedrängt, sodass sie noch mehr zu Außenseitern werden. Das Wiederholen von „und“ in dem Zitat– Polysyndeton– soll weiterhin implizieren, wie sehr die Kinder, und deshalb auch die Gesellschaft versucht, Außenseiter abzustoßen oder gar auszuschalten.
Letztlich kritisiert Süskind das Handeln Gesellschaft, indem er die Menschen als leicht manipulierbar darstellt. Grenouille entwickelt ein Parfum aus den Gerüchen der Frauen, die er ermordet hat. Er trug dieses Parfum zu seiner geplanten öffentlichen Hinrichtung. Als er jedoch aus seinem Wagen aussteigt, glaubt das Publikum, bestehend aus zehntausend Menschen, dass „der kleine Mann im blauen Rock […] unmöglich ein Mörder sein [könne]“ (S. 299). Daraufhin feiert „das Volk […] darunter Väter, Mütter, Brüder, Schwestern seiner Opfer, ihm zu Ehren und in seinem Namen Orgien“ (S. 305). Das Parfum und dessen manipulative Wirkung auf die Menschen ist auch eine Form von psychischer Gewalt. Grenouille manipuliert die Menschen mit seinem Parfum, sodass sie ihn für völlig unschuldig halten. Nachdem er den Leuten seinen Willen, mit Gewalt, aufgezwungen hat, fangen sich diese jedoch an zu lieben. Dies ist eine Antithese2, da Gewalt in diesem Fall zu Liebe führt. Die Aufzählung „Väter, Mütter, Brüder, Schwestern seiner Opfer“ betont die extreme Wirkung dieses Parfums. Diese Menschen sind die Menschen, die Grenouille am meisten gehasst haben. Jetzt drehen sich dessen Gefühle in einer Weise, die niemand voraussehen hätte können. Dies betont nicht nur die starke Wirkung, aber auch wie manipulierbar und blind die Menschen sind. In diesem Fall sieht der Leser, was mit einem Tropfen dieses Parfums angerichtet wird, und er wundert sich, was mit einer Flasche passieren würde und was für fürchterliche Dinge er mit dieser Macht ausüben könnte. Dies ist alles hauptsächlich die Folge einer Sache: Die leichte Art, Menschen zu manipulieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Süskind mit dem Tod und der Gewalt in seinem Roman „Das Parfum“ die Gesellschaft kritisieren will. Er tut dies, indem er die Menschen als egoistisch und rücksichtslos sowie leicht manipulierbar darstellt. Außerdem kritisiert er die Gesellschaft indem er feststellt, dass die Menschen kein Mitleid mit Außenseitern zeigen, sondern sie weiter von der Gesellschaft abstoßen. Süskind benutzt Aufzählungen, zum Beispiel Polysyndeton, sowie Euphemismus und Bezügen zwischen Grenouille und der Gesellschaft um dies dem Leser zu überbringen und es zu betonen.