Drama: Andorra (1961)
Autor/in: Max FrischEpoche: Gegenwartsliteratur / Literatur der Postmoderne
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Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das Drama „Andorra“ (Jahr 1961) von Max Frisch thematisiert die Diskriminierung und Ausgrenzung von Minderheiten anhand der Figur Andri, welche von den Bewohnern eines fiktiven Landes für ein Juden gehalten wird und deshalb den Ausgrenzungen ausgesetzt ist.
Im vierten Bild kommt es zu Missverständnissen zwischen Andri und dem Doktor, da der Doktor während Andris Behandlung konsequent Vorurteile gegen Juden äußert, ihm aber nicht klar ist, dass Andri ein Jude ist. Nachdem Andri das Haus verlässt, und der Lehrer, der Doktor und der Mutter Gesellschaft leistet, kommt es zur direkten Auseinandersetzung. Der Lehrer möchte den typischen Andorraner nicht in die Nähe lassen, geschweige denn ihm die Kontrolle über das Leben seines Sohns geben, weil der Doktor die Behandlung rund um Andri mit Vorurteilen seiner Religion beschmutzt. Daraufhin wirft der Lehrer den Arzt aus seiner Wohnung, er wird fast handgreiflich und geht sehr respektlos mit der Autoritätsperson um. Später beim Esstisch erzählt Andri über die geplante Hochzeit zwischen ihm und Barblin, woraufhin der Lehrer schockiert und sprachlos reagiert, da er kein Inzest in der eigenen Familie haben will.
Im fünften Bild folgen die Auswirkungen auf den Lehrer durch das vorherige Gespräch mit Andri. Da der Lehrer nach der Konversation mit Andri überfordert ist, weil er nicht weiß, wie er allen die Wahrheit sagen soll, geht er in die Pinte. Dort flüchtet der Lehrer des Öfteren hin, um seine Sorgen „wegzutrinken“, weil er mit seiner Lebenslüge nicht zurechtkommt (vgl. S. 49, V. 5f.).
Dies zeichnet wiederum seinen Charakter aus; er flüchtet vor seiner Angst, möchte die Sorgen verdrängen und sieht ein, dass die Andorraner die Wahrheit über Andri nicht annehmen werden (vgl. S. 49, V10f.).
Die Konversation zwischen dem Lehrer und dem Wirt ist einseitig. Obwohl der Wirt nachfragt, was es Neues gibt, weiß er selbst, dass der Lehrer nur auf den Alkohol aus ist (vgl. S. 49, V. 4f.), weil man den Lehrer als zynischen, desinteressierten Menschen kennt. Dies erkennt man deutlich im vorherigen Bild (vgl. S. 42, V17f.).
Andernfalls kommt es in diesen Moment dazu, dass der Lehrer laut denkt, denn er wiederholt die Aussage: „Weil ich Jude bin!“ von Andri. Betont dies jedoch entsetzt und doch verzweifelt, weil er immer noch nicht fassen kann, was sein eigener Sohn behauptet (vgl. S. 49, V. 7). Dieses Denken greift zurück auf seine Gedankengänge nach der Auseinandersetzung mit Andri; er möchte sich ändern, aber fällt immer auf seinen alten Charakter zurück, welcher egoistisch ausgelegt ist, weil er zu seinem eigenen Vorteil, wegen seiner Angst und Feigheit, lügt (vgl. S. 49, V. 10).
Der Lehrer spricht im offengelegten Monolog, was den Jemand aufmerksam macht. In seinen Worten spiegelt sich immer auf dieselbe Weise seine Angst wider. Er bezeichnet die Wahrheit als unerreichbar (vgl. S. 49, V. 10f.).
Anscheinend möchte der Lehrer die Wahrheit trotz der Worte „Einmal werd‘ ich die Wahrheit sagen“ (S. 49, V. 9) nicht der Öffentlichkeit präsentieren, weil er ablehnend gegen Andri und den Andorranern ist (vgl. S. 49, V. 16f.). Aufgrund der ausgesetzten Vorurteile und den Missachtungen des falschen Verhaltens der Andorraner, sagt der Lehrer: „ich weiß, was ihr denkt, im Voraus“ (S. 49, V. 17f.).
Das spiegelt den Charakter des Jemand wider; „er“ weiß, in welchen Maß diese Faktoren in Andorra Auswirkungen haben werden (vgl. S. 49, V. 25f.).
Während der Jemand mitteilt, dass die Schwarzen wieder drohen, unterstützt er die korrekte Vorahnung der Andorraner siegessicher mit (vgl. S. 49, V. 25f.). Der Lehrer ist darüber überhaupt nicht erfreut und verlässt nun auch den einzigen Ort, an den er seine Sorgen flüchten lassen kann (vgl. S. 50, V. 4).
Zuletzt ist zu erwähnen, dass der Jemand erfreut darüber ist, dass Andri nicht mehr in der Pinte arbeitet, sodass keiner mehr die Orchestermusik hören muss (vgl. S. 50, V9ff.). Dies ist eine Andeutung auf seinen Tod, was ebenfalls die Vorahnung der Andorraner widerspiegelt (vgl. S. 50, V. 9ff.).
Die Funktion der Figur des „Jemand“ ist ausschlaggebend für das Dasein und Leben von Andri, da der Jemand alle Andorraner verkörpert. In diesem Sinne beeinträchtigt diese Nebenfigur nicht nur das Ende von Andri, sondern auch die Wirkung auf die Leser. Mit makaberen Aussagen wie „Sie drohen wieder“ (S. 49, V. 25.) dienen diese als Hinweise auf den Tod, weil alle Andorraner gewissenhaft und mit Zumutung eine Vorahnung haben, die sich auf Andris Tod beziehen. Doch dabei sehen die Andorraner keine Schuld bei sich (vgl. S. 50, V. 19).
Zusammengefasst kann man sagen, dass der Lehrer Can in einer ziemlichen Zwickmühle steckt. Er findet nun keinen Ort mehr, um seine Angst und Feigheit zu vertreiben. Entweder muss er nun die Wahrheit sagen oder es kommt zum einzigen Auslöser, den er selbst in die Hand nehmen kann: Suizid. Sein Selbstmitleid überträgt sich auf die Andorraner. Der Jemand bleibt zuversichtlich für seine Ansichten und deutet auf den Tod von Andri. Die zentrale Stelle hat nicht nur Auswirkungen auf Andris Leben, sondern auch auf die des Lehrers, wodurch es zwischen beiden Figuren zur Spannung kommt.