Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das Stadtgedicht „Augen in der Großstadt“ ist 1930 von Kurt Tucholsky geschrieben worden. Es handelt von dem Leben in der Stadt und den kurzen Augenblicken der Begegnungen. Das Gedicht soll die Einsamkeit in der Stadt zeigen und weist auf die Sehnsüchte der Menschen hin, die durch die beherrschende Zeitnot nur Wunschdenken bleiben.
Das Gedicht besteht aus drei Strophen. Die ersten beiden beinhalten zwölf Verse und die letzte 15 Verse. Kreuzreime und Paarreime dominieren das Reimschema und die ersten Verse der Strophen sind von einem Jambus bestimmt, allerdings kann das Metrum1 als unregelmäßig bezeichnet werden.
In der ersten Strophe schildert das lyrische Ich das Alltagsleben. Es werden die Arbeit und das mit Sorgen verbundene tägliche Leben gezeigt. In dieser Strophe erkennt man deutlich das einsame und monotone Leben in der Großstadt , das stark durch die Zeit geprägt wird. Die Zeitnot macht der Dichter durch den „frühen Morgen“ (V.2) deutlich, denn die Arbeit beginnt bereits zu früher Stunde. Darauf weisen außerdem die Sorgen hin (V.4), weil sie nicht näher erläutert werden, wozu nämlich die Zeit fehlt. Die Monotonie des Alltags wird zum Beispiel durch den Parallelismus im ersten und dritten Vers ausgedrückt. Man kann diese Aussage auch an der gleichmäßigen metrischen und rhythmischen Bewegung in den Versen eins bis acht festmachen. Die Einsamkeit zeigt der Dichter in der Ellipse2 von Vers acht bis zwölf. Inhaltlich wird sie direkt durch die kurzen Augenblicke, in denen man einem anderen Menschen begegnet, ihn aber sofort wieder aus den Augen verliert und nicht die Zeit aufbringen kann mit ihm ins Gespräch zu kommen, verdeutlicht (V.9-12). Er weist so auf die Einsamkeit hin und auf die Sehnsüchte nach zwischenmenschlichen Beziehungen. In der zweiten Strophe beschreibt der Dichter „dein“ Leben und von den Wegen und Begegnungen.
Bereits in den ersten Versen erkennt man wieder das Monotone: „Du gehst dein Leben lang auf tausend Straßen“ (V.1-2) zeigt die Alltäglichkeit dieser Situation. Mit den Versen drei bis acht verdeutlicht der Dichter erneut, dass die Einsamkeit den Alltag in der Stadt beherrscht, da Augenblicke der Begegnungen gleich wieder vergessen beziehungsweise vielleicht sogar durch die Zeitnot verdrängt werden. Am Ende (V.9-12) wird zum zweiten Mal durch die Wiederholung bestimmter Verse die Hoffnung nach Beziehungen zunichte gemacht. In der dritten Strophe wird konkret ein Ablauf einer der Begegnungen geschildert, die schließlich doch im Nichts enden. „Siehst einen Pulsschlag lang den fremden Andern“ (V.3-4) weist sogleich auf den einzigen kurzen Augenblick der Begegnung hin. Mit der Anapher3 „Es kann...“ (V.5-7) werden die Möglichkeiten, wer der Fremde für „dich“ sein kann, erläutert. Durch diese Verse werden die verschiedenen Sehnsüchte noch einmal auf den Punkt gebracht. Allerdings wird die dadurch entstandene Hoffnung in den folgenden Versen sofort zerschlagen, da durch die Zeitnot - „Er sieht hinüber“ aber „zieht vorüber“ (V.10) – wieder keine Konversation entstehen kann. In dem Schluss des Gedichtes (V.11-15) kann man erneut die Einsamkeit dadurch deuten, dass keine längere Begegnung entstehen konnte. Und so scheint es, dass der Lauf der Großstadt es einfach nicht zulässt, dass Sehnsüchte nach Gemeinsamkeit und Zeit erfüllt werden können.
Meine These hat sich in Bezug auf die Interpretation des Gedichtes bestätigt, welche mit ausreichenden Beweisen unterstützt wurde. Sowohl die Einsamkeit und Monotonie als auch die Sehnsüchte der Menschen nach Beziehungen sind zu erkennen. Der Einfluss der Stadt wirkt sehr stark auf die Gefühlswelt der dort lebenden Menschen.