Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Analyse Einleitung
1928 verfasste Erich Kästner das Gedicht: „Kennst du das Land, wo die Kanonen blühen“. Er kritisiert darin die kriegsaffirmative Einstellung der Deutschen Gesellschaft in der Weimarer Republik und die mit ihr einhergehende Literatur seiner Zeit.
Einordnung
Das Gedicht lässt sich in die Epoche der Neuen Sachlichkeit einordnen, und gehört damit zur Literatur der Weimarer Republik. Das Lyrische Ich wendet sich darin an die breite Masse der Bevölkerung, was typisch für Literatur der neuen Sachlichkeit ist. Die Realität wird ohne Übertreibungen beschrieben, und das Lyrische Ich hat die Absicht, eine Veränderung in der Gesellschaft anzuregen, und vor einer Wiederholung des Weltkrieges zu warnen. Die kriegsaffirmative Gesinnung der Gesellschaft, welche typisch für das vorangehende Wilhelminische Zeitalter ist, lässt auch in der Weimarer Republik noch als Hauptbestandteil in der Gesellschaft erkennen. Auf der anderen Seite steht die Weimarer Republik für eine sich verändernde Gesellschaft, durch die Emanzipierung und die Demokratisierung sind große Teile der Bevölkerung stark verunsichert und finden in der Gesellschaft keinen Halt mehr, was für die autoritäre und militaristische Erziehung spricht, da so versucht wurde, eine „Ordnung“ in die Bevölkerung zu bringen.
Zusammenfassung (Aspektorientiert)
Das Lyrische Ich beschreibt in dem Gedicht ein Land (offensichtlich Deutschland) in welchem alle Bevölkerungsschichten militaristisch gesinnt sind. Die Menschen zeigen blindes Gehorsam um befördert zu werden und selbst die Sexualität und Erziehung zielt nur darauf hinaus, aus den Jungen Soldaten zu machen und so das Militär zu stärken. Gleichzeitig werden Die Ressourcen und Möglichkeiten des Landes aufgezählt, um ein „glückliches“ und friedliches Land zu werden und es wird deutlich, dass es sowohl viele Ressourcen, wie auch gute Menschen in diesem Land gibt, und dass das Land alle Möglichkeiten hat, ein glückliches Land zu werden.
Struktur
Das Gedicht hält an einer klaren Struktur fest, alle 7 Strophen verfügen über exakt 4 Verse, welche ohne Ausnahme im Kreuzreim formuliert sind und so das Gefühl von Ordnung und Drill vermitteln, welche zur Zeit der Publikation geherrscht haben. Dabei äußert sich das Verhältnis von Vers und Satz sowohl im Haken- als auch im Zeilenstil1, wobei Enjambements2 überwiegen und ebenfalls zu einer klaren Strukturierung führen und somit der Intentionen des Lyrischen Ichs zuspielen. Das Versmaß ist überwiegend der Jambus, womit ein rhythmisches Vortragen des Gedichts ermöglicht wird und so die militaristischen, klar strukturierten Stimmung noch unterstreicht. Die Kadenzwechsel, welche in jeder Strophe vorhanden sind, weisen Parallelen mit Volksliedern auf, was das Gedicht für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich machen soll, und als Warnung gesehen werden kann.
Sprachliche Mittel
Der Text verwendet Zahlreiche Metaphern4, um zu beschreiben, wie alle Bevölkerungsschichten Deutschlands nur auf das Militär gerichtet ist. So etwa in Vers Erich Kästner „Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn?“, Vers 4 „in den Büros, als wären es Kasernen“, Vers 5 „Dort wachsen unterm Schlips Gefreitenknöpfe“ und Vers 13 -14 „Die Kinder kommen dort mit kleinen Sporen Und mit gezognem Scheitel auf die Welt“. Auch die Entindividualisierung wird metaphorisch thematisiert, so heißt es in Vers 7 „Gesichter hat man dort, doch keine Köpfe“. Die Wiederholung der, womöglich rhetorischen, Frage „kennst du das Land, wo die Kanonen blühn?“ (Vers 1, 27) und die darauf Folgende Antwort „Du kennst es nicht? Du wirst es kennenlernen!“ kann als Warnung verstanden werden, da Kästner den Krieg voraussagt, welcher nicht allzu viele Jahre später tatsächlich vom besagten Land ausging. Er warnt also womöglich auch die Bevölkerung der Länder, welche politisch gegen Deutschland stehen. Das Reimschema wird sich an vielen Stellen zunutze gemacht, um bedeutsame Subjektive mit einander zu verknüpfen, so etwa „[…]knöpfe“ (Vers 5) und „[…] Köpfe“ (Vers 7). Dieses Sprachliche Mittel setzt die Menschenköpfe, in welchen normalerweise Verstand und Gedanken vorhanden sein sollten, in Verbindung mit den Knöpfen, welche tot sind und weder denken, noch Entscheidungen treffen können. Die Aussage dieses versübergreifenden Sprachlichen Mittels ähnelt anderen, direkt formulierten, Aussagen im Gedicht wie etwa „Gesichter hat man dort, doch keine Köpfe“, und verstärkt somit dessen Wirkung beim Leser.
Textintention
Der Text kritisiert die militaristische Gesinnung der Weimarer Republik, welche auf das Wilhelminische Zeitalter zurückgeht. Er warnt vor einer Wiederholung des Weltkriegs. Gleichzeitig distanziert er sich von der kriegsaffirmativen Literatur (z. B. eines Walter Flex wie „Das Volk in Eisen“). Der Text sieht die vorhandenen Ressourcen und Möglichkeiten des Landes als eine Möglichkeit, ein friedliches und rechtschaffendes Land zu werden. Ebenfalls wird die nicht vorhandene Entwicklung in dem Land kritisiert, so heißt es in Vers 25 „Dort reift die Freiheit nicht. Dort bleibt sie Grün.“.
Literarische Wertung
Erich Kästners „Kennst du das Land, wo die Kanonen Blühn“ wendet sich klar gegen Texte wie etwa die eines Walter Flex, z. B. „Das Volk in Eisen“. Während in Flex Gedicht der Stolz auf den Krieg und den Kaiser im Vordergrund steht, zeigt Kästners Gedicht die Problematik dieser kriegsaffimativen Einstellung der Gesellschaft auf und warnt vor ihr. Dabei widersprechen sich die beiden Gedichte jedoch nicht direkt, an vielen Stellen bestätigt Kästner lediglich die Einstellung, welche in der Gesellschaft zur Zeit der Weimarer Republik herrscht und in Walter Flex Gedicht deutlich vertreten wird. Dabei zeigt sich in Kästners Text eine unverkennbare Distanz zu dieser Kriegsaffirmation. Er kritisiert also die in Flex Gedicht beschriebenen Zustände und bezieht sich auf eben diese Gesinnung.
Das Gedicht hat meiner Meinung nach noch eine Aktualität, da auch heute in vielen Ländern der Welt eine sehr militaristische und patriotische Gesinnung Vormachtstellungen hält. Länder wie Nordkorea, Russland oder die USA präsentieren regelmäßig deren ausgeprägte Waffen- und Militärmacht, was einer Drohung nahekommt und ebenfalls als ein „Aufblühen der Kanonen“ angesehen werden kann. Im Gegensatz zur Zeit der Veröffentlichung des Gedichts ist die Zerstörungskraft, welcher ein Weltkrieg aktuell innehat, immens gestiegen und könnte im Zweifelsfall sogar den Untergang der Menschheit bedeuten, was die Aktualität des Gedichts noch verstärkt.