Drama: Kabale und Liebe / Luise Millerin (1784)
Autor/in: Friedrich SchillerEpoche: Sturm und Drang / Geniezeit
Die Analyse der Szene bezieht sich auf das folgende Buch:
Friedrich Schiller Kabale und Liebe
Reclam XL
Text und Kontext
Die Analyse der Szene bezieht sich auf das folgende Buch:
Friedrich Schiller Kabale und Liebe
Reclam XL
Text und Kontext
Inhaltsangabe/Zusammenfassung, Szenen-Analyse und Interpretation
In dem bürgerlichen Trauerspiel „Kabale und Liebe“, welches im April 1784 in Frankfurt am Main uraufgeführt wurde, thematisiert Friedrich Schiller die problematische Liebe zwischen der bürgerlichen Musikertochter Luise Millerin und dem adligen Präsidentensohn Major Ferdinand von Walter. Durch das aufklärerische Gedankengut und die Betonung der Gefühle, vor allem durch Ferdinand, wird das Drama dem Sturm und Drang, zugeordnet. Die zweite Szene des zweiten Aktes besteht aus einem Dialog zwischen der Mätresse Lady Milford, welche der Präsidenten von Walter mit Ferdinand verheiraten möchte, und einem Kammerdiener. In der Szene geht es um den Soldatenhandel des Herzogs. Im folgenden werde ich analysieren, inwiefern das Wohl der Bevölkerung Lady Milford wichtig ist.
Lady Milford und ihre Kammerjungfer Sophie befinden sich in einem luxuriös ausgestattetem Zimmer in einem Palast des Herzogs für die Lady. In der vorherigen Szene schwärmt sie von Ferdinand und äußert ihre Abneigung gegenüber Adeligen, da diese für sie emotionslose Lügner sind.
In der vorliegenden Szene tritt ein Kammerdiener dazu um der Lady Schmuck zu bringen, woraufhin ein Dialog zwischen dem Diener und der Lady Milford entsteht. Das Gespräch stellst sich für sie als enthüllend dar, da der Diener von den Missständen in der Bevölkerung mit einer ihm persönlich betreffenden Geschichte berichtet. Erst dadurch wird Lady Milford aufgeklärt. Sie hat vor persönlich dem Diener zu helfen und ihn zu unterstützen.
Sophie und der dazu gekommene Kammerdiener sind beides Bedienstete und haben somit einen geringeren Status und sind Lady Milford untergeordnet. Anstatt ihnen Befehle zu erteilen, hört Lady Milford ihnen zu und beschäftigt sich mit dem was insbesondere der Diener sagt.
Sofort, nachdem die Lady den Schmuckkasten geöffnet hat, fragt sie den Diener nach dem Preis, da sie sehr erstaunt über das vermeidlich teure Geschenk ist (S. 31, Z. 28f). Die Antwort, dass die Edelsteine dem Herzog kein Geld gekostet haben, schockiert die Lady sehr und durch eine Aneinanderreihung von Ausrufen und Fragen (S. 31, Z. 32f) drückt sie ihre Ungläubigkeit aus.
Daraufhin erklärt der Kammerdiener, dass 7.000 Jungen und Männer nach Amerika geschickt worden sind und der Herzog mit diesem Handel die Kosten für den Schmuck deckt. Weinend beklagt er, dass auch seine Söhne unter den 7.000 Männern sind. Lady Milford reagiert darauf mitfühlend, sie ist immer noch schockiert. Ironisch berichtet er von dem Einzug der Männer (S. 31, Z. 13-21) und sagt, sie seien Freiwillige, wobei er durch die Ironie den Zwang ausdrückt. Auch seine Verzweiflung wird dabei dargestellt . Der Bericht entsetzt Lady Milford noch mehr, was mit ihrem wiederholten Ausruf „Gott!“ (S. 32, Z. 22) verdeutlicht wird.
In dem Paradoxon1 „und heulende Waisen dort einen lebendigen Vater verfolgen“ (S. 32, Z. 28f) wird die Brutalität des Einzugs der Soldaten gezeigt und auf die Zukunft der Kinder angespielt. Noch sind sie keine Waisen denn ihr Vater lebt noch, allerdings kann dieser im Krieg als Soldat fallen und sie damit zu Waisen machen. Als Paradoxon regt es zum nachdenken an.
Anschließend nennt der Diener mehrere Beispiele wie „und wie man Bräutigam und Braut mit Säbelhieben auseinanderriss“ (S. 32, Z. 31f) um die Verzweiflung der Menschen besser nachzustellen und verständlich zu machen und es so Lady Milford näher zu bringen. Auf diese Verdeutlichung des Dieners hin drückt sie mit der Metapher2 „Weg mit diesen Steinen – sie blitzen Höllenflammen in mein Herz.“ (S. 33, Z. 1f) ihren dadurch bereiteten Schmerz aus und macht ihm anschließend Hoffnung, dass seine Söhne wieder kommen. Dem stimmt der Diener zu.
Nachdem sie seinen Berichte vollständig angehört hat, fühlt sie sich, als gingen ihr die Augen auf (vgl. S. 33, Z. 13) womit sie aussagt, dass sie nun den Schrecken erkannt hat, von welchem sie vorher nicht wusste.
Als Lohn für den Bericht des Dieners wollte Lady Milford ihm Geld mitgeben, welches dieser ablehnt und geht. Da der Diener durch den Verlust seiner Söhne an Amerika leidet und viel Geld am Hof des Herzogs daher stammt, lehnt er dieses, für ihn „schmutzige“, Geld ab und verlässt Lady Milfords Saal.
Damit die Lady seine Söhne wiederbringen kann, schickt sie Sophie hinter hin hinterher um den Namen des Dieners zu erfahren und ordnet an, dass der Schmuck in Geld umgewandelt werden soll. Sophie weist sie auf die Gefahr hin, dass sie sich bei Adligen unbeliebt machen wird, doch Lady Milford ist es wichtiger dem Volk zu helfen als gut vor den Adligen dazustehen. Dies wird in einer weiteren Metapher „dass ich unter dem schrecklichen Geschirr solcher Tränen zu Boden sinke“ (S. 34, Z. 3f) deutlich, denn es sagt aus, dass sie stark unter deinem unglücklichen Volk leidet. Sophie kann die Ansichten der Lady nicht nachvollziehen, da sie den Luxus als sehr angenehm empfindet und sich nicht in das arme Volk hineinversetzt oder es ihr egal ist.
In der gesamten Szene findet man das Symbol des Schmucks wieder. Dieser symbolisiert Korruption am Hof. Der Herzog finanziert seinen luxuriösen Lebensstil zum Teil mit dem Soldatenhandel und erkauft sich mit diesem Geld alles. Das gilt nicht nur für den Herzog sondern auch für den Präsidenten und andere nicht im Buch erwähnte Adlige.
Besonders in dieser Szene stellt Schiller einen direkten Bezog zur damaligen Zeit her, in der Herzog Carl Eugen von Württemberg einen extravaganten Lebensstil lebt zu lasten der damaligen Bevölkerung. Mit seinem Soldatenhandel mit Amerika verdient er Geld und kann es sich leisten große Schlösser zu bauen, punktvolle Feste zu veranstalten und mehrere Mätressen zu haben. Neben dem Soldatenhandel litt das Volk auch durch hohe Steuern.
Als Vorlage von Lady Milford gilt die Mätresse Franziska zu Leutrum die später Reichsgräfin von Hohenheim genannt wurde. Lady Milford war die Hauptmätresse des Herzogs und hat viel Aufmerksamkeit und Geschenke von ihm erhalten.
Die Analyse der zweiten Szene hat durch die Art wie Lady Milford spricht (siehe Regieanweisungen und Inhalt) und sich ausdrückt ergeben, dass sie sich sehr um das Wohlergehen der Bevölkerung sorgt und auch kümmert, somit ist die Deutungshypothese bestätigt. Sie zeigt offen ihr Mitleid mit dem Kammerdiener. Nach den schlimmen Nachrichten des Dieners ist sie geschockt, was man an ihrer spontanen, unwillkürlichen Wortwahl sehen kann.
Lady Milford scheint im Allgemeinen ein sehr emotionaler und mitfühlender Charakter zu sein, im starken Gegenteil zu ihrer Kammerjungfer Sophie. Außerdem übt die Szene Kritik an dem Verhalten des Herzogs.
Für den Verlauf der Intrige ist die vorliegende Szene nicht bedeutsam, allerdings bringt sie dem Leser die Charaktere näher und zeigt Missstände der damalige Zeit auf und hat somit eine aufklärerische Wirkung.