Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Die Trennung von einem einst geliebten Menschen ist schwer zu verkraften. Vor allem wenn dabei auch Vertrauen und Treue verletzt werden.
Dieses Schicksal trifft auf das explizite lyrische Ich aus dem Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“ von Joseph von Eichendorff aus dem Jahre 1813. Das Gedicht fällt in die Epoche der Romantik.
Das lyrische Ich trauert seiner Beziehung nach. Seine Geliebte hat ihr Treueversprechen verletzt und es sucht nun nach Ablenkung als Spielmann oder Soldat. Zum Ende hin hat es mit Suizidgedanken zu kämpfen.
Das Gedicht verweist auf die Vergänglichkeit der Liebe und auf die Gefahr, in tiefste Trauer zu verfallen.
Es besteht aus 5 Strophen mit jeweils 4 Versen. Es ist im Kreuzreim verfasst und das Metrum1 ist permanent ein Jambus. Dass sich das Reimschema und Metrum nicht ändern, könnte für die Eintönigkeit des Lebens des lyrischen Ichs stehen, da es ohne seine Geliebte einsam ist. Die Kadenzen2 sind abwechselnd weiblich und männlich, was allgemein für zwischenmenschliche Beziehungen stehen könnte.
Das lyrische Ich befindet sich in einer „kühlen“ (V. 1) Umgebung. Dies assoziiert eine traurige Stimmung. In seiner Nähe „geht ein Mühlenrad“ (V. 2). Das Mühlenrad ist ein Symbol für den unaufhaltsamen Lauf der Zeit, da es sich ständig dreht und man die Zeit nicht zurückdrehen kann. So verbindet auch die Personifikation3 „gehen“ (V. 2), die so auch häufig bei Uhren verwendet wird, den Lauf der Zeit. In diesem traurigen Kontext erwähnt das lyrische Ich seine „Liebste“ (V. 3) zum ersten Mal. Das lässt darauf schließen, dass es sie mit negativen Ereignissen in Zusammenhang bringt. Die Bestätigung folgt mit der Kundgabe, dass sie „verschwunden“ (V. 3) ist, also ihn verlassen hat. Dies wird in Vers 4 mit der Vergangenheitsform „gewohnet hat“ (V. 4) erneut bestätigt.
Seine Geliebte verspricht ihm „Treu[e]“ (V. 5), was auf eine Ehe hindeutet. Ein weiteres Indiz dafür ist der „Ring“ (V. 6), der auch ein Symbol für Unendlichkeit ist. So soll auch die Ehe ein Bund auf Lebenszeit sein, was bei der beschriebenen Ehe nicht der Fall ist. Die „Treu[e] [ist] gebrochen“ (V. 7). Das Diminutiv4 „Ringlein“ (V. 8) steht für die Schwäche des ehelichen Bundes. Die extreme emotionale Situation des lyrischen Ichs wird mit der Hyperbel5, dass der „Ring[…] [entzwei] [springt]“ (V. 8) sehr bildlich beschrieben. Statt einsam zurück zu bleiben, möchte es die Flucht nach vorne antreten.
Es möchte „als Spielmann reisen“ (V. 9) was eine Antithese6 zu der in Strophe 1 beschriebenen traurigen Situation ist. Der Spielmann ist ein Symbol für Fröhlichkeit. Das Reisen steht für die Flucht aus der beschriebenen ausweglosen Situation. In Vers 10 wird das oben genannte Reisen genauer spezifiziert. Das lyrische Ich möchte „[w]eit in die Welt hinaus“ (V. 10). Mit dieser Klimax7 wird weiter verdeutlicht, dass es so weit wie möglich weg will. Außerdem sucht es Ablenkung durch „singen“ (V. 11) und „[von] Haus zu Haus [gehen]“ (V. 12). Diese Hausbesuche stehen auch für die Suche nach neuen sozialen Kontakten.
Im Jahre 1813 war daran, dass Menschen fliegen noch lange nicht zu denken. Trotzdem träumt das lyrische Ich davon, als „Reiter [zu] fliegen“ (V. 13). Dies beschreibt seinen Drang nach Freiheit und Abenteuer. Dieses Abenteuer wird als „die blut[i]ge Schlacht“ (V. 14) genauer beschreiben. Im Krieg sammelt man starke Eindrücke, die unangenehme Erinnerungen aus dem Gedächtnis verdrängen. In Vers 15 und 16 stellt es die positiven Aspekte des Krieges wie Kameradschaft und Lagerfeuerromatik (vgl. V. 15-16) in den Vordergrund. Aus diesen Gründen erscheint es ihm attraktiver in den Krieg zu ziehen, als einsam zu Hause zu verweilen.
In Vers 17 hört das lyrische Ich auf zu träumen und kehrt in die traurige Realität zurück, wo sich „das Mühlenrad“ (V. 17) als Symbol der Ausweglosigkeit weiterdreht. Es „weiß nicht, was [es] will“ (V. 18). Diese innere Unentschlossenheit zeigt das Fehlen von Zielen, was auf eine Depression hindeutet. Bestätigt wird diese in Vers 19, wo es den Wunsch äußert „am liebsten sterben [zu wollen]“ (V. 19). Es erträgt die wiederkehrenden Gedanken von Trennung und Verlust nicht mehr und möchte, dass das Mühlenrad als Symbol für diese stehen bleibt. „Da wärs auf einmal still.“ (V. 20)
Als Leser dieses Gedichtes bekommt man einen tiefen Einblick in die Gefühlswelt des lyrischen Ichs. Es fällt aufgrund der Trennung von einer geliebten Person in tiefe Trauer und findet keinen Ausweg aus dieser. Auch seine Träume in Strophe 3 und 4 schaffen es nicht, das lyrische Ich umzustimmen da es in Strophe 4 wieder seiner Trauer verfällt und sogar Suizid als Lösung in Betracht zieht.
Depressionen sind damals wie heute ein großes Problem, mit dem viele Menschen zu kämpfen haben. Ohne Professionelle Hilfe kann es passieren, dass sich ein depressiver Mensch selbst aufgibt und sein Leben beendet.