Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das romantische Gedicht „Abschied” von Joseph von Eichendorff wurde um 1800 verfasst und beschreibt den schmerzvollen Abschied eines lyrischen Ichs vom Wald.
Das lyrische Ich beschreibt seine Verbundenheit gegenüber der Natur und spricht die Schönheit, Kraft an. Gleichzeitig aber auch die Hektik und Oberflächlichkeit, die das Stadtleben widerspiegelt, und seine Abneigung ihm gegenüber.
Anfangs befindet sich das lyrische Ich im Wald und schwärmt von der Harmonie und Schönheit des Waldes. Die „geschäftge Welt“ (Z.6) wird als Gegensatz vom Wald abgegrenzt und ist „da draußen“ (Z. 5). Daraufhin wird das lyrische Ich nachdenklich und liest Worte vom „rechten Tun und Lieben“ (Z. 19) und dabei hat es die Erkenntnis, dass er den Wald verlassen muss.
Die Stimmung verändert sich von der Schwärmerei und Verliebtheit in die Nachdenklichkeit und Traurigkeit.
Das Gedicht besteht aus vier Strophen mit jeweils acht Versen. Vier Verse ergeben jeweils einen Satz. Bei dem Reimschema handelt es sich um Kreuzreime, wobei der erste und dritte Vers ein unreinen Kreuzreim (Höhen-Wehen) bilden. Das Gedicht ist durchgängig in einem Jambus verfasst.
Durch diese Regelmäßigkeit der Wiederholungen wird vom Aufbau her eine klare Linie vermittelt. Dieser regelmäßige Aufbau lässt das Gedicht sehr harmonisch wirken. Eigentlich vermutet man nach den ersten drei Versen, ein Gedicht über die Natur, findet aber große Kritik an der „geschäftge Welt“ (Z. 6) vor.
Die ersten zwei Verse beginnen mit einer Anapher1 in dem Ausruf „O Täler, o Höhen, o schöner, grüner Wald“, diese dreifache Wiederholung des „o“, leitet in die Schwärmerei des lyrischen Ichs gegenüber dem Wald ein. Durch diesen Ausruf, wird der Leser dahin gelenkt, dass man vermutet, das Hauptmotiv wäre die Natur.
Diese Ausrufe gehen über das Versende hinaus weiter, es ist also ein Enjambement2 vorhanden. Der Gedankenvorgang des Lesers wird mittendrin unterbrochen und die Aussage des Verses wird auf den nächsten Vers verteilt. Durch zusätzliche Zäsuren3 in Form von Kommata werden Sprechpausen erzwungen.
Des Weiteren ist eine Akkumulation in den ersten zwei Versen zu finden, da die Worte „Täler“, „Höhen“ und „Wald“, die Natur umschreiben. „Täler“ und „Höhen“ stellen eine Antithese4 dar.
Eichendorff macht durch die Antithese „Lust und Wehen“ (Z. 3) klar, dass das lyrische Ich schon alle Höhen und Tiefen durchlebt hat. Die Synthese ist somit der Wald.
Die Harmonie, die in den Ausrufen zu Tage kommt, ist nicht durchgängig. Die „geschäftge Welt“ (Z. 6), die in der Zeit von Eichendorff als die zunehmende Industrialisierung verstanden werden kann - zerstört das harmonische Weltbild. Der Kontrast, dass der Zustand der Welt nicht dem des makellosen Waldes entspricht, wird sichtbar. Die geschäftige Welt, die sich außerhalb des Waldes befindet, zeigt dem Leser, dass es sich um etwas Unbekanntes handelt.
In der ersten Strophe wird der Wald personifiziert. Das lyrische Ich spricht den Wald direkt an und bittet ihn den „Bogen um mich, du grünes Zelt“ (Z.7-8) zu schlagen. Der Wald wird somit als Zuflucht und als Schutzgebiet des lyrischen Ichs beschrieben.
Zusätzlich wird auch „die geschäftge Welt“ personifiziert, da sie „saust“ und „stets betrogen“ wird (Z. 6 und 7). Der Leser bekommt durch die Wortwahl einen negativen Eindruck von der Welt, die außerhalb des Waldes liegt.
Auch in der zweiten Strophe wird der Wald in seiner Schönheit am Morgen beschrieben. So schreibt Eichendorff „die Erde dampft und blinkt“ (Z. 10) und verwendet ein sprachliches Bild für einen nebligen Morgen. Die Felder sind mit Tau bedenkt und durch den Sonnenaufgang glitzern die Pflanzen. Diese Idylle des perfekten Morgens wird zusätzlich durch die Beschreibung der lustig schlagenden Vögeln (Z. 11) verstärkt. Der Gesang der Vögel ist wiederum ein typisch romantisches Motiv. Zusätzlich entsteht die Möglichkeit einen Neuanfangs durch ein solchen Morgen, indem man das „trübe Erdenleid“ (Z. 14) abschüttelt und kraftvoll in den Tag starten kann.
„Da mag vergehn, verwehen, das trübe Erdenleid, da sollst du auferstehen in junger Herrlichkeit“ (V. 13-16) zeigt den starke Zusammenhang mit dem Christentum auf. Das Leid welches „vergehn, verwehen“ (Z. 13) soll, wird mit der Auferstehung in Verbindung gebracht. Die Auferstehung ist ein kraftvolles Mittel, um den Neuanfang zu verdeutlichen. Die unglaubliche Kraft, die hinter der Metapher5 der Auferstehung steckt; es wird einem Totem neues, unzerstörbares Leben geschenkt, wird deutlich. Die Fokussierung auf die Religion ist auch ein romantisches Motiv, da man sich weg von der Rationalität hin zum überirdischen Glauben bewegt.
In der zweiten Strophe geht es nicht nur um den Wald, sondern mit Hilfe der Auferstehung wird ein Mensch angesprochen, der in „junger Herrlichkeit“ (Z. 16) auferstehen soll. Der Wald kann nicht auferstehen.
Auffällig in der zweiten Strophe ist, dass formell der Satz durch den Doppelpunkt in Vers 12 geteilt wird. Auch sind die Satzanfänge zu betrachten, so ist der erste und letzte Satzanfang unterschiedlich, alle anderen wiederholen sich im Anfangsbuchstaben.
Der erste Vers der zweiten Strophe, fängt mit „wenn“ an und beinhaltet also eine Bedingung. Die Verse 10-15 beschreiben die Situation des Tagens (vgl. Z. 9).
In Vers 16 ist die Stimmung auf dem Höhepunkt, die Herrlichkeit wird benannt. In Strophe 3 wendet sich aber das Blatt und die Stimmung kippt um, plötzlich verändert sich die Auswahl der Adjektive, so wird „still“ und „ernst“ in Zeile 18 verwendet. Die Stimmung des lyrischen Ichs hat sich gewandelt und die Grundstimmung kann als nachdenklich beschrieben werden.
Die ersten vier Verse der dritten Strophe sind im Präsens verfasst und beschreiben ein im Wald geschriebenes Wort. Das Wort kann als Buch vom Wald angesehen werden. Die zweite Hälfte der dritten Strophe handelt von der Situation, nachdem das lyrische Ich das Wort gelesen hat. Das lyrische Ich bekommt eine Erkenntnis, die durch die Adjektive „wahr“ und „klar“ den Eindruck verstärken, dass das lyrische Ich etwas Neues erfahren hat.
In der letzten Strophe wird die Konsequenz, die das lyrische Ich aus der neuen Erkenntnis zieht, sichtbar. Im Gegensatz zu der ersten Strophe spricht es nun von einem baldigen Abschied, deutlich wird es im Vers 25 „bald werd ich dich verlassen“. Wieder wird hier der Wald angesprochen.
Durch Erkenntnis den Wald verlassen zu müssen, zeichnet sich die Angst vor der Veränderung ab. Es spricht von der „Fremde“, wo die „bunt bewegten Gassen“, der Schauplatz des Lebens ist. In diesem Zuge spricht das lyrische Ich auch von dem Tod des Herzens (Z. 32), wobei die Vermutung nahe steht, dass nicht der physische Tod gemeint ist, sondern der Tod der Seele gemeint ist.
Eine zusammenfassende Deutung wäre möglicherweise, dass das lyrische Ich den Zustand der Einsamkeit im Wald gesucht und gefunden hat. Es aber, nachdem es das Wort gefunden hat, den Wald wieder verlassen muss, um in die Zivilisation zurückzukehren. Das lyrische Ich sehnt sich, bevor es geht nach, der Natur, die für Ruhe und Schutz steht.
Die Romantik lehnte die Wirklichkeit vehement ab. Im Gedicht von Eichendorff wäre die daraus resultierende Konsequenz eigentlich gewesen, dass das lyrische Ich alleine im Wald bleiben würde, also vor der Realität fliehen würde. Trotzdem muss es aufgrund der Entwicklung, die es durchlebt hat, zwangsläufig in die Stadt ziehen, obwohl es die Angst hat, deswegen innerlich zu sterben.
Die Kritik an der Industrialisierung wird auch deutlich durch die negative Beschreibung im Gedicht der „geschäftgen Welt“, dort wurden die Menschen nicht mehr als Individuen gesehen sondern nur als Werkzeuge um möglichst viel Profit zu erzielen.
Ein weiteres romantisches Motiv ist, dass die Religion eine wichtige Rolle spielte, dies spiegelt sich auch in dem Gedicht wider.