Inhaltsangabe/Zusammenfassung, Szenen-Analyse und Interpretation
In der Szene „Trüber Tag. Feld.“, ein Auszug aus der Tragödie „Faust I.“, verfasst von Johann Wolfgang von Goethe und erschienen 1808, kommt es zum Streitgespräch zwischen Mephistopheles und Faust, der die Schuld an Margaretes Gefangennahme Mephisto zuzuordnen ersucht.
Die Szene ist als unmittelbare Folge der Gretchenerscheinung der Walpurgisnacht einzuordnen. Faust, der mit Mephisto als seinem Diener versucht, irdisches Vergnügen zu erfahren, trifft nach der Einnahme eines Verjüngungstrankes in Hexenküche (V. 2337 – 2604) auf das aus dem Kleinbürgertum stammende Mädchen Margarete, das er mithilfe Mephistos verführt und anschließend mit ihr Geschlechtsverkehr hat. Als ihr Bruder davon erfährt, stellt er sich Faust, der ihn in einem Duell niederstreckt. Faust muss vor den Behörden aus der Stadt fliehen und hinterlässt die schwangere Margarete (jetzt Gretchen) ihrem Schicksal, die nun aufgrund der Scham, die ihr uneheliches Kind für sie bedeutet, (impliziert) Kindsmord begeht und folglich eingesperrt und verurteilt wird. Faust, den Mephisto in der Zwischenzeit in der Walpurgisnacht durch die Versuchung sexueller Begierde ablenken will, erscheint eine Vision Gretchens, die ihn an die Konsequenzen seiner Machenschaften erinnert und er darauffolgend in „Trüber Tag. Feld“ in ein Streitgespräch mit Mephisto gerät.
Faust beklagt Margaretes prekäre Situation und bezichtigt Mephisto der Schuld an ihrem Schicksal sowie der Boshaftigkeit seiner versuchten Ablenkung mit gleichzeitigem Verschweigen ihrer Situation. Mephisto entgegnet, dass Faust nicht ohne Mitschuld an der Misere sei. Faust beklagt die Verdorbenheit Mephistos und befiehlt ihm, Gretchen aus ihrem Schicksal zu befreien, Mephisto entgegnet, dass dies gefährlich sei, da die Behörden der Stadt nach Faust als Mörder fahndeten. Es stünde für ihn nicht im Bereich des Möglichen, sie eigenhändig zu befreien, er könne jedoch Faust bei der Rettung unterstützen. Folglich begeben sich Mephisto und Faust gemeinsam zu Gretchen. Die Szene bietet die Grundlage für das Finale der Tragödie, in dem Gretchen sich nicht von Mephisto und Faust „retten“ lässt, sondern ihre Rettung durch Gott erfährt (Kerker). Sie greift zudem die Schuldfrage auf, ob Faust oder Mephisto an den unglücklichen Schicksalswendungen in Gretchens Leben Schuld tragen und gibt überdies Auskunft bezüglich Fausts Sichtweise auf diesen Sachverhalt.
Faust ist in „Trüber Tag. Feld.“ außer sich vor Wut. Er ist furios, da er erkennt, dass Mephisto ihn in die Irre zu führen versucht hat. Sprachlich lässt sich dies anhand der etlichen Exclamatio („Im Elend! Verzweifelnd!“, V. 1) verbunden mit Wortwiederholungen („Bis dahin! dahin“, V. 3) (Versangabe Cornelsen Angabe, Prosa) beobachten. Insgesamt ist Faust in einer sehr emotional geladenen Stimmung, was sich auch damit belegen lässt, dass „Trüber Tag. Feld.“ als einzige Szene des „Faust I.“ in Prosa verfasst ist, ein typisches Merkmal der Epoche des Sturm und Drang, der ungebändigte und unsublimierte Sprache der Versform vorzog (Goethe hatte den „Urfaust“ in Prosa verfasst, „Trüber Tag. Feld.“ ist die einzige Szene der Tragödie, die nicht im Nachhinein versifiziert wurde). Er tituliert Mephisto äußerst negativ, um seiner Feindlichkeit gegenüber dem Teufel Ausdruck zu verleihen. Auch verwendet er animalische Begriffe, die Mephisto auf sein irdisches Treiben beschränken sollen. Dies lässt sich an Beschimpfungen wie „Hund! Und „Untier!“ beobachten (Z. 20). Zudem erkennt Faust Mephistos fälschliches Treiben, das der Ablenkung, das hier als „abgeschmachte[] Zerstreuungen“ (Z. 7) beschrieben wird. Mephisto antwortet kühl, beherrscht und ironisierend. Durch die simple Aussage „Sie ist die erste nicht“ (Z. 9) facht er Fausts Wut weiter an und stellt überdies seinen Standpunkt gegenüber Menschen klar, denn er behauptet, dass jenes Unglück schon bereits passiert sei und wieder passieren werde, da der Mensch in seiner Vergänglichkeit immer weiter existiere. Er macht sich zudem über den menschlichen Verstand lustig, da Faust seine eigene Mitschuld am Geschehen nicht erkennen wolle und nun „überschnappt“ (Z. 21). Durch rhetorische Fragen (vgl. Z. 22, 31) zeigt er deutlich auf, dass Faust seine Beteiligung an dem Unglück Gretchens verkennt und ironisiert seinen Charakter. Faust ruft zudem den Erdgeist an (vgl. Z. 24f.) und beklagt seine Situation, verklärt somit seine Mitschuld. Mephisto kritisiert des Menschen Unfähigkeit erneut („greifst du nach dem Donner?“, Z. 33) und bezeichnet Faust (bzw. generalisierend die Menschheit) als „Tyrannen“ (Z. 34). Das Streitgespräch beruht fast gänzlich auf erbosten Ausrufen Fausts, auf Mephisto mit Kalkül und Ironie antwortet. Das Verhältnis der beiden Personen ist somit komplementär, Mephisto behält die Oberhand und willigt am Ende der Szene ein, mit Faust Gretchen zu befreien (vgl. 43ff.).