Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das Gedicht „Die Beiden“ von Hugo von Hofmannsthal handelt dem ersten Eindruck nach von einer unerfüllten Liebe. Es besteht aus drei Strophen, wobei die ersten beiden je vier und die dritte sechs Verse beinhaltet.
Die Überschrift ergibt sich aus dem Inhalt der dritten Strophe, die inhaltlich die ersten beiden vereint. Der Sprecher des Gedichtes ist allwissend. Das Verhältnis des Satzbaus zur Versgrenze ist nicht ausgeglichen, denn der Autor verwendet meist Enjambements1.
In der ersten Strophe findet man zwei Paarreime (AABB), in der zweiten einen umarmenden Reim (ACCA).
Das Reimschema der dritten Strophe hingegen ist etwas komplexer aufgebaut: Ihr dritter und vierter Vers bilden einen unreinen Paarreim, der von einem Kreuzreim umarmt wird (ADEEAD).
Bis auf die Verse 6/7 und 10/14 mit je neun Silben, bestehen alle anderen aus jeweils acht. Das Metrum2 ist alternierend (Jambus), lediglich in Vers 7 findet ein Bruch statt.
Das zentrale Thema scheint die Liebe zweier Menschen zueinander zu sein und die Unmöglichkeit deren Erfüllung. Die erste Strophe handelt von der Frau, die zweite vom Mann, während in der dritten Strophe von beiden erzählt wird.
Der Autor verwendet einen relativ simplen Alltagssprachstil, Schlüsselwörter sind „Hand“, „leicht“ und „Becher“. Der Satzbau ist hypotaktisch, da jede einzelne Strophe einen einzigen Satz darstellt. Jedoch könnte man die Verse 1-6 rein grammatikalisch auch als eigenständige Sätze sehen, sodass diese dann parataktisch wären.
Am Ende jedes ersten Verses einer Strophe taucht die „Hand“ in Form einer Epipher auf und verleiht dem Gedicht somit eine gewisse Regelmäßigkeit.
Die erste Strophe handelt – wie bereits erwähnt - von einer verliebten Frau. Ihr Mund und das Kinn werden mit dem Becherrand verglichen (V.2), wobei hier zugleich eine Parenthese vorliegt.
Es lassen sich einige sprachliche Bilder finden, wie z. B. „kein Tropfen aus dem Becher sprang“ (V.4). Der Becher ist im übertragenen Sinne mit Liebe gefüllt, die nicht verloren geht, da die Frau leicht und sicher läuft, d. h. die Liebe ist für sie selbstverständlich.
In der zweiten Strophe wird der Mann beschreiben. Das Adjektiv „leicht“ wird hier wiederholt, sowie das Wort „fest“ (Vers 5), welches eine ähnliche Bedeutung, wie das zuvor genannte „sicher“ (Vers 3) hat. Somit werden Teile der ersten Strophe aufgegriffen, sodass sowohl eine formale als auch inhaltliche Verknüpfung entsteht.
In Vers 7 wird der Jambus kurzzeitig unterbrochen, was inhaltlich zur beschriebenen Nachlässigkeit des Mannes in diesem Moment passt.
Das Pferd, auf dem er reitet, steht auf Grund dieser Gebärde plötzlich zitternd. Hier deutet sich durch erzwingen und Zittern bereits das unglückliche Ende an.
Die dritte Strophe ist eine Art Zusammenführung der ersten beiden, denn hier treffen sich Mann und Frau, von denen zuvor die Rede war, offenbar.
Die zuvor beschriebene Leichtigkeit scheint plötzlich nicht mehr zu existieren, denn die beiden schaffen es nicht, dass ihre Hände (Vers 13), die die Verbundenheit darstellen, sich berühren, um eine Verbindung zu schaffen, da beide zu sehr zittern. Somit kann der, die Liebe symbolisierende, Becher nicht weitergereicht werden. Das Zittern könnte als Nervosität gedeutet werden. Das hier genutzte Adjektiv „schwer“ (Vers 11) steht im direkten Gegensatz zum zuvor mehrmals verwendeten „leicht“.
In dieser dritten Strophe findet man zahlreiche sprachliche Verzahnungen, wie die Alliteration3 „beide bebten“ (Vers 12) und den Binnenreim „Hand- fand“ (Vers 13). In „bebten“ findet man das zuvorige Zittern des Pferdes wieder, wobei offen bleibt, ob das Zittern des Pferdes und der Liebenden in Zusammenhang stehen.
Dadurch, dass die beiden es nicht schaffen, den Becher, der mit Liebe gefüllt ist, zu halten, fällt dieser zu Boden, sodass sein Inhalt verschüttet wird. Wörtlich wird dieser Inhalt mit „dunkler Wein“ bezeichnet, jedoch assoziiert man diese Farbe automatisch zum einen mit Liebe, da sie wie dunkler Wein es ist, durch Rot symbolisiert wird, zum anderen aber auch mit Blut, was insofern passen würde, als dass es sich um eine Verletzung im übertragenen Sinne handelt - zumindest eine seelische in Form von Liebeskummer.
Die zuvor scheinbar so innig ineinander Verliebten scheitern also daran, ihre Liebe anzunehmen (Mann) bzw. zu vergeben (Frau). Im Laufe des Gedichtes findet eine Entwicklung statt, von der anfänglich so starken und entschlossenen Liebe (z. B. Vers 3 „leicht und sicher“), bis hin zu deren Scheitern (z. B. Vers 11 „war es beiden allzu schwer“), bevor eine Beziehung überhaupt entstehen konnte.