Gedicht: Im Nebel / Seltsam, im Nebel zu wandern (1906)
Autor/in: Hermann HesseEpoche: Symbolismus
Strophen: 4, Verse: 16
Verse pro Strophe: 1-4, 2-4, 3-4, 4-4
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt und kann daher nicht angezeigt werden.
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Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das Gedicht „im Nebel“, 1906 verfasst von Hermann Hesse, beschreibt das einsame Umherirren des lyrischen Ichs im Nebel.
Das Gedicht ist in vier Strophen mit je vier Versen aufgeteilt.
In der ersten Strophe wandert das lyrische Ich im Nebel umher und findet es befremdlich, denn durch die eingeschränkte Sichtweise fühlt es sich allein.
In der zweiten Strophe beschreibt es sein früheres Leben, in dem noch kein Nebel war, und erklärt, dass der Nebel es von diesem Leben abgetrennt hat und es seine Freunde aus den Augen verlor.
Die dritte Strophe besagt, dass man keine Weisheit erlange, wenn man nicht auch die Schattenseiten des Lebens kenne.
Die vierte Strophe ist ähnlich wie die erste, also das lyrische Ich wandert immer noch einsam im Nebel, welcher weniger auf den Nebel in der Natur als auf ein Menschenleben zu beziehen ist.
Die vier Strophen haben als Reimschema alle den Kreuzreim abab, was noch einmal das stetige Umherirren und Wandern des lyrischen Ichs verdeutlicht. Es setzt immer einen Fuß vor den anderen, was im ständigen Wechsel des Reims aufgegriffen wird.
Es gibt kein festes Metrum1, das durchgehalten wird, sondern es ist sehr wechselhaft, was auch zum lyrischen Ich passt, denn es hat keine wirkliche Orientierung oder einen festen Halt im Leben, wie zum Beispiel Freunde.
Der erste Vers bildet einen Parallelismus und gleichzeitig eine Anapher2 zu Vers 13 (Vv. 1 13: „seltsam, im Nebel zu wandern!“), was diese Aussage betont und durch das ganze Gedicht führt. Der dritte Vers bildet ebenfalls einen Parallelismus zu Vers 15 (V. 3: „Kein Baum sieht den andern“, V. 15: „Kein Mensch kennt den andern“) und auch hier wird so die Aussage betont und zudem beinhaltet sie eine kleine thematische Veränderung, denn wie auch der Titel den Eindruck vermittelt, so vermittelt auch die erste Strophe den Eindruck eines Nebels in der Natur, was durch Wörter wie „wandern“ (V. 1), „Busch und Stein“ (V. 2) und „Baum“ (V. 3) hervorgerufen wird. Nun verändert sich dieser Eindruck im Laufe des Gedichts, der Nebel wird schließlich als Metapher3 gedeutet, die sich auf ein Menschenleben bezieht und nicht auf eine Naturerfahrung.
Vers 4 und Vers 16 bilden wieder einen Parallelismus und eine Anapher (Vv.4 16: „Jeder ist allein“), die beide Strophen abschließt und vor allem das Wort „allein“ betont. Es thematisiert das Gedicht sehr gut und ist eine Grundaussage, mit der das Gedicht beginnt und endet.
Der Nebel wird als wirkende Kraft dargestellt, denn er fällt auf das lyrische Ich und seine Umgebung und isoliert es von allem anderen und seinem vorherigen lichterfüllten Leben mit vielen Freunden (Vv. 5 6; Vv.11 12). Dennoch sagt das lyrische Ich in der dritten Strophe, dass man ohne Isolation und schlechte Erfahrungen nicht weise sein kann (Vv.9 10: „Wahrlich, keiner ist Weise,/ Der nicht das Dunkel kennt“). Hier wird das Substantiv „Dunkel“ verwendet und es ist nicht klar, ob hiermit der Nebel, die Isolation oder irgendeine andere schlechte Erfahrung gemeint ist. Aber man kann sagen, dass eine schlechte Erfahrung und eine andere Sicht auf die Dinge einem helfen, sich über manches klar zu werden und auch vielleicht zu erkennen, was man vorher hatte, aber vielleicht als selbstverständlich wahrgenommen hatte und nie das ganze Wunder, zum Beispiel der Freundschaft, begriff.
Die Stimmung des Gedichts ist sehr gedrückt und resigniert, was durch Adjektive und Substantive wie „einsam“ (V. 2), „Einsamsein“ (V. 14) und „allein“ (Vv.4 16) deutlich wird. Es wird auch deutlich durch die Beschreibung des Nebels als „unentrinnbar“ (V. 11) und „leise“ (V. 11). Der Nebel, der „fällt“ (V. 7) und „trennt“ (V. 12), sorgt für eine drückende Atmosphäre. Zudem ist der häufige Gebrauch von Verneinungsformen wie „kein“ (Vv.3 15) und „keiner“ (Vv.8 9) auffällig, was die negative Betrachtungsweise des lyrischen Ichs verdeutlicht. Die negative Stimmung wird nur in der zweiten Strophe in den Versen 5 und 6 durchbrochen (V. 5: „Voll von Freunden“, V. 6: „Leben licht“). „Leben licht“ ist zudem eine Alliteration4, die den Einklang im früheren Leben betont.
Alles in allem kann man das Gedicht so interpretieren, dass das lyrische Ich aus seinem glücklichen Leben durch den Nebel herausgelöst und isoliert wurde. Dieser Nebel lässt viele Deutungsmöglichkeiten zu, die sich der Leser selber denken und sich so besser in das lyrische Ich hineinversetzen kann, denn man hat keinen festgelegten äußeren Rahmen gegeben.
Das lyrische Ich irrt also im Nebel umher und ist fast gänzlich von ihm eingeschlossen. Es empfindet die Situation als befremdlich und seltsam, versucht trotz der überwiegend negativen Sichtweise jedoch positive Schlüsse daraus zu ziehen, indem es die These aufstellt, dass man das Dunkel kennen müsse um weise zu sein. So macht es sich selber ein wenig Mut, nachdem es sich an sein altes Leben erinnert hat. Jedoch verfällt es am Ende wieder der Ausweglosigkeit und Resignation des anfangs. Es wandert weiter allein umher, mit der Feststellung, dass das Leben einsam ist und kein Mensch den anderen kennt, denn man ist in sich selbst wie im Nebel eingeschlossen und kann nicht zu den ganzen Gefühlen und Gedanken eines anderen Menschen durchdringen. So zieht es für sich den Schluss, dass jeder allein ist und man sich nur auf sich selbst verlassen kann. Das lyrische Ich verspürt eine innere Leere und den unerfüllten Wunsch nach Liebe und einem gefestigten Leben.