Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das zu analysierende Gedicht „Herbstentschluß“ wurde 1833 von Nikolaus Lenau veröffentlicht. Es behandelt den Herbst und den Wunsch nach Einsamkeit und Besinnung in der Natur. Das Gedicht lässt sich der Epoche der Romantik zuordnen. Das Gedicht besteht aus sieben Strophen mit jeweils vier Versen. Das Reimschema des Gedichts ist regelmäßig, es liegt ein Kreuzreim vor. Das Reimschema ist also abab cdcd efef Gogh ijij klkl mnmn.
Das Gedicht lässt sich, neben der Gliederung in Strophen, in zwei Sinnesabschnitte gliedern. Der erste Sinnesabschnitt umfasst die ersten drei Strophen. In diesem tätigt das lyrische Ich eine Beschreibung der herbstlichen Natur. Der zweite Abschnitt, welcher die übrigen vier Strophen umfasst, stellt einen Monolog des lyrischen Sprechers dar, der an sein Herz, sein Innerstes gerichtet ist. Der lyrische Sprecher beschreibt, dass sein Herz schon zu häufig verletzt wurde oder sich selbst Schaden zugefügt habe. Dies resultierte in dem Wunsch nach Einsamkeit, die bis zum Tode andauern soll.
Betrachten wir nun die einzelnen Abschnitte genauer. Der erste Abschnitt beschreibt die Situation im Herbst genauer. Der Herbst wird in Strophe eins mit trüben „Wolken, Herbstesluft“ (V. 1) und „Welke[m] Laub“ (V. 3) sowie dem Fehlen von Vogelgesang charakterisiert. Was zunächst als negativ aufgefasst werden könnte, wird vom lyrischen Ich mit dem Ausruf „Ach wie stille! wie verlasen!“ (V. 4) verdeutlicht.
In der zweiten Strophe wird nun der Winter erwartet welcher „Todeskühl“ (V. 5) naht, Das Voranschreiten des Herbstes und das damit verbundene Fehlen der Blätter wird mit der Frage „Wo sind, Wälder, eure Wonnen?“ (V. 6) und dem abgeernteten Weizen, hier also Fluren, „eurer vollen Saat / Goldne Wellen“ (V. 7) verdeutlicht. Das Nahen des Winters, das Verkürzen der Tage und der beginnende Abend werden in der dritten Strophe beschrieben. Diese Phänomene werden durch die Beschreibung „[e]s ist worden kühl und spät, / Nebel auf der Wiese weidet“ (V. 10f.) deutlich. Die Haine werden durch den unaufhaltsamen Prozess öder, was das Gefühl von Heimweh ankommen lässt.
Nach der dritten Strophe folgt der Wechsel von der passiven Beschreibung zum Monolog des lyrischen Ichs.
Das lyrische Ich frag sein Herz, ob es auch den Klang von Wasserfällen hören täte (vgl. V. 13f.). Es erkennt, vermutlich durch das Voranschreiten des Jahres, dass er sich mit seinem Herz unterhalten, das heißt über seine Gefühle sprechen sollte.
In der folgenden Strophe spricht das lyrische Ich wieder sein Herz an, was durch den anaphorischen Satzanfang „Herz“ (V. 13; V. 17) deutlich wird. Der lyrische Sprecher beschreibt, dass das Herz sich häufig selbst und anderen Schaden zugefügt habe, da es geliebt und gehofft habe (vgl. V. 17ff.). Um dieses Erzeugen und Erfahren von Schmerzen zu verhindern, will der lyrische Sprecher wandern und reisen gehen. Diese Absicht wird durch den Ausruf „[n]un ist’s aus, wir müssen wandern!“ (V. 20) deutlich.
Die letzten beiden Strophen beschreiben das Reisevorhaben genauer. Der Fazitcharakter dieser beiden Strophen wird dadurch deutlich, dass jeweils die ersten und letzten beiden Verse der Strophe durch Enjambements1 verbunden sind. Das lyrische Ich will sein Herz „schließen und verwahren“ (V. 22), um so mögliche Erfahrungen des Leids zu verhindern. Die Ungewissheit, die die Reise mit sich bringt, wird durch die beiden letzten Verse der sechsten Strophe verdeutlicht , so wird beschrieben, dass „[d]raußen […] ein linder West / [o]der Sturm vorüberfahren [mag]“ (V. 23f.). Hier wird ein starker Kontrast zwischen einem „linde[n] West“ (V. 23), also einem leichten Westwind und einem „Sturm“ (V. 24) hervorgerufen. Das lyrische Ich verschließt sein Herz also gegen jegliche Art von Hindernis, egal ob groß oder klein.
In der letzten Strophe wird ein großer Wunsch seitens des lyrischen Ichs deutlich. Es wünscht sich den „letzten Gang/[s]chweigsam […] und alleine [zu gehen]“ (V. 25f.). Der letzte Gang könnte als nahendes Lebensende oder die letzte Abenteuerfahrt des lyrischen Ichs gedeutet werden. Das lyrische Ich geht sogar noch weiter und führt aus, dass selbst an seinem Grab „[n]iemand als der Regen weine!“ (V. 28). Hier wird deutlich, wie groß der Wunsch nach Einsamkeit und auch die in der fünften Strophe beschriebenen Verletzungen sein müssen.
Abschließend kann also gesagt werden, dass der lyrische Sprecher das Reisen und auch die Natur als Rückzugsort ansieht, welcher zwar einige Gefahren birgt, seinem Innersten jedoch keinen weiteren Schaden zufügen kann. So gesehen hegt das lyrische Ich einen Wunsch nach Einsamkeit.
Das Gedicht lässt sich klar er Epoche der Romantik zuschreiben, was durch Entstehungszeit, den Bezug zur Natur, die Erfüllung in dieser und auch den Wunsch nach Einsamkeit deutlich.