Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Auf der Welt gibt es sehr viele Religionen, die alle mehr oder weniger unterschiedlich sind. Auf der Suche nach der wahren Religion wurden schon viele Kriege geführt und somit oft gegen die eigenen Vorsätze verstoßen. Letztendlich hat aber jeder einzelne die Wahl, was er glaubt und was nicht.
Auch das Drama „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing aus dem Jahre 1779 handelt von der Frage nach der einzig wahren Religion.
Im Mittelpunkt dieses Dramas steht die Ringparabel. Mit dieser antwortet Nathan auf die Frage des Sultans, welche Religion die richtige sei.
Ein Vater von drei Söhnen soll nach Familientradition demjenigen seinen Ring vererben, den er am liebsten hat. Der Ring soll den Träger mächtig und beliebt machen. Da der Vater alle drei Söhne aber gleich liebt, lässt er zwei identische Nachbildungen anfertigen. Auf den Tod des Vaters folgt ein Streit zwischen den Brüdern, wer den echten Ring besitzt. Da niemand den echten Ring identifizieren kann, entscheidet der Richter, dass jeder seinen Ring für echt halten soll. Die Kraft des Ringes wird zeigen, welcher der Echte ist.
Aber welche ist denn nun die einzig wahre Religion?
Zum Anfang der Parabel wird „ein Mann in Osten“ (Z. 1911) erwähnt. Da im Osten die Sonne aufgeht und die Sonne ein Symbol für Aufklärung ist, wird hier die Epoche und der Zweck des Stücks verdeutlicht.
Der Mann besitzt „einen Ring von unschätzbarem Wert“ (Z. 1912). Dieser steht für eine Ur-Religion, aus der später weitere entstehen können.
Auf dem Ring befindet sich „ein Opal, der hundert schöne Farben spielt[.]“ (Z. 1914), der für eine Lebensbereicherung, die durch Glaube entstehen kann, steht.
Außerdem soll der Ring „die geheime Kraft [haben], vor Gott Und Menschen angenehm zu machen“ (Z. 1915-1916). Diese Kraft steht für die Nächstenliebe, da diese Beliebtheit nur mit ihr zu erreichen ist.
Der Ring soll immer „[o]hn‘ Ansehn der Geburt“ (Z. 1926) also nicht wie üblich an den Erstgeborenen, sondern an den geliebtesten Sohn vererbt werden.
Der gewählte Nachfolger wird damit zum „Fürst des Hauses“ (Z. 1927), also zum Herrscher.
Der „Vater“ (Z. 1930) steht als Prophet der Ur-Religion, da er zu diesem Zeitpunkt Besitzer des einzigen Ringes ist und von seiner Macht Gebrauch macht.
Da der Vater alle Söhne gleich liebt, lässt er seinen Ring bei „einem Künstler“ (Z. 1945) duplizieren. Dieser Künstler steht für Gott, da nur er in der Lage ist, die Fälschungen so perfekt zu machen, dass „selbst der Vater seinen Musterring [n]icht unterscheiden“ (Z. 1951-1952) kann.
Der Streit der Söhne, wer den echten Ring besitzt (vgl. Z. 1961-62), steht für die Glaubenskriege um die richtige Religion, bei der die Parteien nicht merken, dass sie eigentlich für das Gleiche kämpfen.
Der „Richter“ (Z. 1994), der entscheiden soll, welcher Ring der echte ist, steht für eine aufgeklärte Person, die sich für eine Religion entscheiden soll, aber keine Unterschiede feststellen kann.
Zum Ende hin verdeutlicht der Richter, dass unter den Ringen keine Unterschiede festzustellen sind (vgl. Z. 2024-2025, 2034-2035) und jeder seiner „[v]on Vorurteilen freie® Liebe“ (Z. 2042) folgen soll.
Zum Schluss ist also keine Religion die einzig wahre, sondern alle sind gleich da sie alle aus der Ur- Religion entstanden sind. Man kann mit jeder Religion glücklich sein (also die Macht des Ringes haben) wenn man die Regel der Nächstenliebe befolgt. Schlussendlich ist nicht die Religion entscheidend, sondern wie man sie auslebt.