Aufgabe: Literarischer Vergleich zwischen Remarques „Im Westen nichts Neues“ und Köppens „Heeresbericht“
Inhaltsangabe, Vergleich und Interpretation
Der Roman Im Westen nichts Neues von Erich Maria Remarque und der Romanauszug aus dem Heeresbericht von Edlef Köppen zeigen häufig Gemeinsamkeiten auf, sie unterscheiden sich aber auch in einigen Bereichen deutlich. Fest steht aber; Beide Werke vermitteln ein stark negatives Bild des 1. Weltkrieges und betonen die Sinnlosigkeit und die Folge der Isolation nach Kriegsende.
Der Heeresbericht schildert die Kriegserlebnisse des Kriegsfreiwilligen Adolf Reisiger und enthält autobiografische Elemente von der Kriegsteilnahme über den Aufstieg zum Leutnant bis hin zur Einlieferung in die Irrenanstalt. Das Werk zählt zu den Collagenromanen, da es neben der fiktiven Geschichte auch Gedichten Reisigers und Quellenmaterial wie Zeitungsberichte und Gefechtsvorschriften enthält, das unkommentiert zwischen den einzelnen Episoden eingefügt wird und die Erlebnisse des Protagonisten unterstreicht, ergänzt oder ihnen widerspricht. Die Dokumente ermöglichen eine Perspektivenvielfalt, bei der es sowohl objektive Berichte als auch subjektive Gedanken des Protagonisten gibt.
Dies stellt zu Im Westen nichts Neues einen Kontrast dar, da Remarques Werk eine zusammenhängende Handlung besitzt, die zwar ebenfalls in Form einzelner Episoden, aber durchgehend aus der Sicht des Soldaten Paul Bäumers geschildert wird.
In beiden Romanen wird aber eine bestimmte Sicht auf den Krieg vermittelt und eine bestimmte Position gegenüber dem Kriegsgeschehen eingenommen. Köppens Heeresbericht soll durch das Quellenmaterial zwar objektiv wirken und eine Allgemeingültigkeit verdeutlichen, jedoch wird durch die Auswahl der einzelnen Dokumente nur ein kleiner Teil der Wirklichkeit abgebildet.
Die Rahmenhandlungen sind sehr ähnlich, da sie vom Kriegsalltag zweier Kriegsfreiwilliger und Situationen wie Angriffen, dem Tod und Kameradschaft erzählen. Die Bedeutung der Kameradschaft wird in Remarques Roman aber mehr hervorgehoben und mehreren Soldaten, der Gruppe von Klassenkameraden um Paul Bäumer, werden markante Charaktereigenschaften zugeordnet. Die Figurenkonstellationen sind grundsätzlich ähnlich; Ein kleiner Kreis einiger wichtiger Soldatenfreunde um den Protagonisten.
In der Sprache und dem Satzbau lassen sich ebenfalls viele Gemeinsamkeiten feststellen. Im größten Teil von Im Westen nichts Neues und in den fiktiven Texten vom Heeresbericht lassen sich stichwortartige, abgebrochene oder grammatikalisch unvollständige Sätze finden, welche das Durcheinander und die Hektik im Krieg verdeutlichen. Die wenigen aber sehr treffenden Adjektive stellen die Handlungen anschaulich dar. In Remarques Roman werden aber auch häufig ironische oder sarkastische Ausdrücke verwendet, ebenso lyrische und bildliche Passagen.
Beide versuchen die Situation der Soldaten in ihrer prägnanten Wortwahl und dem Satzbau widerzuspiegeln.
Eine zentrale Rolle spielen die Protagonisten Paul Bäumer und Adolf Reisiger, bei denen sich ebenfalls Gemeinsamkeiten und Unterschiede feststellen lassen. Sie kommen als einfache, unerfahrene, freiwillige Soldaten in den Krieg. Paul ist anschließend sofort an der Front. Er hat direkt teil an der Brutalität und sieht, welchen Schaden er selbst dem Gegner zufügt. Auch wenn er gerade nicht an der Front ist, wird er trotzdem häufiger als Reisiger mit dem Tod seiner Freunde und Kameraden konfrontiert. Bäumer baut einen Selbstschutz auf, indem er aufhört über Kriegserlebnisse und Schuld nachzudenken und sein Handeln zu hinterfragen. Nur in einer einzigen Situation, als er direkt das Leid des von ihm getöteten Franzosen miterlebt versagt Bäumers Selbstschutz, er hinterfragt seine Handlungen und in ihm läuft ein Erkenntnisprozess ab, der aber sofort nach Ende der Szene keinen weiteren Einfluss auf sein Handeln hat. Der Prozess sorgte nur kurzzeitig für eine andere Haltung gegenüber dem Krieg.
Reisiger wird als Artillerist beim Bedienen von Geschützen geschildert, und somit wird er seltener mit den Folgen, den seine Waffe anrichtet, konfrontiert als Bäumer. Er beginnt ebenfalls den Grund für sein Handeln zu hinterfragen und versucht die Frage nach der Schuld zu klären, weshalb auch beim ihm ein Erkenntnisprozess abläuft und er anschließend den Krieg als Mord identifiziert. Es führt nicht nur zu einem veränderten Denken, sondern auch zu einer Entwicklung im Handeln; Reisiger ist aufbäumend und er verweigert schließlich die Kriegsteilnahme.
Bei beiden führt also anfängliche Kriegsbegeisterung nach einem Bewusstwerden zu einer Desillusionierung, zu einer veränderten Kriegswahrnehmung und einem anderen Feindbild. Die Gegner werden zu Beginn beider Romane als Abstraktum in Im Westen nichts Neues dargestellt, die nur auf ihre Waffen reduziert werden. Im Heeresbericht werden sie durch Ausdrücke wie Mauern, Riesen aus der Unterwelt oder wilde Tiere charakterisiert, und erst gegen Ende erkennen die Protagonisten die Menschlichkeit in ihnen.
Beide scheitern am Ende, Paul stirbt als letzter seiner Kompanie, nachdem er bereits resignierte und apathisch2 handelte und Reisiger wird in die Nervenheilanstalt eingeliefert und verbringt dort eine Zeit in völliger Isolation. Diese Situationen zeigen, dass es auch nach Ende des Kriegsdienstes keinen Weg zurück in ein normales Leben in ihrer Heimat gibt. Das ist bereits ein Kritikpunkt am Krieg der Autoren.
Remarque kritisiert außerdem die Zerstörung einer ganzen Generation und die Perspektivlosigkeit für die jungen Soldaten, Köppen entlarvt den Krieg als Verbrechen und Mord und weist sich selbst die Schuld für den Tod vieler Soldaten zu.
Die Romane Im Westen nichts Neues und Heeresbericht zeigen in den untersuchten Bereichen viele Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede auf und verarbeiten die Kriegserlebnisse in verschiedenen Darstellungen. Doch beide betonen immer wieder und sehr facettenreich die Sinnlosigkeit des Krieges.