Drama: Emilia Galotti (1772)
Autor/in: Gotthold Ephraim LessingEpoche: Aufklärung
Inhaltsangabe/Zusammenfassung, Szenen-Analyse und Interpretation
Das bürgerliche Trauerspiel „Emilia Galotti“, verfasst von Gotthold Ephraim Lessing im Jahre 1772, in der Epoche der Aufklärung, handelt von Hettore Gonzaga, dem Prinzen von Guastalla, der ein unstillbares Begehren für die schöne, bürgerliche Emilia Galotti entwickelt und alles darum gibt, sie zu der Seinen zu machen.
In dem vierten Auftritt des zweiten Aufzuges erfolgt ein Ortswechsel zum Hause der Galottis. Dort führen Odoardo und Claudia Galotti, die Eltern von Emilia, ein Streitgespräch, in dem sie ihre gegensätzlichen Standpunkte zu Emilias Erziehung, ihren Zukunftsplänen mit ihrem zukünftigen Ehemann, dem Grafen Appiani und zu ihrem Verhältnis zum Prinzen zu verstehen geben.
Emilia, um die sich das Gespräch dreht, befindet sich derzeitig in der Messe.
Vorhergehend hatte Angelo, ein Verbrecher und früherer Bekannter Pirros, diesen über die Hochzeit ausgefragt.
Pirro, der als Bediensteter bei den Galottis angestellt ist, erzählte ihm wann und mit wie viel Begleitung die Hochzeitskutsche fahren würde, zudem erläuterte er auf Angelos Nachfrage hin, dass es die Equipage des Prinzen sei.
Die Szene verläuft lediglich in einem Dialog zwischen den zwei Protagonisten und Pirro, dessen Sprechanteil bei einem einzigen Satz liegt. Die Szene endet als Odoardo sich vor einem Wutausbruch zurückhalten muss und daraufhin von dannen zieht.
Die Szene lässt sich in vier Sinnabschnitte teilen.
Im ersten Abschnitt (Z. 5 -10) äußert Odoardo, der für den Tag von Emilias Hochzeit zurück an den Hof gekehrt war, Bedenken, da seine Tochter in seinen Augen nun schon zu lange in der Messe ist.
Im zweiten Abschnitt (Z. 10-22) tun die Eltern Emilias ihre Standpunkte zur bevorstehenden Hochzeit ihrer Tochter und zu deren Zukunftsplänen mit dem Grafen Appiani kund.
Aus diesen verschiedenen Ansichten heraus entwickelt sich in Zeile 23 eine Diskussion über die grundlegende Erziehung Emilias.
Diese endet mit dem Beginn der nächsten Seite (S. 22), auf der das Gespräch zunächst kurz unterbrochen wird. Weiterführend unterrichtet Claudia ihren Mann darüber, dass der Prinz ihre Tochter gesehen hätte und das Gespräch verläuft in einer Darlegung der verschiedenen Ansichten zum Prinzen.
Die Szene endet in einem kurzen Monolog Odoardos (Z. 30-38), in dem er sich zurückhalten muss, nicht in Wut auszubrechen, in die ihn der Gedanke an den Prinzen versetzt.
Die zu analysierende Szene beginnt mit Odoardo, der Bedenken äußert, da Emilia nun schon lange in der Messe ist, er sagt, sie bliebe ihm zu lang aus (Vgl. Z. 5). Jedoch wird er, noch bevor er den Satz zu Ende sprechen kann (Vgl. Z. 5), von seiner Frau unterbrochen, die ihn mit den Worten „Noch einen Augenblick, Odoardo!” (Z. 6) zum Bleiben bewegt, da es Emilia „schmerzen [würde] [s]eines Anblicks so zu verfehlen“ (Z. 6-7). Da ihre Eltern aufgrund von Meinungsverschiedenheiten getrennt leben, sieht Emilia ihren Vater nicht allzu oft.
Aus diesem Grund möchte Claudia, dass Emilia ihren Vater noch sieht, bevor er wieder geht, da sie andernfalls traurig darüber wäre, Odoardo nicht gesehen zu haben.
Doch Odoardo verdeutlicht seinen Zeitdruck, er sagt, er müsse noch bei dem Grafen einsprechen (Vgl. Z. 8). In Bezug darauf, gibt er zu verstehen, wie sehr er sich auf die Hochzeit mit dem Grafen Appiani freut. Er sagt, er könne es kaum erwarten, diesen würdigen jungen Mann seinen Sohn zu nennen (Vgl. z. 9-10), und er sei vollends entzückt von ihm (Vgl. Z. 10).
Doch nicht nur die Person des Grafen entzückt ihn, vor allem dessen Entschluss mit Emilia auf das Land zu ziehen, macht ihn überaus glücklich (Vgl. Z. 11-12).
Claudia hingegen ist alles andere als erfreut über dieses Vorhaben, sie hätte Emilia lieber in ihrer Nähe (Vgl. Z. 13-14).
Ihr Mann erwidert, dass seine Frau ihr eigenes Glück nicht mit dem ihrer Tochter vermengen solle (Vgl. Z. 16), da er der Ansicht ist, dass Emilia auf dem Land glücklicher wäre. Mit den Worten „du möchtest meinen alten Argwohn erneuern“ (Z. 17) gibt er zu verstehen, dass er und Claudia nicht zum ersten Mal darüber diskutieren, ob es Emilia besser täte, auf dem Land zu wohnen. Odoardo führt aus, dass er dieser Ansicht sei, Claudia hingegen aber die Stadt und vor allem die Nähe des Hofes für Emilia bevorzuge (Vgl. Z. 17-22). Auch wirft er Claudia vor, dass sie und Emilia ihn verlassen hätten, um sich in der Stadt niederzulassen, obwohl er die beiden so innig liebe (Vgl. Z. 20-22).
Claudia gibt zu verstehen, dass sie den Vorwurf ihres Mannes ungerecht fände (Vgl. Z. 23), da ihre Tochter in der Stadt ja ihren zukünftigen Gatten kennengelernt hätte (Vgl. Z. 23-28).
Zudem appelliert sie an Odoardos „strenge Tugend“ (Z. 25), die sie offensichtlich nicht zu verstehen vermag.
Doch Odoardo erwidert, Claudia und Emilia hätten nichts als Glück gehabt, dass es trotz der Stadterziehung so abgelaufen sei (Vgl. Z. 30-35). Weiterführend erklärt er, dass er versteht, warum der Graf nicht weiter in der Stadt bleiben, sondern mit seiner künftigen Ehefrau aufs Land gehen wollte. Er sagt dem Grafen nach, dass er lieber sein eigener Herr wäre, als sich dem Prinzen unterzuordnen und diesem zu dienen, wie es in der Stadt erwartet werden würde (Z. 35 - S. 22, Z. 1).
Als Odoardo Galotti den Namen seines Bediensteten ruft (Vgl. Z. 2) und dieser herbeieilt, wird das Gespräch zwischen ihm und seiner Frau kurz unterbrochen. Er trägt Piero auf sein Pferd zu holen (Vgl. Z. 4) und wendet sich wieder an Claudia, der er unterbreitet, dass der Prinz ihn hasst (Vgl. Z. 9).
Doch Claudia gibt zu verstehen, dass sie sich damit nicht allzu sicher wäre. In einer rhetorischen Frage, „habe ich dir schon gesagt, dass der Prinz unsere Tochter gesehen hat?“ (Z. 12-13), teilt sie Odoardo beiläufig mit, dass der von ihm verhasste Prinz ihre Tochter getroffen hatte. Dieser fragt entsetzt über diese Aussage nach, wo die beiden sich denn gesehen hätten (Vgl. Z. 14) und gibt offensichtlich zu verstehen, dass er im Prinzen eine Bedrohung sieht.
Claudia erklärt es ihm munter und führt aus, dass der Prinz sich gegen Emilia so gnädig bezeigte (Vgl. Z. 16-17). Odoardo unterbricht Claudia mit der Repetitio1 ihrer letzten Worte? (Vgl. Z. 18).
Claudia berichtet, dass Hettore sich lange mit Emilia unterhielt und wird erneut von ihrem Mann unterbrochen. Das Ganze wiederholt sich sowohl als sie schwärmerisch erzählt, dass der Prinz von ihrer Munterkeit und ihrem Witze bezaubert gewesen wäre, als auch, als sie betont, mit wie vielen Lobeserhebungen der Prinz von Guastalla von ihrer Emilia Galotti gesprochen hätte (Vgl. Z. 19-26).
Während Claudia immer noch davon schwärmt, dass ihre Tochter so gut beim Adel ankommt, reagiert Odoardo fassungslos. Ausfallend fragt er seine Frau, warum sie dies alles in einem Tone der Entzückung verkünden könne und wirft ihr vor, sie sei eine eitle, törichte Mutter (Vgl. 26-27).
Das Gespräch endet, als Emilias Vater sich in einem Monolog zu beruhigen versucht. Er betrachtet den Prinzen als „Wolllüstling“ (Z. 32), der versucht seine Tochter herumzukriegen, was ihn als Vater in rasende Wut versetzt. Odoardo sieht sich ebenfalls hintergangen von seiner Frau, da sie ihm diese Neuigkeiten nicht sofort gemeldet hat (Vgl. Z. 34-35).
Doch Emilias Vater schafft es noch, die Fassung zurück zu erlangen und nicht komplett auszurasten, obwohl er jenes gern würde. Indem er seine Frau bei der Hand nimmt (Vgl. Regieanweisung Z. 36), gibt er ihr zu verstehen, dass er ihr heute, am Tag der Hochzeit ihrer Tochter nichts Unangenehmes sagen möchte, er jenes jedoch würde, wenn er länger bliebe (Vgl. Z. 37 -39). Mit diesen Worten geht Odoardo hinfort und lässt Claudia Galotti allein zurück.
Die Szene gibt einige Einblicke in Emilias Vergangenheit, in dem ihre Eltern über ihre bevorzugten Erziehungsmethoden diskutieren. Zudem lässt sie auf die Charaktere der Eltern Galotti und ihre Ansichten zu dem Grafen Appiani schließen.
Entscheidend für den weiteren Verlauf des Dramas ist jedoch vorrangig der letzte Teil des Gesprächs, denn dieser gibt Aufschluss darüber wann, wo und wie sich der Prinz so unsterblich in Emilia verliebte.