Inhaltsangabe, Gedicht-Analyse und Interpretation
Wir alle sind bestimmt schon, dass ein oder andere Mal einem Musiker begegnet und haben uns gefragt, wie er denn eigentlich so lebe. Das 1905 von Theodor Fontane verfasste Gedicht „Der alte Musikant“, beschreibt jenes Leben und die damit verbundenen Umstände, welche den Musikant begleiten. Dieser ist bereits sehr früh seiner Berufung nachgegangen und nun ein wenig in die Jahre gekommen. Trotz der geringen Einnahmen, die sein Spiel nun bringt glaubt er stets an sein Glück.
Die ersten beiden Strophen des Gedichts beinhalten jeweils vier Verse und liegen als Kreuzreim vor. Die letzte Strophe beinhaltet fünf Verse und ein Kreuzreim ähnliches Reimschema. Durch das gesamte Gedicht zieht sich ein vier-hebiger Jambus mit jeweils abwechselnd weiblichen und männlichen Kadenzen1. Der Jambus mit seiner unbetonten Silbe am Anfang lässt das Gedicht schwer und träge wirken, was aber auch das etwas triste und schwierige Leben des Musikanten unterstreicht.
In der ersten Strophe zeigt das lyrische Ich seinen Werdegang zum Musikanten. Zuerst ergibt sich, dass das lyrische Ich schon „Jung, in den hohen Spielmannsorden“ (V. 1) eintrat. Zu dieser Zeit gefiel ihm das Spielen und er machte es, weil es ihm gefiel (vgl. V. 2). Im dritten Vers wird Stimmung etwas drückender. Aus dem jungen Mann ist „Nun [ein] »alter Musikant« geworden“ (V. 3). Fast schon im Kontrast zu seiner Jugend ist es sein Leben geworden. Er zieht „umher mit [seinem] Spiel“ (V. 4) und möchte sich seinen Lebensunterhalt verdienen.
In der zweiten Strophe wird erzählt, wie das Geld seinen Weg zum Musikanten findet. Als erstes mustert das lyrische Ich die Umgebung und lässt dann einen Teller für das Geld rumgehen. Besonders auffällig ist hier die Anapher2 „Um schweift mein Aug‘, um geht der Teller“ (V. 5), welche die Situation noch einmal betont und zeigt wie wichtig das Geld für den Musikanten ist. Damit steht auch der Teller als Geldquelle im Vordergrund. Das Publikum ist zurückhaltend und wirft nur zögernd Geld in den Teller. Höchstens ein „Scherflein“ (V. 6) ist mal dabei. Die Niedrigkeit dieses Betrages wird hier durch die Verniedlichung deutlich, jedoch auch schon der enthaltene Begriff Scherf (vgl. V. 6) weist auf einen sehr geringen Betrag oder eine kleine Spende hin. Doch trotzdem nimmt er den Betrag an, dabei wird noch einmal die geringe Geldmenge durch den Begriff „Beifalls-Heller“ (V. 7) betont. Wobei ein Heller eine sehr geringwertige Münze in dieser Zeit war. Trotzdem „muss es noch zufrieden sein“ (V. 8). Besonders diese Formulierung lässt klar werden, dass der Musikant nicht zufrieden mit seiner Einnahme ist.
In der letzten Strophe wird es melancholisch. Durch den Ausruf „Ach“ (V. 9) eingeleitet, sehnt sich das das lyrische Ich zurück zu den „hingeschwundne[n] junge[n] Tage[n]“ (V. 8) welche jedoch nicht mehr zurückkehren. Doch er hofft mit Bitten und Klage auf sein Glück (vgl. V. 12). Besonders auffällig ist die Metapher3 „an Frau Fortuna‘s Schlag“ (V. 11), an welche Bitte und Klage gerichtet sind. Frau Fortuna (vgl. V. 11) steht für das Schicksal. So zeigt sich, dass er trotz Enttäuschung an eine glückliche Zukunft glaubt.
Der alte Musikant, welcher vor langer Zeit beschloss Spielmann zu werden und nun damit umherzieht, gibt trotz geringem finanziellen Erfolg seine Passion nicht auf. Trotz Sehnsucht nach den alten Tagen und „fruchtlos[en] Bitten auch und Klage“ (V. 12) hofft er trotzdem noch auf ein fröhliches Schicksal und das Glück. Auch wir sollten, egal bei welcher Sache, stets auf unser Glück beharren und die Hoffnung niemals verlieren. Auch wenn unsere Arbeit mal keine Früchte trägt.