Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das romantische Gedicht „Wenn die Sonne weggegangen“ wurde von Clemens Brentano geschrieben und erschien 1803. Es handelt von einer Person, die einen Liebesverlust erlitt und die dadurch aufkommenden Gefühle mit Naturbezügen darstellt.
Das Gedicht besteht aus vier Strophen mit jeweils vier Versen. Die erste und dritte Strophe sind Beschreibungen der Natur bei Abend und Nacht, während die zweite und vierte Strophe den Gemütszustand des lyrischen Ichs behandeln.
In der ersten Strophe wird beschreiben, wie sich die abendliche Röte nach dem Sonnenuntergang in Dunkelheit verwandelt. Diese Dunkelheit wird in Strophe 3 wieder aufgegriffen und hinzugefügt, dass die eingetroffene Finsternis die Lebendigkeit des Tages verschlingt. Der Mond und die Sterne sind zu dem Zeitpunkt die einzigen, die das Leben noch verkörpern können.
In den Strophen zwei und vier geht es darum, dass das lyrische Ich nachdem es von seiner Liebe verlassen wurde, einsam und unglücklich ist. Es schafft es nicht mehr, Gefühl e mit Worten auszudrücken und lässt daher die Augen durch Blicke und Tränen für sich sprechen.
Auffällig ist, dass das Gedicht klar und einheitlich strukturiert ist. Es besteht aus vier Strophen mit jeweils vier Versen, die durchgängig im Kreuzreim und 4-hebigem Trochäus geschrieben sind. Durch diese stimmige Struktur hat das Gedicht eine beruhigende Wirkung. Es lässt sich angenehm lesen und ist in sich selbst gebündelt. Durch das stetig einheitliche Metrum1 lässt sich das Gedicht melodisch vortragen und strahlt eine gewisse Energie aus. Zudem scheint die Zahl Vier ein wichtiges Element im Gedicht zu sein, da sie der komplette Struktur dessen zugrunde liegt. Jede Strophe besteht aus einem Enjambement2, d. h. dass jede Strophe aus einem Satz besteht. So kommt man beim Lesen oder Vortragen in einen gleichmäßigen Rhythmus.
In Brentanos Gedicht lassen sich einige rhetorische Stilmittel wiederfinden. Die wichtigste ist der durchweg eingebaute Vergleich der menschlichen Emotionen mit Bildern der Natur und Nacht. Es ist festzustellen, dass es Parallelismen gibt zwischen der Sonne und der Liebe (V. 1, V. 5) sowie der Dunkelheit und der Trauer (V. 4, V. 8). Die erste und zweite Strophe vergleichen die Sonne und die Helligkeit des Tages mit den Gefühlen einer glücklichen Liebe, den Sonnenuntergang als Ende der Helligkeit mit dem Verlust der Liebe und die eintretende nächtliche Dunkelheit mit der Trauer und Leere der Einsamkeit nach dem Verlassenwerden. Zudem wird in der dritten und vierten Strophe die Dunkelheit der Nacht mit dem Fehlen der Worte des verlassenen Menschen verglichen. Dieser Mensch schafft es nicht, sein Leid durch das Sprechen zu erklären und kann sich daher nur seiner Emotionen, wiedergespiegelt durch Blicke und Tränen, bedienen um sich auszudrücken. Parallel dazu kann die dunkle Nacht nur durch ihren Mond und ihre Sterne zum Ausdruck kommen. So wird ein Vergleich zwischen Dunkelheit und Sprachlosigkeit, der Lebendigkeit des Tages und der Liebeslust des Menschen und Mond und Sternen mit Blicken und Tränen hergestellt.
In Vers drei und vier finden wir eine Personifikation, „Abendrot hat goldne Wangen und die Nacht hat Trauer an“. Diese verleiht der Beschreibung des Tagesablaufes mehr Lebendigkeit. Da diese dazu genutzt wird, um einen Vergleich zu dem Gefühlen des Lyrischen Ichs zu ziehen, überträgt sich die Lebendigkeit der Naturbeschreibung auch auf dessen Gefühle. So verstärken die im Gedicht genutzten Personifikationen3 die Wirkungskraft der Emotionen des verlassenen Menschen. Die in Strophe drei genutzten Personifikationen über das Schweigen der Dunkelheit und das Sprechen von Mond und Sternen dienen dem gleichen Zwecke. Der Natur menschliche Züge zu geben ist naheliegend, da sie ja die Gefühle eines Menschen wiederspiegeln soll.
Die Metapher4 „bin ich nun ein Mohrenkind“ (V. 6) steht für die Einsamkeit, in der das Lyrische Ich sich nun nach dem Verlust seiner Liebe befindet. Die „roten frohen Wangen“ (V. 7.), die nun verloren sind, stehen für das Glück und die Lebenslust, die man während einer Liebesbeziehung empfindet. So steht auch „meines Herzens stille Glut“ (V. 14) für die Liebe, die das Lyrische Ich trotz der Einsamkeit und trotz der Abwesenheit seiner Liebe noch empfindet. Die Stille symbolisiert die unerwiderte Liebe, während die Glut die Reste der leidenschaftlichen, flammenden Liebe repräsentieren soll.
Aufgrund der im Gedicht genutzten Motive und Stilmittel lässt sich „Wenn die Sonne weggegangen“ eindeutig der Romantik zuordnen. Die Nacht und die Natur werden häufig als Leitmotiv in romantischen Gedichten verwendet, so wie es auch hier der Fall ist. Sie werden genutzt, um Bilder über die Liebe und den Liebesverlust zu erzeugen. Auch ist die Sehnsucht ein Schlüsselmotiv in der Romantik. Diese finden wir in dem Gedicht durchweg wieder, die Sehnsucht nach der Liebe. Andererseits scheint durch die beschönigenden und natürlichen Beschreibungen als genieße das Lyrische Ich den „bittersüßen“ Schmerz des Liebeskummers. Dies kann man auch als typisch romantisch bezeichnen, da es in der Romantik auch darum ging, Emotionen endlich zuzulassen und so auch Gefühle wie Liebesschmerzen gespürt werden sollten. So passt es auch, dass das Nachtmotiv in dem Gedicht stark vorhanden ist, da die Nacht das Gegenbild zur Aufklärung ist.