Die Epoche des lyrischen Symbolismus
Definition/Allgemeines zur Literaturepoche Symbolismus:
Der Symbolismus gehört zu den zahlreichen Gegenströmungen der Aufklärung (1720-1800) und des Idealismus. Zentrales Element und einziges echtes Stilmittel des Symbolismus ist das Symbol. Damit nehmen die Symbolisten eine Sonderstellung zu anderen Dichtern heraus, die versuchten Verbindungen zwischen Versen und Sätzen mit Hilfe von Stilmitteln wie Metaphern und Vergleichen zu schaffen. Die Wahrheit wird bei den Symbolisten nicht direkt beschrieben (was deutlich im Kontrast zum Realisten und Naturalisten steht, die versuchten die Wirklichkeit so unverfälscht wie Möglichkeit nachzubilden). Es wird stattdessen versucht sich der Wahrheit (dem Ideal) immer weiter anzunähern, indem die tiefere Verwandtschaft zwischen Wörtern und Dingen ergründet wird. Die wichtigste Vertreter der symbolistischen Lyrik ist Rainer Maria Rilke.
- Der Symbolismus ist eine literarische Bewegung (ca. 1860 bis 1925) aus Frankreich (später auch in Deutschland und Russland), welche sich als Gegenpol zu vernunft- und zweckorientierten Strömungen wie dem dem Realismus, dem Naturalismus oder der Aufklärung versteht (gegen den Rationalismus, Materialismus). Der streng rationale Positivismus, der Erkenntnisse nur anerkennt, wenn sie mittels Experiment nachgewiesen werden können, wird kritisiert. Erstes antinaturalistisches Werk ab 1890.
- Der Symbolismus ist eine Kunstströmung, die es in der Literatur, aber auch in der bildenden Kunst (Malerei, Bildhauerei) gibt.
- Kulturpessismismus statt Fortschrittsoptimismus und den damit einhergehenden Glauben an Industrialisierung und wirtschaftlicher Expansion.
- Philosophisch durch Friedrich Nietzsche und Arthur Schopenhauer beeinflusst.
- Hinwendung zur irrationalen Welt- und Kunstanschauung, Forderung nach Autonomie in der Kunst, Abkehr von der sozialen Wirklichkeit (erst in der späteren Phase von Bedeutung), Streben nach Schönheit und Vollkommenheit in einer in sich abgeschlossenen Kunst (hermetische Poesie). Kunst darf sich auch dem Nutzlosen und Überflüssigen hingeben (Gegenaussage z.B. zur Aufklärung).
- Die reale Welt soll mit Gefühlen und Worten verbunden werden, d.h. es geht nicht darum Realität oder Wahrheit abzubilden. Schaffung einer eigenen Kunstwelt statt Realität. Der Dichter sollte nicht moralisieren und nicht belehren (Abkehr in der späteren Phase).
- Die Darstellung von gesellschaftlicher Wirklichkeit (wie im Realismus) ist genauso unerwünscht wie die Darstellung von persönlichen Empfindungen, die aufgrund von äußeren Ereignissen ausgelöst werden (wie in der Romantik oder im Impressionismus).
- Zentrales Stilmittel ist das Symbol, d.h. aus Bruchstücken der realen Welt wird eine idealisierte und spirituell vollkommene Welt erzeugt. Die dabei entstehende ästhetisierte Wahrheit wird aber nicht direkt mit Wörtern beschrieben, sondern es wird versucht den Wörter mit Stilmitteln (Symbol, Synästhesie, Onomatopoesie) einen anderen „Geruch“, „Klang“ oder „Farbe“ zu verleihen und die damit einhergehende Sinnverschiebung und tiefere Assoziation der Wörter zu verbinden. Die so „modifizierten“ Wörter bilden so eine nicht-rationale Einheit mit gesteigerter Musikalität. Der Symbolismus ist damit eine sehr sinnliche Strömung, der die Zusammenhänge zwischen den Wörtern (=Bruchstücke der Wirklichkeit) als tief hintergründig und geheimnisvoll betrachtet. Die Folge daraus ist auch, dass oft nur ein eingeweihter Kreis die Dichtung dieser so geschaffenen künstlerischen Welt richtig versteht.
- Der Mittelpunkt einer Sache (bzw. die Wahrheit oder der höhere Sinn einer Sache) wird nicht direkt beschrieben, sondern es wird sich ihr über sinnverschobene Wörter von verschiedenen Seiten angenähert.
- Traumdichtung (in Hanneles Himmelfahrt von Gerhart Hauptmann sowie den Spätwerken von Karl May) greift symbolistische wieder Elemente auf.
Historischer Kontext:
- 1870-1914: Phase der Hochindustrialisierung im Deutschen Kaiserreich
- 1871: Gründung des Deutschen Reiches
- 1888: Regierungsantritt von Kaiser Wilhelm II.
- 1890: Zunehmende Konflikte in der österreichischen Doppelmonarchie (Österreich-Ungarn) mit häufig wechselnden Ministerpräsidenten
- 1914-1918: 1. Weltkrieg
Themen des Symbolismus:
- Themen verschiedentlich (z.B. Liebe, Natur, Stadt)
- Schwerpunkt auf melancholische Themen: Vergänglichkeit/Tod, aber auch Einsamkeit/Gefangenschaft/Heimweh/Ausweglosigkeit
- Kritik am selbstzufriedenen Bürgertum und am Alltagsleben
- Schaffung eines neuen Menschen (Übermensch von Nietzsche)
- In der späteren Phase wird stärker auch kulturelle und gesellschaftliche Veränderung angestrebt, was dazu führt, dass sich spätere Werke leichter auf die Realität übertragen lassen als frühe Werke.
Kennzeichen und Merkmale:
- Symbol (Farb- und Lautsymbolik)
- Assoziationen
- Synästhesie
- Onomatopoesie (Lautmalereie, z.B. in Vereinsamt von Nietzsche)
- Reim und Rhythmus werden zur Bildung einer kunstvollen Sprache verwendet (dies wird „Musikalität“ oder „Magie“ der Sprache bezeichnet)
- Gelegentlicher Rückgriff auf Traum/Dämmerung/Nebel u.ä. Zwischenzustände um die Grenzen menschlicher Psyche zu symbolisieren
- Fokus auf Einzelwörter
- Häufig verwendeter Gedichttypus: Das Dinggedicht (das Sein und Wesen aller Dinge wird mittels Symbolen erfasst, z.B. in Der Panther oder Das Karussell von Rilke)
- Dinggedichte gibt es bereits im Realismus (1850-1890), sehr bekannt ist dort „Der römische Brunnen“ von C. F. Meyer.
- z.T. tritt das lyrische Ich Hintergrund (z.B. in Die Beiden von Hofmannsthal)
Gedichtbeispiele und bekannte Werke zu Themen des Symbolismus:
Natur/Landschaft (meist nur vordergründiges Thema):
- „Regen in der Dämmerung“ von Hofmannsthal (Wandlung des lyrischen Ichs, hier der Regen als Zwischenzustand menschlicher Wahrnehmung)
Stadt:
- „Siehst du die Stadt“ von Hofmannsthal (Rückgriff auf den Traum)
Liebe/Beziehung:
- „An eine die vorüberging“ von Baudelaire
- „Die Beiden“ von Hofmannsthal
- „Liebeslied“ von Rilke
Einsamkeit/Ausweglosigkeit/Gefangenschaft/Heimweh:
- „Vereinsamt“ von Nietzsche
- „Im Nebel“ von Hesse (Der Nebel als Zwischenzustand menschlicher Wahrnehmung)
- „Der Panther“ von Rilke
- „Papageien-Park“ von Rilke
Vergänglichkeit/Tod:
- „Das Karussell“ von Rilke (Vergänglichkeit der Kindheit)
- „Herbsttag“ von Rilke
- „Todeserfahrung“ von Rilke (Todeserfahrung als Zwischenzustand menschlicher Wahrnehmung)
Bekannte Autoren/Vertreter des Symbolismus:
- Hugo von Hofmannsthal
- Stefan George
- Rainer Maria Rilke
- Friedrich Nietzsche
- Karl Gustav Vollmoeller
- Richard Dehmel
05. August 2017 um 13:33
[…] Symbolismus (1860-1925) […]
29. November 2018 um 13:45
Sehr gut ich habe alles Kopiert und in der Schule verwendet. Meine Lehrerin hat es nicht gecheckt und michteine 1+ gegeben. Danke super Arbeit. Ich möchte eine kleine Spende da lassen, also bräuchte ich ihre Paypal Daten.
Mit freundlichen Gruß
Eherenmann Ron
02. Dezember 2018 um 12:54
Herzlichen Glückwunsch zur guten Note. Eine Spende ist wirklich nicht notwendig, trotzdem vielen Dank! 😉
23. November 2019 um 19:33
können Sie bitte auch eine Kurze Merkmal für Symbolismus für Stefan Georg auch geben? Wäre nett
04. Dezember 2019 um 23:37
Eine Interpretation von „Der Ball“ wäre gut.