Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das der Epoche des Expressionismus zuzuordnende Gedicht „Die Dämmerung”, von Alfred Wolfenstein, wurde (?) veröffentlicht. Sie beschriebene Dämmerung rückt in diesem Gedicht aber in den Hintergrund. Es geht vielmehr um verschiedene Sinneseindrücke, welche Strukturlos aneinandergereiht sind. Als Reimschema lässt sich ein regelmäßiger Kreuzreim identifizieren, welcher sich durch das gesamte Gedicht zieht.
Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit je vier Versen.
Im ersten Vers wird beschrieben, wie ein „dicker Junge [...] mit einem Teich [spielt]” (V. 1). Vermutlich spielt der Junge hier nicht mit einem, sondern eher an oder in einem Teich.
Im zweiten Vers wird dargestellt, das der Wind sich in einem Baum gefangen hätte. Dies entspricht auch nicht der normalen Wahrnehmung. Viel eher würde man annehmen, das der Wind den Baum ins schwanken bringt oder die Blätter von Baum fegt.
Die letzten beiden Strophen des Versen beschreiben das Wetter. Der Himmel sähe „verbummelt” und „bleich” (V. 3) aus, als wäre er ungeschminkt. Auch hier findet sich keine reale Darstellung. Man könnte annehmen, dass der Himmel sehr grau und farblos war, nicht aber ungeschminkt.
In der zweiten Strophe folgen weitere Beschreibungen, Welche sich auf den ersten Blick sehr surreal anhören, sich aber bei genauerer Betrachtung erklären lassen.
Die ersten beiden Verse der zweiten Strophe lassen sich zusammenfassen. Hier wird beschrieben wie zwei Gehbehinderte auf Krücken gestützt über ein Feld humpeln und sich dabei unterhalten. Im dritten Vers wird beschrieben, dass ein „blonder Dichter [...] vielleicht verrückt [wird]” (V. 7). Hier findet vermutlich eine Selbstdarstellung des Dichters statt. Auf diese werde ich später noch genauer eingehen.
Im vierten Vers der zweiten Strophe wird beschrieben, wie „[e]in Pferdchen [...] über eine Dame [stolper]t” (V. 8). Der Diminutiv1 „Pferdchen” (V. 8), lässt vermutlich darauf schließen, dass es sich hier um ein Schachspiel handelt, bei dem die Dame gerade einen Springer schlägt, welcher bei Schachspielen als Pferd dargestellt wird.
Der erste Vers der letzten Strophe lässt viele verschiedene Deutungen zu. Zum einen könnte ein fetter Mann aus dem Fenster schauen oder es hängt ein Plakat eines Mannes, welcher Fett ist, am Fenster.
Der folgende Vers beschreibt, dass „[e]in Jüngling [...] ein weiches Weib besuchen [will]” (V. 10). Auch dieser Vers lässt mehrere Deutungen zu. Es könnte endeten, dass ein Jüngling eine junge hübsche, „weiche” Frau oder eine Prostituierte o.ä. besuchen will.
Auch der nächste Vers lässt verschiedene Interpretationen zu. „Ein grauer Clown zieht sich die Stiefel an” (V. 11), könnte bedeuten, dass ein Clown der grau gekleidet ist, sich seine Clownsstiefel anzieht. Es könnte aber auch darstellen, wie ein Mann im Schwarz-Weiss Fernseher sich Stiefel anzieht.
Im letzten Vers wird beschrieben, wie „[e]in Kinderwagen schreit und Hunde fluchen” (V. 12). Der Autor betrachtet das ganze Geschehen sehr oberflächlich. Natürlich schreit wer nicht der Kinderwagen, sondern das Kind im Kinderwagen, jedoch hat es für den Autor den Anschein, dass der Kinderwagen schreit, Da er die Quelle des Geräusches nicht sehen kann. Die beschriebenen Hunde fluchen natürlich nicht, sondern sie bellen, jedoch nimmt der Autor es so wahr als würden Sie es tun.
Das lyrische Ich beschreibt das Geschehen sehr Objektiv, er lässt dadurch sehr großen interpretatorischen Freiraum.
Der Autor bedient sich verschiedenster sprachlicher Mittel.
Überaus häufig nutzt der Autor Personifikationen2. In der ersten Strophe wird der Wind als „verbummelt”, „bleich” (V. 3) und so „[a]ls wäre ihm die Schminke ausgegangen” (V. 4), beschrieben. Diese Personifikation verdeutlicht die Oberflächlichkeit des Gedichtes und schafft ein klares Bild vor den Augen des Lesers. Eine weitere Personifikation findet sich in Vers 8. Dort „stolpert [ein Pferdchen] über eine Dame” (V. 8). Diese Personifikation verdeutlicht, dass hinter dem Pferdchen ein Mensch steht, der es leitet.
Auffällig ist die häufige Verwendung des Wortes „Ein”. Diese Anaphern3 lassen das Gedicht sehr eintönig wirken und verdeutlichen die Tristesse innerhalb der Stadt. Diese Tristesse wirkt sich auch auf den Gemütszustand des Autors aus, dies wird durch den Vers „Ein blonder Dichter wird vielleicht verrückt” (V. 7), deutlich. Auch der Autor fühlt sich von den vielen Sinneseindrücken fast erschlagen, was auch den sehr oberflächlichen Stil des Gedichtes erklären könnte.
Die Alliteration4 „Ein Jüngling will ein weiches Weib besuchen”, verdeutlicht die Beschreibung der Frau und fördert den Lesefluss.
Das Gedicht ist in einem Reihungsstil5 geschrieben, das heißt viele verschiedene Eindrücke werden hintereinander gereiht. Hier fühlt sich der Leser fast von den verschiedenen Sinneseindrücken erschlagen.
Abschließend kann gesagt werden, dass das Gedicht sehr grotesk6 wirkt. Dies liegt vor allem an den sehr surrealen Beschreibungen von Dingen, welche eigentlich alltäglich sind, aber durch die oberflächliche Beschreibung des Autors sehr verwirrend wirken.
Das Gedicht lässt sich klar der Epoche des Expressionismus zuordnen, da verschiedene expressionistische Motive verwendet werden. Zum einen wird eine Szene in einer Stadt beschrieben, in welcher sich der Autor von den Eindrücken fast erschlagen fühlt, zum einen wird im Titel ein romantisches Motiv verwendet, um die Aufmerksamkeit des Lesers zu wecken und seine Erwartungen zu verfälschen. Des Weiteren ist ein Reihungsstil auch typisch für ein expressionistisches Gedicht sind.