Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das Gedicht „Zwielicht“ von Eichendorff aus der Epoche der Romantik handelt, wie der Titel bereits andeutet, vom Übergang des Tages in die Nacht in der Natur. Dieser Prozess wird jedoch eher schaurig und in gewisser Weise angsteinflößend dargestellt.
Das Gedicht besteht aus 4 Strophen à 4 Versen (Quartette) und das Metrum1 bleibt durchgängig ein vierhebiger Trochäus und eine weibliche Kadenz2 bleibt auch bestehen. Dies betont unter anderem das Zwielicht oder auch die Dämmerung als 4. Tageszeit neben Morgen, Mittag und Abend und die Gleichmäßigkeit spiegelt ihren täglichen Prozess wider.
In der ersten Strophe wird die beginnende Dämmerung und die Atmosphäre in der Natur, bzw. im Wald, beschrieben.
Die Dämmerung wird personifiziert und metaphorisch dargestellt, da sie ihre „Flügel spreiten“, also quasi die Welt bedecken oder umarmen will. Gestützt wird dies von der umarmenden Reimform, die in jeder Strophe gleich ist (abba) und der Ähnlichkeit der ersten und vierten Strophe, die so zu sagen einen Rahmen, um die sich ebenfalls ähnelnden zweite und dritte Strophe bilden.
Die Bäume, bzw. die Natur, scheinen von diesem Prozess verängstigt, da sie sich „schaurig rühren“, was verdeutlicht wird durch den Vergleich der Wolken mit „schweren Träumen“. Das lyrische Ich fragt nach der Bedeutung dieses grausigen Gefühls, was ebenfalls zeigt, dass die Atmosphäre schauderhaft und erwartend gespannt ist.
Der Leser wird dann in der zweiten Strophe in der 2. Person Singular direkt angesprochen.
Er wird aufgefordert, ein von ihm bevorzugtes Reh, nicht alleine zu lassen. Außerdem wird auf Jäger verwiesen, die sich im Wald befinden und schätzungsweise mit Gewehren schießen (s. „blasen“ Z.7), da man Stimmen wahrnehmen kann (Z.8). Es ist also anzunehmen, dass die Jäger für das geliebte Reh eine Bedrohung darstellen können, was die schauervolle Atmosphäre ebenfalls verstärkt. Mensch und Tier werden also gegenübergestellt und die Aufforderung an den Leser, sich auf die Seite des Tieres zu stellen, also die Rolle zu tauschen, wird ebenfalls durch die Inversionen3 (Z. 5, 8) verstärkt.
In der 3. Strophe wird dann angenommen, dass der Leser einen Freund hat, dem er aber in dieser Zeit, also während des Zwielichtes, nicht vertrauen solle, da er nur freundlich scheint, aber eher feindlich eingestellt sei. Der „Frieden“ der in dieser Freundschaft herrscht wird als tückisch, also trügerisch bezeichnet. Dies hebt wieder den täuschenden und grauenhaften Charakter der Dämmerung hervor, der ebenfalls wieder von den Inversionen im ersten und vierten Vers der dritten Strophe gestützt wird und zeigt, der umgekehrte Satzbau hebt auch die gemischten Gefühle hervor.
Die vierte Strophe erweckt den Eindruck, dass das Zwielicht bald vorüber ist und die Nacht anbricht. In den ersten beiden Versen kann man auch eine Anspielung auf die Sonne sehen, da von „untergehen“ und „sich erheben“ gesprochen wird, außerdem ist „neugeboren“ sehr konträr zu „müde“. Es werden also wieder Kontraste in den Vordergrund gestellt, die auch durch den Titel verstärkt werden, da auch im Zwielicht Tag und Nacht aufeinandertreffen und sich ablösen. Der Leser wird wieder aufgefordert achtsam zu sein, da in der Nacht viel verloren gehen könne.
Es wird also auch ein Verlustgefühl deutlich, was durch die Ellipsen4 (Z. 5, 9, 11, 15) und verkürzten Wörter („Dämmrung“, „Graun“, „ziehn“, „tückschen“) hervorgehoben wird.
Das Gedicht ist der Romantik zuzuordnen, da es das Motiv der Natur, der Nacht und des Unbekannten und Träumerischen aufgreift. Außerdem sind der volksliedhafte Charakter und die Form typisch für diese Epoche.
Alles in Allem denke ich, dass das Gedicht auffordern soll, Dinge zu hinterfragen, sich nicht täuschen zu lassen und das zu beschützen, was man liebt, so lange man sich sicher sein kann, ihm vertrauen zu können.