Inhaltsangabe, Analyse und Interpretation
Das expressionistische Gedicht „Nur zwei Dinge“, verfasst von Gottfried Benn 1953, thematisiert die Fremdbestimmtheit des Menschen und die Frage nach dem Sinn des Lebens. Das Gedicht selbst
lässt sich nicht in den Zeitraum des Expressionismus einordnen, da aber der Autor aus der Epoche stammt und ein bekennender Nihilist1 war, lässt sich das Gedicht thematisch in diese Epoche einordnen. Des Weiteren handelt es sich bei dem Gedicht um eines seiner letzten Werke, weswegen es eine Art Resümee an sein Leben ist, dass durch seine Lebensauffassung und seine Erlebnisse
geprägt ist.
Das Gedicht besteht aus drei Quartetten und ist in einem Kreuzreim angelegt. Ein eindeutiges Metrum2 ist nicht zu erkennen, da die Betonung der in den jeweiligen Versen variiert. Stattdessen
werden wichtige Begriffe, wie die „Kinderfrage“ (V. 5) oder die „Leere“ (V. 11) betont. Folgend lässt sich das Werk in vier Sinnabschnitte einteilen. Im ersten Sinnabschnitt (V. 1-2) geht es
um die Erlebnisse eines lyrischen Ichs. Der zweite Sinnabschnitt (V. 3-6) bezieht sich auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Darauf folgt der dritte Teil (V. 7-10), der hinsichtlich der Frage, den Ansatz der Fremdbestimmtheit darlegt, wonach jeder Mensch „fernbestimmt“ (V. 8) sei. Der Schluss (V. 11-12) fasst das Gedicht zusammen und resümiert es, in dem die „Leere“ (V. 11) und „das gezeichnete Ich“ (V. 12) in den Mittelpunkt gestellt werden.
In der ersten Strophe erkennt man eine parallele Struktur in den jeweiligen vier Versen, die alle mit dem Buchstaben „D“ beginnen. Die Struktur soll die Monotonie, die das Leben beinhalte,
verstärken. Dieses Motiv war schon im Expressionismus ein wesentlicher Bestandteil. Durch die Personalpronomen3 „Ich“, „Wir“ und „Du“ (V. 2) kreiert der Autor ein lyrisches Ich und bindet den
Leser, wie als auch das menschliche Kollektiv in das Gedicht ein. Die „Formen“ (V. 1) stehen für die Lebensabschnitte, die ein Mensch durchläuft. Äußerlichkeiten, wie die Umgebung beispielsweise, mögen sich verändern, aber im Kern sei alles Monoton und es gäbe nur die „Leere“ (V. 11). Zu dem personifiziert Benn die „Formen“ durch das „geschritten“ (V. 1) und schafft dadurch eine metaphorische Ebene, wobei die Lebensabschnitte mit einem Lebensweg gleichgesetzt werden.
Daraufhin stellt Benn die Frage „wozu“ (V. 4), die sich auf den Sinn des Lebens bezieht. Diese sei eine banale „Kinderfrage“ (V. 5), die leicht zu stellen und zu erfassen ist, aber auf die eine Antwort schwer oder gar nicht zugeben ist. Das Enjambement4 in Vers drei soll das „erlitten“ (V. 3) hervorheben, dass eine Negation ist und die Qual der Unwissenheit auf die Frage verdeutlichen soll. Die „Kinderfrage“ würde zu dem im Kindesalter seinen Anfang finden und sich dadurch das ganze Leben hin stellen. Unter anderem werden einem Kind Normen und Werte weitergegeben, die eine Person am Anfang des Lebens prägen. Zugleich sorgt das auch für Fremdbestimmung, da die Handlungen eines Menschen dadurch beeinflusst werden. In dem Sinne würde der Mensch nicht auf einer eigenen Initiative leben, sondern dadurch das jemand anderes dies einmal bestimmte.
Lebensprägende Motive wie der „Sinn“ (V. 7), die „Sucht“ (V. 7) und die „Sage“ (V. 7) stellt Benn in einer sonderbaren Satzstruktur dar, die diese drei Motive einschließt. Der „Sinn“ steht für Gefühle oder Wahrnehmungen, die „Sucht“ für die Triebe und die „Sage“ für etwas mythisches oder gar Besonderes das der Mensch sich verleiht. Der Vers ist durch das „ob“ (V. 7) parallelistisch angelegt, mit der funktionellen Bedeutung das die Motive unbedeutsam und von der Wirkung her gleichsam seien. Zu dem untermauern die stellvertretenden Motive für das Leben diese Monotonie.
Entscheidend auf die Frage was der Sinn des Lebens sei, stellt Benn die „Leere“ und das „gezeichnete Ich“ als einzige Gegenstände zur Beantwortung dieser Frage dar. Ein weiteres zentrales Motiv ist der Tod, auf den alles hinaus laufen würde. Anhand der Natur, die ein weiteres Motiv des Expressionismus darstellt, versucht Benn dies zu präsentieren. Die Begriffe „Schnee“ (V. 9), „Rosen“ (V. 9) und „Meer“ (V. 9) sollen durch dieselbe parallelistische Struktur einen Vergleich zu den lebensprägenden Motiven herstellen. Das leben wäre demnach eine Natur, die auch vergänglich ist. Durch die Antithesen5 „erblühen“ (V. 10) und „verblich“ (V. 10) versucht Benn diesen Kontrast zwischen Leben und Tod zu veranschaulichen.
Gottfried Benn beantwortet die Frage, was der Sinn des Lebens sei damit, das es keinen gäbe und der Mensch von seinem Umfeld bestimmt wäre. Durch seine Tätigkeit als Arzt wurde er vermutlich mit viel Leid konfrontiert, weswegen dies einer der naheliegendsten Gründe für seine nihilistische und expressionistische Sichtweise sein könnte. Jedoch ist das disparat6 zu der Berufung eines Arztes, der versucht Leben zu retten oder zu verlängern. Als Nihilist würde in seinem Beruf andauernd konfrontiert werden und er müsste seine gesamte Tätigkeit in Frage stellen. Das ist in Anbetracht der Umstände sehr fragwürdig.